Jes Fabricius Møller: "På Sejrens Vej" ["Auf dem Weg des Sieges"]

Die Geschichte von der Schulorganisation Tvind und ihrem Schöpfer Mogens Amdi Petersen

Forlaget DIKE, Kopenhagen, 1999

[Zitate mit Ausnahme aus den vollständig übersetzten Kapiteln 6 und 7; Kommentare des Übersetzers ebenso wie Auslassungen in eckiger Klammer. Übersetzung: Friedrich Griess]

Inhalt:

Einleitung

Kapitel 1; Der Weg zum Leben - eine Pädagogik entsteht

Kapitel 2: Der Weg nach Damaskus - das erste Jahr der Reisenden Hochschule

Kapitel 3: Die Unwissenheit der Veteranen ist die Möglichkeit der Gruppe - Das Notwendige Seminar

Kapitel 4: Die Bildung des Charakters - was es heißt, bei Tvind zu sein

Kapitel 5: Die Mühle

Kapitel 6: Der Konzern

Kapitel 7: UFF

Kapitel 8 Der kritische Durchbruch - Widerstand gegen Tvind

Kapitel 9: Schiffe und Kleinschulen

Kapitel 10: "Die Grenzen der Erfahrungspädagogik" oder die Geschichte von einem vorhersehbaren Schiffbruch

Kapitel 11: "Laßt hunderte Blumen blühen" - Tvind von Unterrichtsministerium aus gesehen

Kapitel 12: L 268

Abschluß

Literaturliste

Namenregister


 

Einleitung

Seite 5:

Tvind wird oft mit einer Sekte verglichen, und dies kann man mit einigen Ausnahmen weitgehend bestätigen. [...] Die Schlußfolgerung ist, daß der Staat im Großen und Ganzen bei weitem nicht im gleichen Maß genarrt wurde wie Tvinds eigene Lehrer.

Seite 7:

Als der ehemalige Tvind-Lehrer Steen Thomsen 1998 einen 34-seitigen Bericht über seine mehr als 20 Jahre in Tvind einsandte, zirkulierte dieser in Fotokopie unter Leuten mit Zugehörigkeit zu den freien Schulen. Viele - auch erfahrene - Leute waren schockiert über die Geschichten, die Thomsen berichtete. Sie sind auch wirklich haarsträubend. Es überraschte mich jedoch, daß alle diese Geschichten im Großen und Ganzen öffentlich bekannt waren, aber offensichtlich nicht in der allgemeinen Erinnerung bewahrt sind. Deshalb ist es das Bemühen meines Buches - mit den Worten eines alten Historikers gesagt - zu bewahren, was Menschen vor dem Vergessen und vor der Auslöschung bewahrt haben.

Kapitel 1

Der Weg ins Leben - eine Pädagogik entsteht

[Um das Phänomen "Tvind" zu verstehen, muß man sich zunächst mit der Persönlichkeit seines Gründers, Mogens Amdi Petersen, befassen.]

Seite 9:

Trotz seiner offenbaren Mängel muß Amdi Petersen eine einzigartige Fähigkeit haben, die Loyalität der Leute in einem Grad an sich zu binden, der an Verführung erinnert.

Seite 24/25:

Nach dem kurzen Zusammentreffen mit der Universität, das nicht länger als ein Jahr dauerte, kam Amdi Petersen nie mehr in Berührung mit dem akademischen Milieu, und es wurde gleichsam zu einem Kennzeichen seiner späteren Einstellung, auf die akademische Bildung herabzusehen. Es ist wahrscheinlich nicht mangelnde Begabung, die ihn vom Studieren abhielt, sondern eher die Rastlosigkeit, die für sein Verhalten typisch ist.

Eine andere wesentliche Figur im Odensemilieu trat in dieser Zeit in Erscheinung. Es war Poul Jørgensen, der wegen seiner Vergangenheit in Venstres Ungdom [Jugend der Linke] stets Poul VU genannt wurde.[...] Er wird gerne als Nebenfigur beschrieben, fast als ein nützlicher Idiot, aber nichtsdestoweniger auch als ein scharfer Debattenredner und guter Organisator. [1] An seiner Treue und seinem Fleiß kann kein Zweifel bestehen, und er spielte sehr schnell eine zentrale Rolle in Amdi Petersens Reiseprojekt, da er in Odense blieb und das Praktische ordnete, u.a. den Verkauf der "Odysseus", als die Weltumsegelung aufgegeben wurde.

[Es kam dann doch zu einer Weltreise, bei der die Gruppe versuchte, linksgerichtete Ideen zu verbreiten, und dadurch in mehreren Ländern als "unerwünschte Personen" galt. Sie kehrte schließlich nach Dänemark zurück und versuchte, ihre Ideen dort in die Tat umzusetzen.]

Seite 30/31:

Ole Hansen berichtet heute über die Jahre im "Haus":

"Amdi war ein verblüffendes Beispiel eines Mannes, dessen Format größer war als die Träume. In Wirklichkeit träumte Amdi nichts Besonderes. Was die Träume betrifft, war er seiner Zeit voraus. Und er hat auch niemals etwas gesagt oder geschrieben, was man anderswo zitieren sollte als in einem Kopenhagener Wirtshaus um drei Uhr früh.

Amdi war ein Mensch, der einen wilden Kampf gegen innere Dämonen kämpfte. Die Essenz unserer Nachtgespräche war, daß er nach einer Sache suchte, die er verkaufen könnte, und er war überzeugt davon, daß er für was auch immer argumentieren könnte. Amdi ist tatsächlich der beste Verkäufer, den ich je kannte, auch wenn ich niemandem empfehlen kann, von diesem Mann eine gebrauchte Ideologie zu kaufen.

Amdi predigte Liebe zur Menschheit, aber er verachtete andere Menschen, denn sie waren käuflich - u.a. für seine Redebegabung. Er predigte Keuschheit, aber was Frauen betraf, konnte er gut an amerikanische Erweckungspriester erinnern, die mit den Hosen unten angetroffen wurden. Alle diese inneren Gegensätze brachten ihn dazu, sich zum Ziel zu setzen, daß er die Welt nach seinem eigenen Bild umschaffen wollte; eine Welt von "kleinen Amdis" zu erzeugen. Aber selbst wenn dies in einem unglaublichen Maß glückte, gab ihm dies keinen Frieden oder jagte die Dämonen in die Flucht. Der Gedanke an die Weltrevolution war etwas, worüber wir weinten. Ich vermute, daß er später in den Siebzigerjahren verstand, daß Doktrinen notwendig waren, um die vielen Truppen zusammenzuhalten. Ich habe keine Phantasie, mir vorzustellen, daß er mit seiner weitreichenden Begabung und Phantasie in irgend einer Weise an die Doktrinen glaubte.

Lange bevor Tvind das Licht der Welt erblickte, erfolgten in Amdis Hof entscheidende Änderungen. Er wurde von den desillusionierten kompetenten Idealisten verlassen und gab sich statt dessen starken einspurigen Frauen hin, welche die Mischung von weichen Aussagen und tatkräftigem Robert Redford-look nicht vertreten konnten."[2]

Amdi Petersen stand nun mit einer Fülle von persönlichen, pädagogischen und politischen Erfahrungen da, welche die Grundlage für die Schule bildeten, die er 1970 gründete. [...] Zu allererst hatte er die klare Auffassung, daß er mehr aus eigener Erfahrung gelernt hatte als in dem etablierten Schulsystem, und seine Erfahrungen bestätigten ihn in seiner Auffassung von der Welt. Er war in höchstem Grad ein Mann, der Recht bekommen hatte; daß die "Gesellschaft" ihm dieses Recht streitig machte, war bloß wieder eine Bestätigung seiner Vorstellungen von der Gesellschaft. Gleichzeitig hatte er gesehen, wie viel er kraft seiner eigenen charismatischen Persönlichkeit auf die Beine stellen konnte.

Anmerkungen:

[1] Siehe z.B. den Porträtartikel in Fyens Stiftstidende vom 13. Februar 1983
[2] Schriftlicher Bericht von Ole Hansen, März 1998

Kapitel 2

Der Weg nach Damaskus - das erste Jahr der Reisenden Hochschule

Seite 43:

Amdi Petersens Sprechweise steckt seine Anhänger an, richtige Tvindner begannen mit seinem schwachen fynischen Akzent zu sprechen, auch wenn sie aus anderen Ländern kamen. [3]

Anmerkungen:

[3] Siehe auch Tine Ejbys Artikel "Ind i Tvind" ["Hinein in Tvind"] über die besondere Tvindsprache, Weekendavisen, 14. März 1997.

Kapitel 3

Die Unwissenheit der Veteranen ist die Möglichkeit der Gruppe -
Das Notwendige Seminar

Seite 54:

Die Beamten des [Unterrichts-]Ministeriums hatten, wie schon so oft in Verbindung mit Tvind, einen klaren Eindruck, daß sie von Tvind an der Nase herumgeführt wurden.[4]

Seite 58:

Als die Beamten des Unterrichtsministeriums Das Notwendige Seminar (DnS) in Bezug zu anderen Seminaren beurteilen sollten, schlugen sie eine Formulierung vor, die eine Reihe von Vorbehalten in Bezug auf die pädagogischen Qualitäten des DnS enthielt. Die Sache war die, daß die Prüfungsergebnisse des DnS mit jenen der übrigen Seminare auf gleichem Niveau lagen - in einigen Fächern sogar darüber -, aber es wurde von einem der Zensoren hervorgehoben, daß Tvindlehrer versucht haben sollen, den Notendurchschnitt hinaufzusetzen. Es gab oft bei der Notenfestsetzung zwischen Zensor und Prüfer einen Unterschied von 2-3 Stufen, was ziemlich ungewöhnlich war und ist.

Seite 61:

1993 brachte das Blatt Folkeskolen [Volksschule] einen sehr kritischen Artikel über DnS. [5] Der Ausgangspunkt war eine Anzeige in den Tageszeitungen des Landes, wo DnS u.a. schrieb:

"4-jährige Lehrerausbildung für die Volksschule, für Frei- und Nachschulen, Hochschulen samt andere Schulen und Institutionen im In- und Ausland - darauffolgend 1 Jahr Entwicklungsarbeit in Afrika. (Möglichkeit, das HF-Examen im Lauf der ersten 2 Jahre abzulegen). Die Ausbildung beinhaltet außer Studien und Prüfungen in allen Fächern der Lehrerausbildung eine 4-monatige Studienreise nach Athen, 6 Monate Erwerbsarbeit und 12 Monate Schulpraktikum."

Die Verfasser des Artikels zogen die Sache etwas anders auf. Ihnen zufolge bekam man als Studierender im DnS folgendes heraus:

- fünf Jahre ohne Ferien,
- 50 Kronen Taschengeld pro Woche,
- die Verpflichtung, 450.000 Kronen herbeizuschaffen,
- die Pflicht, ein Jahr in Tvind-Projekten zu arbeiten,
- eine nicht anerkannte vierjährige Lehrerausbildung.

Erstens war DnS unter der sogenannten Ollerup-Ordnung nicht anerkannt, was darauf hinausläuft, daß die Kandidaten aus der freien Lehrerschule mit einem Zusatzexamen die Zulassung erhalten können, in der Volksschule zu unterrichten. D.h. daß DnS in seiner Anzeige log.

Seite 62:

Bei Tvind arbeitet man 12 Stunden täglich, 7 Tage in der Woche; es gibt einen kolossalen Überverbrauch an Zeit.

Seite 63:

Es wird nicht verheimlicht, daß es sich dabei um Gratisarbeit für UFF handelt.

Seite 64:

Amdi Petersen schrieb öffentlich, Unkundigkeit sei bei einem Lehrer eine Qualität: "Die Möglichkeit der Gruppe liegt u.a. in der Unwissenheit der Veteranen verborgen." [6] Nur Amdi Petersens persönliche Erfahrungen wurden als gültige Erkenntnis betrachtet, sie wurden zum Rahmen einer sektiererischen Auslegungsgemeinschaft, und alle, die versuchten, die Allgemeingültigkeit dieser Erfahrungen anzuzweifeln, wurden entweder in einer der Marathonversammlungen bekehrt oder aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Das, was eine Schule sein sollte, die auf einer neuen und frischen Erkenntnis der Welt aufgebaut ist, hat in Wirklichkeit enge Beschränkungen für das, was sie gültige Erkenntnis nennt. Diese Beschränkungen sind Amdi Petersens Beschränkungen.Auf diese Weise kann man im System immer den höchsten Rang erreichen. Denn im Reich der Blinden ist der Einäugige König.

Anmerkungen:

[4] siehe Kapitel 11
[5] Stig Jonstrup und Thorkild Thejsen: "Tvind bondefanger lærerstuderende" ["Tvind auf Bauernfängerei nach Lehrerstudenten"], Folkeskolen Nr. 33, 1993.
[6] Mogens Amdi Petersen. "Den rejsende Højskole" ["Die reisende Hochschule"] in Folkehøjskole, Arbejderbevægelse, Folkeoplysning 1973, S. 139. Siehe das Zitat im Zusammenhang im Kapitel 2. Siehe auch Carsten Ringmose: "Grænser for erfaringspædagogik" ["Grenzen der Erfahrungspädagogik"] in Fyens Stiftstidende 17/2 1998

Kapitel 4

Die Bildung des Charakters - was es heißt, bei Tvind zu sein

Seite 68:

Es gibt sehr wenige Dänen, die keine richtig "gute" Geschichte über Tvind kennen, die das Bild von Tvind als einer stalinistischen Organisation unterstützen, und es soll auch kein Zweifel darüber herrschen, daß es sehr wohldokumentierte Schreckgeschichten darüber gibt, was es bedeutet, Lehrer oder Schüler bei Tvind zu sein. Aber es ist ebenso sicher, daß Tvind vielen Menschen viel gegeben hat, und daß diese Menschen bereit sind, Tvind öffentlich zu verteidigen. [7]

Seite 74:

Eine traditionelle Vorstellung über Freizeit existiert daher bei Tvind ebenfalls nicht. Es wird mindestens 12 Stunden täglich gearbeitet. [...] Bei Tvind wohnen und arbeiten die Lehrer am selben Ort, und eine Lehrerin muß um Erlaubnis fragen, wenn sie schwanger werden möchte. [...] Tvinds pädagogisches Personal ist viel schlechter ausgebildet als Personal in den übrigen Institutionen der Gesellschaft.

Seite 76: (kritischer Artikel)

"Nachdem sie an den vorbereitenden Treffen teilgenommen haben, kommen die Teilnehmer also eines Tages in den Tvindschulen an, um den eigentlichen Hochschulaufenthalt zu beginnen. Viele kommen voller Bedenken über die Dinge, die sie bei den vorbereitenden Treffen erlebt haben: Das autoritäre Auftreten der Lehrer, die endlosen Debatten, die so gut wie immer damit enden, daß der Vorschlag der Lehrer angenommen wird, die aggressive Diskussionsform mit dem Niedertrommeln kritischer Einzelpersonen, und vielleicht vor allem das schleichende Empfinden, an vorausbestimmten Debatten teilgenommen zu haben, deren Ausgang nicht den Sinn hatte, der Gruppe Ideen und Inspirationen zuzuführen, sondern eher die kritischsten Elemente der Gruppe zu knebeln und die Machtposition der Lehrer zu festigen. Aber die meisten sind trotz allem entschlossen, ihre Kräfte an Tvind zu erproben, viele hoffen sicher, man könne den unbehaglichen Ton verändern, der in den vorbereitenden Treffen herrschte, wenn sie erst einmal mit der Schule beginnen, Und sollte es ganz schief gehen, so könnte man ja jederzeit abspringen." [8]

Seite 77:

Tvinds mangelnde Fähigkeit, interne und externe Kritik zu handhaben, wird von fast allen ehemaligen Tvindnern hervorgehoben.

Seite 77/78:

Lernt man etwas bei Tvind?

Viele haben Tvind mit einer Sekte verglichen, die vollständig ohne Kontakt mit der umgebenden Welt steht. Dies wurde natürlich von Tvind selbst zurückgewiesen, denn es ist ein integrierter Teil der Tvindpädagogik, die Welt mit eigenen Augen zu betrachten und mit dabei zu sein, sie zu ändern. Diese Ideologie deckt jedoch wie erwähnt eine einäugige und schmalspurige amdipetersen'sche Interpretation der Welt. In sektiererischen Bewegungen erfolgt im Allgemeinen viel Ausbildung, aber diese ist ausschließlich zur Anwendung in der Sekte selbst oder als Einweihung in geheime Wege zu höherer Weisheit berechnet. Scientology's sinnlose Selbstentwicklungskurse, die den Leuten helfen sollen, "operierende Thetane" zu werden, sind vielleicht das grellste Beispiel.

Auch wenn man Tvind als geschlossene Sekte betrachtet, muß man sie doch auch als eine Abart der grundtvig'schen Tradition beschreiben, mit Wurzeln in der Aufklärungszeit und in der Romantik, als man den Glauben nicht ohne Aufklärung stehen lassen wollte und umgekehrt. [9] Amdi Petersen wählte gerade eine Schule und nicht eine Kirche als sein Arbeitsfeld. Bei Tvind haben viele in der Tat viel gelernt. Man kann besonders hervorheben, daß viele Sprachen, besonders Englisch und Portugiesisch, gelernt haben, und daß Tvind zu Beginn der Achtzigerjahre mit der Benützung von Computern im Unterricht weit voraus war - der datamatgestützte Unterricht, wie es hieß. Tvind benützt gerne selbst das Wort "modern" in Verbindung mit dieser Unterrichtsform. [10] Es gibt keinen Grund, anzunehmen, daß Tvinds Weise, dies zu tun, besonders gut war; Unterricht mit Hilfe von Maschinen kann es nicht vermeiden, sehr maschinell zu werden. Heute gibt es in der Praxis an den Tvindschulen keine Schulbücher, aller Unterricht erfolgt mit Hilfe von Computern mit gescannten Texten, kombiniert mit dem von den Lehrern geleiteten Tafel-Kreide-Unterricht. [11] Der Netzwerksaufbau der Computer bietet weitere Möglichkeiten für eine zentrale Überwachung des Unterrichts. Wenn der übrige Unterrichtssektor von Tvinds guten und schlechten Erfahrungen mit EDV-gestütztem Unterricht keinen Gebrauch gemacht hat, ist dies außer auf eine allgemeine Berührungsangst wohl darauf zurückzuführen, daß Tvind selbst in so geringem Maß imstande ist, aus der eigenen Erfahrung zu lernen. Wenn man fragt, erhält man die Antwort, es ginge ausgezeichnet. Das ist eine Schande, denn es gäbe in der Tat große Mengen von Erfahrung daraus zu ziehen, wenn man wollte.

Wenn Tvindleute es schwer haben, außerhalb von Tvind Arbeit zu finden, ist die Ursache dafür vielleicht ebenso Tvinds allgemein schlechtes Image als auch Tvinds Unterricht. Die maßlose Selbstsicherheit und Überzeugung der Tvindner bezüglich ihrer eigenen Vortrefflichkeit verhindert, daß ihr Schulsystem besser würde. Es hat keinen guten Blick für die eigenen Schwächen, aber das bedeutet nicht einfach, daß sie überhaupt nichts lernen. Sie lernen nicht das gleiche Pensum wie in den traditionellen Volksschulen - [...] aber das tut man auch in den traditionellen Volksschulen nicht mehr. Der Gedanke, daß es sich darum drehe, sich die Tradition anzueignen, daß die Liste des nötigen Lehrstoffs abgeschlossen und darüber entschieden ist, wurde längst im größten Teil des pädagogischen Dänemark verlassen. [12]

Seite 79:

Eine schockierte dänischer Vertreterin der Weltbank, Hjørdis Bierman, berichtete der Jyllands-Posten über ihr Treffen mit einer Gruppe Tvindschüler in Costa Rica, wo sie wohnte. Sie hatte versucht, den Schülern Tipps zu geben, mit wem sie reden sollten, um in die Verhältnisse des Landes Einblick zu erhalten, aber diese waren daran nicht interessiert. Sie wollten die Diktatur und die Unterdrückung der armen Indianer studieren. Das Problem war nur, daß Costa Rica das Land in Mittelamerika mit der am besten funktionierenden Demokratie und die indianische Minderheit verschwindend klein war. [13]

Seite 80:

Tvinds Ansicht über Krankheit entspricht den übrigen Gedankengängen. Die Gemeinschaft reichte ganz hinein bis ins Private. Wenn ein Schüler erkrankte, sollte in der Gruppe darüber diskutiert werden, ob der Betreffende zum Arzt sollte, und kein Tvindschüler durfte allein zum Arzt gehen. Es mußten zwei sein, denn Krankheit konnte kein privates Problem sein, denn jede Krankheit war durch soziale Umstände verursacht. [...] Krankheit als fast ausschließlich sozial bedingt zu betrachten, führte besonders auf Reisen, wo die Schüler vielen fremden Ansteckungsquellen ausgesetzt waren, zu einigen gefährlichen Situationen, wo potentiell lebensgefährliche Krankheiten unbehandelt blieben, weil sie als Ergebnis der mangelnden Anpassung des Kranken an die Gruppe aufgefaßt wurden. [14]

Ebenso, falls ein Mitglied der Lehrergruppe sich ein Kind wünschte, sollte dies in eine Beurteilung der Gemeinschaft einbezogen werden. Steen Thomsen beschreibt eine Einzelfall folgendermaßen: "Als GG ein Kind haben wollte, mußte dies als Tagesordnungspunkt bei einem großen Treffen mit etwa 300 Teilnehmern in Vandrup aufgenommen werden. Dies hatte Amdi Petersen als Bedingung gestellt, da es eine sogenannte gemeinsame Frage in der Lehrergruppe sei, ob man ein Kind haben wollte. Die Versammlung beschloß nun, daß GG ein Kind haben dürfe, und Amdi Petersen sagte, nun müsse sie jemanden finden, der der Vater sein wolle. Sie gebar ein Jahr später ein Kind. Der Vater und das Kind kennen einander nicht.

Seite 87/88:

Ein anderer Teilnehmer, Hans Alexandersen, war aus dem Bus auf dem Heimweg nach Ulfborg hinausgeworfen worden, aber kam wieder zurück. Über die letzten Monate des Aufenthaltes in DrH [Det reisende Højskole - Die reisende Hochschule] berichtet er: "3. Periode. Totaler Koks. Verstärkte Kritik und Arbeitsdruck. Es wurden immer höhere Forderungen an meine Fähigkeiten gestellt, meine Frustrationen hinunterzuschlucken. Produktion von Material. Wir sollten 18 Stunden täglich sozial sein und 6 Stunden schlafen. Ich mußte auf die Toilette gehen, um allein zu sein - und NEIN, das geht nicht. Ich begann zu zittern, konnte nicht schlafen, obwohl ich das benötigte. Kurz gesagt: AN DER KIPPE. Die Forderung, daß ich die dritte Periode allein planen sollte. Nun floß es über. Ich mußte weg. Um ein Uhr nachts hinaus zur Hintertür, saß vier Stunden in der Zugluft und dachte - im März - zu Fuß nach Ulfborg - Verfolgungswahn - wilde Flucht hinein in Hecken und Gebüsche, jedesmal wenn sich ein Auto näherte - das ist von Tvind! Kam nach Århus - 2 Tage im Hotel - schlafen - denken - schlafen - allein sein. Nun gebe ich auf! Die ganze Grundlage meines Daseins war weg. Wenn ich nicht unter sozialistischen Bedingungen existieren konnte, wie könnte ich dann Sozialist sein? Eine wilde Verzweiflung breitete sich in mir aus. Besprach es mit meiner Schwester. Sie verstand nichts - oder verstand sie doch? Du sollst dich aufrecht halten! Dann kamen sie. Ich war allein zusammen mit drei DNS-ern (DNS- Det nødvendige Seminarium - Das notwendige Seminar], wir sprachen 7-8 Stunden. Dann brach ich völlig zusammen: Schluchzend, weinend. Ich möchte zurück, sagte ich. Ich bin eine dummer Kerl, aber möchte mich verbessern. Die Marterei setzte sich fort. Physische Ermattung, Nervenprobleme, Zittern, Kopfschmerzen. Und wir sollten hinaus und einen Vortrag halten. Kollabierte physisch in einem Kaufmannsladen in Åbenrå. Arbeitete von 7 Uhr morgens bis 4, ja einige Male bis 5 Uhr morgens. Das war zu blödsinnig. Die Revolution kam weder früher noch später, auch wenn wir uns zu Tode plagten. Zum Teufel, nein. Mit voller Überlegung ging ich eines nachmittags hinaus und nahm den Bus nachhause. Nicht eine Million wilde Tvindianer könnten mich zurückbringen. Verbarrikadierte mich in der Wohnung meiner Mutter in Sønderborg. Der Gedanke, daß ich auf einem gemeinsamen Treffen "geschlachtet" werden sollte, trug dazu bei, daß ich bei keinem Treffen mit irgendwelchen DNS-ern dabei sein wollte, wo auch unbehagliche Erinnerungen an eine persönliche Niederlage sich mit erneuter Kraft aufdrängen würden. Eine Angst vor Menschen bekam ich von Tvind mit. Den ganzen Sommer wagte ich nicht, irgendwohin zu gehen."[15]

Seite 89:

Eine Mitgliedschaft in der Lehrergruppe ist im Prinzip lebenslänglich. [16] In der Praxis verbleiben jedoch die wenigsten für so lange Zeit. Viele haben Probleme, die Verpflichtung loszuwerden, weiterhin ihren Lohn auf einen von Tvinds Fonds einzuzahlen, nachdem sie ausgetreten sind, weil sie einen Geschenkbrief unterschrieben haben, der sie verpflichtet, bis zu 80% ihres Einkommens 12 Jahre hindurch auf einen der Fonds von Tvind einzuzahlen, unter der Drohung mit behördlichen Maßnahmen, wenn die Bezahlung nicht erfolgt. Und vor dem Blick des Vorsitzenden der Leitung gibt es keine Gnade. Das ist juristisch haltbar, aber eine Katastrophe für jene, welche die Lehrergruppe verlassen wollen, denn man kann es wirklich ein "Gefesselt-Sein" an Tvind nennen. [...] Welche Menschen gehen überhaupt auf solche Bedingungen ein? Man könnte große persönliche Unselbständigkeit, Unreife oder recht und schlecht Naivität vermuten. Es gab z.B. einen Zeitpunkt zu Ende der Siebzigerjahre, als Amdi Petersen sich so vor den Nachrichtendiensten fürchtete, daß er dekretierte, alle Lehrer müßten nachhause gehen und alle Fotos von ihnen selbst verbrennen, damit sie nicht in falsche Hände gelangen könnten. Das Erstaunliche war, daß bei weitem die meisten Mitglieder der Lehrergruppe dies tatsächlich taten; in der Finsternis der Nacht schlichen sie hin und rissen die Bilder aus dem Familienalbum der Eltern heraus. [17]

Anmerkungen:

[7] Siehe z.B. Leserbriefe in Folkeskolen Nr. 37, 1993, Sjællands Tidende vom 16. Januar 1995, B.T. vom 15. Mai 1996, Politiken vom 9. Juni 1996, Information vom 18. März 1997 oder Jyllands-Posten vom 25. März 1996. Es ist nicht schwierig, weit mehr Beispiele zu finden. Einige von diesen muß man jedoch mit Vorbehalt betrachten, da sie auf Veranlassung von Tvinds "Informationsbüro" entstanden sein können, das Glied einer organisierten Unterstützungskampagne ist.
[8] Erik Irgens-Møller u.a.: "Er hundrede kammerater meget værd-?" ["Sind hunderte Kameraden viel wert-?"] Information vom 12. Mai 1978
[9] Es gibt einen interessanten Zusammenhang zwischen Modernität, Sektenwesen, Aufklärung und Mystizismus, den man eigentlich näher vertiefen sollte. Der Gedanke ist von Karl-Heinz Göttert, "Scientology Illuminatus", Die Zeit Nr. 20. 1998, entlehnt.
[10] Aus dem gemeinsamen Katalog der Hochschulen von 1996 geht hervor, daß 12 der 100 Hochschulen E-Mail hatten. Von diesen 12 waren 4 Tvindschulen
[11] Siehe Ingeniøren vom 15. Februar 1985 und Højskolebladet [Hochschulblatt] Nr. 30, 1997. Siehe auch die schöne Besprechung von EDV-gestütztem Unterricht in Juelsminde im Kristeligt Dagblad vom 1. Februar 1996. Tvind-Data, Niels Finsensvej 11 in Vejle, die das Unterrichtssystem entwickelt haben, berichten über ihre Tätigkeit in einem Brief an den Unterrichtsausschuß des Folketings vom 19. Mai 1996 (L. 268, Beilage 78). Es ist wahrscheinlich eine Aufgabe für CopyDan, zu entscheiden, ob Tvind Kopiergebühren für das eingescannte Material bezahlen soll.
[12] Über Amdi Petersens Verhältnis zur Tradition siehe: Für die Gruppe: Amdi Petersen, Det Nødvendige Seminarium [Das Notwendige Seminar], Tvind 1971, S. 16.
[13] Jyllands-Posten vom 15. April 1979
[14] Flere visne blomster [Mehrere verblühte Blumen], S. 94 und S. 115. Über einen behaupteten Todesfall, siehe Britta Rasmussen: Tvind set indenfra [Tvind von innen her gesehen] , S. 125. Ein achtjähriger Bub wurde durch einen Unfall getötet, als er ohne Aufsicht in einen Aufzugsschacht in einem Gebäude stürzte, das Tvind in Tistedal in Norwegen gerade instandsetzte. Jyllands-Posten vom 11. August 1982.
[15] Flere visne blomster, S. 95f
[16] "Es ist eine Ganz- und Langzeitanstellung, d.h. man hört nie damit auf" Mogens Amdi Petersen "Den rejsende Højskole" ["Die reisende Hochschule"] in Folkehøjskole, Arbejderbevægelse, Folkeoplysing 1973, S. 139
[17] Steen Thomsen: Vedrørende Tvind [Tvind betreffend] S. 7

Kapitel 5

Die Mühle

[Dieses Kapitel beschreibt den Bau der größten modernen Windmühle der Welt.]

Kapitel 6

Der Konzern

"Hätte ich Geld, würde ich es unbesorgt Poul Jørgensen überlassen, damit er es für mich investiert."

Elsebeth Gerner Nielsen

Von 1976 an expandierte Tvind von einem Schulkomplex in Westjütland zu einem zuerst landesdeckenden und dann einem weltumspannenden Unterrichtskonzern.

1972 wurde das Seminar gegründet. 1973 begann ein weiterer Hochschulkurs mit Kursstart im September, der außer einem normalen Aufenthalt in der Reisenden Hochschule eine Abschlußperiode mit einer achtmonatigen Aufteilung in Handelsstadtgruppen und einem dreimonatigen abschließenden Kurs auf Tvind beinhaltete. Im Schuljahr 1974-75 kam Tvinds Fortbildungsschule und Realkurs dazu und im gleichen Jahr wurde die Reisende Hochschule durch einen sogenannten "F 74"- Kurs erweitert - F für forberedelse [Vorbereitung] - der eine Art pädagogischer Grundkurs von 15 Monaten war und der zu pädagogischer Arbeit außerhalb des Bereiches der Volksschule qualifizieren sollte. Der Inhalt war ständig Vorbereitung, Reise, Arbeit usw. Im Schuljahr 1975/76 begannen die PTG-Kurse. Dies steht für praktisch-theoretischer Grundkurs und es war ein HF-Kurs, der u.a. den Zweck hatte, eine Rekrutierungsgrundlage für das Seminar zu sein. Als prüfungsfreie Hochschule unter dem Gesetz für freie Schulen mußte die Reisende Hochschule ihre Schüler nicht bis zum Examen führen, sondern die Schüler konnten sich als Privatisten am nächsten Gymnasium einschreiben, was Tvind bisher in umfassenden Grad zur größeren oder kleineren Irritation der Gymnasien getan hat, welche die Pflicht haben, Räume und Prüfer zur Verfügung zu stellen. [1] Man kann unter dem Hochschulgesetz keine Examensschulen führen, und deshalb wurden die PTG-Kurse später zu den internationalen Fortbildungsschulen mit etwa dem gleichen Inhalt umgestaltet. Im gleichen Schuljahr 1975/76 begann ein pädagogisches Angebot für die Kinder der Lehrer und Teilnehmer unter 14, das im folgenden Jahr zur Tvind-Freischule umgebildet wurde.

Ein neues Kursangebot in Verbindung mit der Reisenden Hochschule hieß E-76, das Leute zur Zielgruppe hatte, die Pädagogik studierten oder eine fertige Ausbildung hatten. Im Kursprogramm für E-77 hieß es: "Der Kurs wendet sich vor allem an Teilnehmer, die sich gerne im Hinblick auf eine pädagogische Zusammenarbeit nach dem Ende des Kurses weiterbilden wollen. Es können Lehrer sein, die sich weiterbilden wollen. Es können Menschen mit anderer pädagogischer Ausbildung sein, die gerne so bald wie möglich mitten in der Arbeit des Lehrens stehen wollen, dort, wo es ernst wird." [2] Das Ziel ist offenbar, mehr - und bessere - Lehrer für Tvind zu beschaffen. Bisher war es üblich, daß die Veteranen von einer Gruppe der Reisenden Hochschule vielversprechende Schüler aussuchten, die dann Veteranen für die nächste Gruppe sein konnten. [3]

1976 mußten die Tvind-Schulen stark erweitert werden, und zu diesem Zweck wurden eine "Bauschule" (siehe Kapitel 4) und eine "Gästeschule" eingerichtet, wo die Leute sich in einem selbstgewählten Zeitraum aufhalten konnte, um zu arbeiten und zu studieren. Das wurde ein großer Erfolg, und Neugierige strömten hinzu, um an diesem Experiment teilzunehmen. 1976 kaufte Tvind die erste Liegenschaft außerhalb von Ulfborg, Bustrup Hovedgård, aber der größte Kauf war im Jahr darauf die Erwerbung des Küstenkrankenhauses in Juelsminde - Barpreis 5,8 Millionen Kronen, und so ging es rasant weiter mit dem Kauf von Liegenschaften und der dortigen Einrichtung von Schulen. Die Antriebskraft war natürlich die erste Gruppe von fertig ausgebildeten Lehrern, welche DnS [Das notwendige Seminar] 1976 abgeschlossen hatten. Es folgt eine ziemlich vollständige Übersicht über Tvinds Schulen und deren Errichtungsjahr bis einschließlich 1996:

Jahr [4]

Errichtung von Schulen

   

1970

Die reisende Hochschule, Tvind

1972

Das Notwendige Seminar

1974

Tvind Fortbildungsschule und Realkurs /
Die Internationale Fortbildungsschule Boserup

1976

Bustrup Fortbildungsschule / Fortbildungsschule in Tvind

1977

Die reisende Hochschule in Juelsminde
Juelsminde Fortbildungsschule
Vamdrup Fortbildungsschule

1978

Asserbohus Fortbildungsschule
Die Internationale Fortbildungsschule in Roskilde / in Tvind / Nebbegård
Roskilde Fortbildungsschule
Tvind Freischule
Seefahrtschule in Nyborg

1979

Die reisende Hochschule in Vamdrup / DRH in Juelsminde
Bogense Fortbildungsschule
Die Maritime Fortbildungsschule in Firemøller /
Die Internat. Fortbildungsschule in Helsingør
Asserbohus Freischule / Hellebæk Freischule
"Kleinschulen"

1981

Roskilde Freischule / Boserup Freischule

1983

Die Internationale Fortbildungsschule in Bustrup
Roskilde Haushaltungsschule/Südseeländische Haush.Sch./Nysted H.S. Entwicklungsländer-Freischulen

1984

Die Internationale Fortbildungsschule in Juelsminde
Juelsminde Haushaltungssschule
Nordfynische Haushaltungssschule
Nordjütlands Haushaltungssschule

1985

Die reisende Hochschule in Bogense
Die reisende Hochschule auf dem Weg des Sieges
Die Internationale Fortbildungsschule Skydebanegård
Søgård Haushaltungssschule
Samid Schule, Kopenhagen [5]

1986

Starreklinte Fortbildungsschule
Tvind Handarbeitsschule
Starreklinte Freischule / Freischule in Veddinge Bakker

1987

Die reisende Hochschule Nordseeland / DRH auf Südseeland

1994

Die reisende Hochschule auf Nebbegård

Abgesehen von einer kurzen Periode nach dem großen kritischen Durchbruch 1978-79 stieg Tvinds gesamte Schülerzahl während der Jahre ständig. Die Fernsehsendung im nachfolgenden Jahr 1985 und die nachfolgenden Presseberichte hatten auch eine Wirkung, aber allgemein kann man sagen, daß die Hochschultätigkeit am meisten auf negative Beurteilung von Tvind empfindlich war, während die übrigen Schulen bis einschließlich 1996 einen fast ungebrochenen Anstieg der Schülerzahlen verzeichnen konnten. Diese Zuwachsraten sind jedoch unter dem Aspekt einer insgesamten Zunahme von Schulen zu sehen, am meisten der Fortbildungsschulen. Von 1970 bis 1981 wurden 9 Tvind-Fortbildungsschulen errichtet, aber das muß im Lichte der Errichtung von insgesamt 61 Fortbildungsschulen in Dänemark gesehen werden. [6] Zum Vergleich wurden in der selben Periode insgesamt 33 Hochschulen gegründet, davon waren 3 Tvind-Schulen. [7] Die folgende Tabelle gibt ein Bild der Entwicklung der Schülerzahl in Tvinds Schulen:

Anzahl Schüler in ausgewählten Jahren [8]

 

1970

1975

1977

1979

1980

1985

1990

1994

1996

Hochschulen

10,3

147,0

374,0

171,0

113,0

229,8

157,3

214,1

202,7

Fortbildungs-schulen

-

72,8

310,1

709,1

612,6

538,3

621,6

847,5

816,0

Freischulen

-

-

-

30,0

64,0

128,0

169,0

334,0

365,0

Haushaltungs-schulen

-

-

-

-

-

95,2

115,2

148,0

148,0

Insgesamt

10,3

219,8

684,1

919,1

789,6

991,3

1063,1

1543,6

1531,7

Die folgende Tabelle kann einen Eindruck vermitteln, wie internationalisiert die Tvindschulen sind. Die Zahlen sollten relativ und nicht absolut gelesen werden, da hier nicht zwischen Schülern unterschieden wird, die eine Woche in der Schule waren, und solchen die Kurs auf Kurs absolviert haben. Die Tabelle ist hingegen ein guter Ausdruck für den Anteil ausländischer Schüler an Tvinds Schulen als solchen. Die afrikanischen Schüler nehmen hauptsächlich an Hochschulkursen teil, während die Fortbildungsschulen die Jahre hindurch wirklich viele deutsche Schüler hatten. Die Kategorie dänische Schüler ist sehr breit und umfaßt u.a. einige dänisch gesinnte Südschleswiger, bestimmte Flüchtlinge, bestimmte EU-Bürger und ausländische Staatsbürger mit besonderer Verbindung zu Dänemark, z.B. mit dänischen Verwandten.

Verteilung der Schüler nach Nationalität (Gesamtzahl für die Periode 1992 -95) [9]

Heimatland der Schüler

Anzahl der Schüler

Dänemark

15.894

Deutschland

1.652

Schweden

688

Spanien

408

Angola

253

Holland

244

Mosambik

221

Großbritannien

175

Somalia

174

Polen

148

Finnland

123

Jugoslawien

107

Sambia

104

Simbabwe

76

Vietnam

74

Übrige Länder

1.652

Ausländer gesamt

6.292

Schüler gesamt

22.186

Kleinschulen

Ein besonderer Teil von Tvinds Schultätigkeit sind die sozialpädagogischen Projekte, genannt Kleinschulen, die 1979 gegründet wurden. Diese sind vor allem auf einigen Liegenschaften von Fælleseje, wie Lakolk auf Rømø, Christianshedevej in Bording und Grånsager in Skærbæk und früher besonders auf Tvinds Schiffen untergebracht. [10] Es sind sogenannte "genehmigte Aufenthaltsstätten nach den Dienstgesetz", kleinere Tagesheimstätten für verhaltensgestörte Jugendliche.

Bis 1987 betrieb Fælleseje die Kleinschulen, was aufgelöst wurde, worauf die Schulen auf dem Papier selbständige und sich selbst besitzende Institutionen wurden. Fælleseje wurde jedoch 1994 durch das Westliche Landesgericht in Viborg verurteilt, weil es den Kleinschulen unrechtmäßig Vermögen entzogen und dadurch die Lohnzahlung für eine Reihe von Lehrern, insgesamt etwa 1,5 Millionen Kronen, aus der Konkursmasse verhindert hatte. [11]

Bis 1. Juli 1998 waren die Gemeinden die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde, und nachher hatten die Amtsgemeinden die Verantwortung. Wie in Kapitel 4 berichtet, führte Tvind die sozialpädagogische Arbeit fort, und dies erhielt nach dem 1. Januar 1997 Bedeutung, als die Tvindschulen den Zuschuß verloren. Statt dessen setzte Tvind stärker auf die Kleinschulen, die immer Schüler bekommen konnten, und dies bedeutete, daß Fælleseje "dir Schraube im Wasser halten konnte". Die Gemeinden, welche Kinder und Jugendliche auf die Tagesheimstätten verweisen, bezahlen bedeutende Summen dafür. Da die Aufsichtsbehörde dezentral ist, gibt es keine gesamte Übersicht über die genehmigten Kleinschulen. 1999 handelte es sich um mindestens 9 Institutionen mit mindestens 120 Plätzen. 1996 erhielten die Schulen einen gesamten Zuschuß an alle Kleinschulen von 33 Millionen Kronen, was einem Viertel des gesamtem öffentlichen Zuschusses an alle Tvindschulen und -Institutionen entspricht. Der durchschnittliche Zuschuß für die landbasierten Kleinschulen betrug im Jahre 1996 23.595 Kronen pro Monat und pro Platz, für die Schiffskleinschulen jedoch 34.869 Kronen. Zum Vergleich lagen 1996 die genehmigten Zuschüsse für sozialpädagogische Aufenhaltsstellen mit der selben Zielgruppe im Amte Nordjütland zwischen 28.500 und 38.065 Kronen pro Monat, also liegt Tvind einiges unter den Preisen, welche die Gemeinden anderswo bezahlen müssen. [12]

Sparverein

Die Tvindschulen, UFF, die Mühle, die Schiffe und Liegenschaften gehören zu einem gesamten wirtschaftlichen System, dessen Zweck es ist, so viel Kapital anzuhäufen, daß weitere Expansion möglich ist. Das Kapital wird nicht frei investiert, sondern typisch in Projekte gesteckt, die eine Beziehung zur pädagogischen Arbeit haben, wie Liegenschaften, Schiffe, Landwirtschaft und technische Einrichtungen. Es ist also nicht notwendigerweise die Rede von einem optimalen Geschäft, und deshalb ist die Beschuldigung, Tvind sei ein rein kapitalistisches Unternehmen, ein Schuß am Ziel vorbei. Die Unternehmungen haben ein gewisses amateurhaftes Gepräge. Zum Beispiel. hat man vergessen, in der Mitte der Neunzigerjahre Prioritätsdarlehen in Verbindung mit dem markanten Zinsrückgang zu konvertieren, auch wenn dies große Vorteile ergeben hätte. [13] Hingegen werden alle Kniffe benützt, um einen Überschuß bei den pädagogischen Aktivitäten zu erzielen, die man im System weiterkanalisieren kann, und da ist man auf guten Weg. "Hätte ich Geld, würde ich es unbesorgt Poul Jørgensen überlassen, damit er es für mich investiert", sagte die radikale Politikerin und spätere Kulturministerin Elsebeth Gerner Nielsen. [14]

Das erste und entscheidende Mittel zum Aufbau eines Vermögens erfolgte mit der Errichtung der Spareforeningen af 29. juni 1972 [Sparvereinigung vom 29. Juni 1972], in der die Mitglieder der Lehrergruppe den größten Teil ihres Lohnes einzahlen. Da die Anzahl der Mitglieder der Lehrergruppe schon früh über 100 lag, hat dies einen ziemlich bedeutenden Zuwachs im Vermögen der Sparvereinigung bedeutet, das beim Jahreswechsel 1978-79 bereits etwa 20 Millionen Kronen betrug.

Die Sparvereinigung hat der Reichsrevision zufolge als statutenmäßigen Zweck, "Einzahlungen von den Mitgliedern der Vereinigung und Spenden von Dritten entgegenzunehmen und die so eingezahlten Mittel auszuleihen für:

· Private Unterrichts- und Ausbildunginstitutionen im Eigenbesitz, die in ihrer Tätigkeit versuchen, das gegenseitige mitmenschliche Verständnis lokal, national und global zu fördern.

· Private Gesellschaften und/oder Institutionen, die den Zweck haben, Liegenschaften, Inventar und Zubehör zu billigen Bedingungen anzuschaffen, um dieses an Institutionen wie die obengenannten zu vermieten.

· Wohltätige Fonds und Institutionen, darunter die oben angeführten samt der im Eigenbesitz befindlichen Institution Fælleseje.

· Personen und/oder Gruppen von Personen, die mit Unterrichts-, Ausbildungs- oder Forschungsprojekten wie den genannten arbeiten.

· Personen und/oder Gruppen von Personen, Vereinigungen oder Institutionen, sowohl hier als auch im Ausland, welche für die unbedingte Gleichberechtigung aller Menschen arbeiten, wie diese z.B. in der Menschenrechtserklärung der UNO vom 10. Dezember 1948 definiert ist.

· Industrielle Forschung, Entwicklung und Produktion.

· Verwaltung der eingezahlten Mittel, die nicht verliehen sind, durch Veranlagung nach dem Ermessen der Verwaltung bei Sparkassen, Banken oder in Wertpapieren.

· Verwaltung der privaten Ökonomie der Mitglieder.

Als Mitglied der Vereinigung kann jeder aufgenommen werden, der zu den Tvindschulen gehört oder im ersten Jahrgang des Notwendigen Seminars ausgebildet wurde oder als fester Mitarbeiter bei einer der zu den Tvindschulen gehörenden Institutionen angestellt ist.

Für jedes Mitglied wird ein Kapitalkonto geführt, das die Werte ausweist, die das Mitglied der Vereinigung eingezahlt hat. Die Guthaben auf dem Konto werden nicht verzinst.

Jedes Mitglied kann zu jeder Zeit sein Guthaben auf dem Kapitalkonto an die im Eigenbesitz befindliche Institution Fælleseje übertragen, so daß eventuelle Spendenabgaben von Fælleseje entrichtet werden.

Falls ein Mitglied seine Stellung an den Tvindschulen samt zugehörigen Institutionen aufgeben muß und die Bedingungen für weitere Mitgliedschaft in der Vereinigung damit weggefallen sind, ist das Mitglied nicht berechtigt, sein Guthaben auf dem Kapitalkonto ausbezahlt zu erhalten, sondern der Betrag wird auf Veranlassung der Verwaltung an die im Eigenbesitz befindliche Institution Fælleseje zu übertragen sein, die eventuelle Spendenabgaben entrichtet. Das Entsprechende gilt, wenn die Mitgliedschaft in der Vereinigung durch den Tod des Mitglieds beendet wird.

Bei einer eventuellen Auflösung der Vereinigung werden die Aktiva und Passiva samt den Guthaben der Mitglieder an Fælleseje übertragen." [15]

Die Sparvereinigung hat also das absolute Verfügungsrecht über die Privatökonomie der Mitglieder, und deren Sparbeiträge in der Vereinigung sind unwiderruflich. Auch bei deren Liquidation fällt der Betrag einer anderen Tvind-Institution zu. Es werden nur einige hundert Kronen als Taschengeld an die Mitglieder ausbezahlt und ihre sonstigen Lebenshaltungskosten sind sehr gering, da die meisten Mitglieder in einer Internatsschule wohnen, wenn sie nicht gerade mit Bus oder Schiff auf der Reise sind.

Die Sparvereinigung von 1972 wurde Ende 1986 aufgelöst und die Mittel an Fælleseje überführt. Die Steuerreform 1985 begrenzte das Steuerabzugsrecht für laufende Leistungen an gemeinnützige Vereinigungen und Institutionen auf höchstens 15% des Einkommens des Steuerpflichtigen, jedoch bis zu 15.000 Kronen. Bis dahin war es möglich gewesen, bis zu 80% abzuziehen, was bedeutete, daß die Sparvereinigung in Wirklichkeit ein steuerfreies Sparsystem war. [16] Sie wurde durch die Spareforeningen af 1. januar 1987 [Sparvereinigung vom 1. Januar 1987] mit einem fast gleichlautenden Zweckparagraphen abgelöst.

Die Fonds

Ende 1982 wurde der Fonden til Almene Formål [Fonds für allgemeine Zwecke] errichtet, der jedoch 1986 in Probleme mit der Fondsgesetzgebung geriet und schließlich 1991 aufgehoben wurde. Es ist ohne besondere Genehmigung nicht erlaubt, Gelder aus dem Grundkapital des Fonds zu entnehmen, aber trotzdem wurden die Mittel des Fonds direkt an zwei andere Tvindgesellschaften, Fælleseje und Estate (siehe unten) weitergegeben. Die Verwaltung konnte theoretisch für diese Fehlverwaltung der anvertrauten Mittel verantwortlich gemacht werden, aber keines der Mitglieder der Verwaltung hatte in der Praxis die vielen Millionen, die eine Wiederherstellung des Grundkapitals erfordert hätte. [17] Zur Ablöse wurde Fonden til Humanitære Formål, til fremme af forskning og til beskyttelse af naturmiljøet [der Fonds für humanitäre Zwecke, zur Förderung der Forschung und zum Naturschutz] am 13. Mai 1987 gegründet, der den Zweck hat, Spenden von Mitgliedern der Lehrergruppe zum Besten von hauptsächlich überseeischen Projekten zu verwalten, von denen man vermuten muß, daß sie von Tvind betrieben werden. Die unterstützten Projekte waren zum Beispiel ein Sonnenenergieprojekt unter DAPP in Sambia, ein AIDS-Projekt in einigen afrikanischen Ländern, ein Naturreservat in Belize und eine Biogasanlage an Französisch-Polynesien. Nach umgangreichen Bewilligungen für die Florylplantage in Brasilien (17 Millionen Kronen), ein Projekt, das The voice of the third world (knapp 14 Millionen Kronen) genannt wurde, und Tropical Forest in Malaysia (15 Millionen) ist das Vermögen des Fonds in den späteren Jahren wesentlich geringer geworden. Zwischen 1987 und 1996 nahm der Fonds knapp 68 Millionen Kronen an Beiträgen entgegen und verteilte davon 51 Millionen. [18] Auch diese Verteilung stand sehr im Blickpunkt der Behörden, denn es erwies sich für Tvind als sehr schwierig, zu dokumentieren, daß die Projekte jene Forderungen erfüllten, welche für die Tätigkeit allgemeiner Fonds gestellt werden - es ist sogar unklar, wieweit zwei dieser Projekte (Malaysia und Französisch Polynesien) überhaupt existieren, und Poul Jørgensen leiert das selbe alte Lied herunter, das er schändlicherweise bei allen die Angelegenheit betreffenden Fragen benützt hat. Er erhielt jedoch bereits 1996 ein Strafurteil wegen Zurückhaltung von Informationen über die Tvind-Fonds. [19]

Außerdem gibt es die Foreningen til almene formål af 22. august 1989 [Vereinigung für allgemeine Zwecke vom 22. August 1989], deren Einkünfte ebenfalls freiwillige Einzahlungen der Lehrer sind und die den Zweck hat, den ausländischen Aufenthalt von Tvindschülern zu unterstützen.1993 unterstützte die Vereinigung insgesamt 189 Schüler. Die Unterstützung durch die Vereinigung trug dazu bei, die Schülerzahl der Schulen und damit die staatliche Unterstützung zu erhöhen. [20]

Fælleseje, 1977 gegründet, ist eine Institution im Eigenbesitz mit dem Zweck, Liegenschaften zu erwerben und für Tätigkeiten zu vermieten, die jenen entsprechen, die im Zweckparagraph der Sparvereinigung erwähnt sind. 1979 war Fælleseje Muttergesellschaft für die meisten Aktivitäten und Liegenschaften Tvinds geworden. Das Eigenkapital der Gesellschaft war bescheiden, aber sie verfügte über beträchtliche Mittel, die sie zinsen- und abgabenfrei von der Sparvereinigung geliehen hatte. Fælleseje besaß drei Gesellschaften mit Grundkapital. Tvinds erster Liegenschaftskauf außerhalb Ulfborg war Bustrup Hovedgård, der in Zusammenarbeit mit SID/Westjütland gekauft und zu einer Gesellschaft mit Grundkapital umgeformt wurde. Tvinds Fortbildungsschulen wandten sich an unterprivilegierte Kinder aus der Arbeiterklasse, daher war SID, welche die ungelernten Arbeitskräfte organisiert, mit Tvind eine Zusammenarbeit im Betrieb mehrerer Fortbildungsschulen eingegangen. In Bustrup war die Zusammenarbeit auch wirtschaftlich, da SID ein Drittel des Grundkapitals besaß. Die andere Liegenschaftsgesellschaft war Roskilde fjord skolecenter ApS, das als Garant für einen Mietvertrag mit PenSam (1979 die Pensionskasse der Krankenpfleger) dient und dem das Gebäude gehört, in dem sich Tvinds Schulen in Roskilde befinden. Man kann sich darüber wundern, daß eine Gesellschaft mit einem Grundkapital von 30.000 Kronen für einen Mietvertrag garantieren kann, der bis 2008, dem Ende der Vertragsdauer, Millionen kosten wird, aber das kann sich offenbar gut machen lassen. Diese Liegenschaft - die ehemalige Roskilde Højskole - ist die einzige Tvindschule, die heute nicht 100%-ig Tvind selbst gehört. Die Zusammenarbeit mit SID hörte nach einigen Konflikten in der Mitte der Achtzigerjahre auf. [21] Nach einem längeren Streit mit dem Zivilrechtsdirektorat und der Gewerbe- und Gesellschaftsverwaltung erhielt Fælleseje das Recht, seine Gewerbetätigkeit auf Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Produktion, Handel, Transport, Seefahrt und Service auszudehnen. [22]

Estate ApS af 9. april 1971 ist die dritte und größte von Tvinds Liegenschaftsgesellschaften. Estates Kauf von Liegenschaften, die 1979 einen Buchwert von etwa 48 Millionen Kronen hatten, wurden teils durch allgemeine Kreditvereinigungsdarlehen, teils durch ein Darlehen von 16 Millionen Kronen bei der Sparvereinigung finanziert.

Als die erste in einer immer weiter fortgesetzten Reihe von Analysen der wirtschaftlichen Struktur des Tvindkonzerns in allen großen Tageszeitungen des Landes veröffentlichte die Tageszeitung Børsen 1981 eine geschätzte Übersicht über den Aufbau des Schulverbandes. Einige von Tvinds Abrechnungen sind öffentlich, aber es ist nicht möglich, von den zugänglichen Informationen aus sich einen soliden Überblick zu verschaffen, auch deshalb, weil Tvind nicht immer die Regeln für Öffentlichkeit befolgt und weil Tvinds Revisor, Erik Rømer Jensen, anderen Revisoren zufolge keine guten öffentlichen Revisionssitten befolgt. Eine der Hauptanklagen gegen ihn ist die, daß er vorübergehend Revisor für sämtliche Tvind-Gesellschaften und -schulen und daher befangen war. Das heißt, daß es für ihn schwieriger ist, Dispositionen in der einen Tätigkeit anzuklagen, die von Vorteil für jemand anderen sind, für den er ebenfalls Revisor ist. [23]

Die Tvindgesellschaft DAPP Development a/s wurde z.B. im Dezember 1995 zwangsaufgelöst, nachdem sie ihre Pflicht versäumt hatte, einige Jahre hintereinander die Jahresabrechnung an die Gewerbe- und Gesellschaftsverwaltung abzuliefern. [24] Selbst die professionellen Überprüfer bei Told og Skat [Zoll und Steuer] haben es schwer, zu durchschauen, was hier vorgeht.

Liegenschaften

Børsen setzte den Wert von Tvinds Liegenschaften auf etwa 100 Millionen Kronen an. [25] Diese umfaßten außer dem Komplex Tvind, Juelsminde und Bustrup auch das Hotel Lakolk auf Rømø und das Hotel Kongen af Danmark auf Fanø, Pederslyst Reitzentrum in Virklund und Lindknut Kro.

Tvind dehnte sich in den Achtzigerjahren hauptsächlich westlich des Großen Belts aus, durch u.a.: Kunstzentrum Dronninglund, einen Hof beim Mariager Fjord, Christianshede Minizoo, Fænø Yachtwerft bei Fredericia (nicht Fanø), ein Lagerhaus in Brande, eine Landwirtschaft und ein Verwaltungszentrum bei Grindsted, Hotel Søgårdhus bei Åbenrå. eine Schule bei Båring auf Fynen, die ehemalige Gerberei in Bogense außerhalb von Skydebanegård in Karlebo samt mindestens 20 [26] Wohnhäuser, Wohnungen und Geschäfte im ganzen Land, die hauptsächlich Thomas Brocklebank gehören.

1994 summierte Politiken Tvinds Werte zu mehr als 300 Millionen Kronen. [27] Gerade in diesem Jahr erweiterte Tvind kräftigt in Nordseeland mit dem Kauf der ehemaligen Polizeischule in Hellebeck, der Gunnar Jørgensens Schule auf Gersonsvej in Hellerup und nicht zuletzt des großen Gutshofes Nebbegård draußen bei Sjælsø, der vom Seemannsverband gekauft worden war, der bis dahin die Tidens Højskole auf dieser Liegenschaft betrieben hatte. [28] Außerdem besaß Tvind einige kleinere Häuser ringsum im Lande, die zu Wohnzwecken und zu Schultätigkeit benützt wurden.

Tvind verkauft im Großen und Ganzen niemals Liegenschaften oder Werte, aber in einigen Fällen geschah dies. Das Hotel auf Fanø wurde 1976 verkauft, denn es erwies sich zu kostspielig, den Bedingungen der Feuerwehr für den weiteren Betrieb zu entsprechen. [29] Auf der Fænø Yachtwerft von Fælleseje bauten die Tvindschulen 1987 "das größte Glasfaserschiff der Welt" (man hat einen Faible für Grandeur) für einen schwedischen Käufer, der jedoch das Schiff nicht abnehmen wollte. In der darauffolgenden Gerichtsverhandlung gab das Höchstgericht Fælleseje Unrecht, das Schiff wurde mit Verlust an Thomas Brocklebank verkauft und die Werft dann veräußert. [30] In den letzten Jahren wurden die Schule in Båring und die Gunnar Jørgensens Schule [31] ebenso veräußert, ohne daß dies einen wesentlichen Einfluß auf den Gesamtwert gehabt hätte.

1999 waren bei der Gewerbe- und Gesellschaftverwaltung 8 Tvindgesellschaften registriert, und die letzten zugänglichen Abrechnungen sind die von 1997. [32] Als Verwaltungsmitglieder in allen diesen Gesellschaften werden immer wieder die selben 7 bis 8 Namen angeführt: Marlene Gunst, Torben Sune Jørgensen, Ruth Sejerø-Olsen, Grethe Flintegaard, Eva Vestergaard, Birgitte Leerbeck. Poul Jørgensen ist der Vorsitzende der meisten, Erik Rømer Jense aus Odense Revisor und Erling Haunstrup Poulsen Direktor für die Reederei, für Estate und Fælleseje. Die Gesellschaften E4 a/s, Løvdal a/s (ehemals Gustavson ApS), Isterødgård ApS samt P 13 a/s stehen alle im Eigentum von Fælleseje. Die Gesellschaften haben als Zweck, Landwirtschaft in Grindsted bzw. Hobro und Hørsholm zu betreiben. Eine Landwirtschaft soll dänischen Gesetzen zufolge von derselben Person besessen und betrieben werden und darf nicht als Aktiengesellschaft betrieben werden, daher hat Fælleseje Strohmänner auf den vier Liegenschaften eingesetzt, um das Gesetz zu erfüllen. Roskilde Fjord Skolecenter ApS befindet sich ebenfalls im Eigentum von Fælleseje, während die Reederei und Estate im Eigenbesitz stehen. Die Reederei - bis 1985 eine A.m.b.a., danach eine Institution im Eigenbesitz, - hatte 1997 Aktiva für gut 10 Millionen Kronen. Zum Besitz von Estate laut Jahresrechenschaft 1997 gehören Gebäude und die Mühle in Tvind und die Schulen in Juelsminde, Vamdrup, Asserbohus, Bogense und Madum bei Ulfborg mit einem gesamten Buchwert von gut 80 Millionen Kronen. Der ursprüngliche Kern der großen Schulgebäude im Schulverband ist also bei Estate gesammelt. Fælleseje hat im selben Jahr insgesamt 28 Liegenschaften mit einem gesamten Wert von 155 Millionen Kronen angeführt (siehe Illustration). 1998 wurde das ehemalige Nakkebølle Sanatorium bei Faaborg gekauft, das dem Plan zufolge eine Kleinschule mit Platz für 100 Jugendliche beherbergen sollte, was zweifellos den Begriff Kleinschule auszuhöhlen droht. Bis auf Weiteres kam es dort ebenfalls nicht dazu, nicht zuletzt durch örtlichen Widerstand. [33] 1999 setzt die Expansion mit dem Kauf einer Liegenschaft in Nysted auf Lolland, der Magleby Skole bei Skælskør und einer anderen Schule in Støvring in Nordjütland fort. [34]

Die Angaben der Werte der Liegenschaften in den Abrechnungen müssen jedoch nicht den realen Werten entsprechen. Die Liegenschaften werden instandgehalten, aber gleichzeitig mit ziemlich hohen Beträgen abgeschrieben. Eine unabhängige Schätzung, vorgenommen für Fælleseje von Pelle Sadolin von Sadolin & Albæk, schätzte 1996, daß der Marktwert für die Schulgebäude allein bei knapp 250 Millionen Kronen lag. Dies muß man angesichts der öffentlichen Schätzung von etwa 200 Millionen Kronen betrachten. [35] Dazu muß man dann die Reederei und die überseeischen Besitzungen zählen. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, daß der Wert der Besitzungen geringer geworden ist, auch wenn die Abrechnungen der Schulen für die letzten Jahre Verluste aufweisen, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, daß sie per 1. Januar 1997 ihre Zuschüsse verloren und um Mietenstundung bzw. -herabsetzung ersuchen mußte. Siehe Kapitel 12.

Überseeische Tätigkeiten

Über die erwähnten Firmen hinaus gibt oder gab es an wesentlichen Tvind-Aktivitäten Data Teknologisk Center , das Computerausrüstungen für Tvind-Schulen verkauft oder verleast, DSI Fælleseje Tvindbyg, DSI Fælleseje Import/Export, die Waren und Dienstleistungen an Schulen verkaufen, i/s Vestergaard og Jørgensen (Eva bzw. Poul), die juristische Konsulentenunterstützung an Schulen verkaufen, Kunstforening af 22. marts 1985, die für den Kauf von Kunst und Schmuck für die Schulen sorgt. Fuldmaktsforeningen [Vollmachtsvereinigung] ist eine private Vereinigung, die wie die meisten hier erwähnten gemeinsamen Vereinigungen 1997 aufgelöst wurde, [36] die sich um die Privatökonomie der Mitglieder der Lehrergruppe - die also nicht mehr privat ist - und um deren juristische Verhältnisse kümmerte. In der Praxis geschieht dies über die Kontoforeningen [Kontovereinigung], an welche die Lehrerentlohnungen nach Abzug der Steuer ausbezahlt werden. Hjælpekassen af 1990 [die Hilfskasse von 1990], finanziert durch Beiträge von allen Schulen, soll jenen Schulen helfen, die ein Unterschuß erwirtschaftet haben. Die Hjælpekasse wurde 1996 aufgelöst. Skolesamvirket Tvind Forvaltningen [die Schulverband Tvind Verwaltung] in Grindsted administriert große Teile der Wirtschaft der Schulen, was eigentlich die Verantwortung der Vorsteher wäre. Dies beinhaltet z.B., daß die Verwaltung die Ermächtigung hat, über jene Konten zu verfügen, auf welche die staatliche Unterstützung eingezahlt wurde. [37] Einige der Vorsteher an den Tvindschulen hatten "überhaupt sehr begrenzte Kenntnisse über die Abrechnung und Wirtschaft der Schulen", wie ein Aufsichtführender vom Ministerium dies bezüglich des Vorstehers der Bustrup weiterführenden Schule [38] .

Auch wenn einem beim Überblick im nationalen Zusammenhang schon schwindlig wird, so ist es doch klar, daß Tvinds Expansion nach 1990 in erster Linie im Ausland stattgefunden hat, mit UFF-Geschäften in Europa und Schultätigkeit in Norwegen, Großbritannien und den USA samt nicht zuletzt einer umfassenden Tätigkeit im südlichen Afrika. [39] Dazu kommen Liegenschaften von ebenfalls unbekanntem Wert in allen Erdteilen außer in Australien und der Antarktis. [40] Die ausländischen Gesellschaften kann man nicht ohne großen Aufwand und viel Zeit systematisch zusammenstellen. Es folgen die Namen von existierenden oder ehemaligen Firmen, die in der Presse mit Tvind in Verbindung gebracht wurden, d.h. daß von ihnen angenommen wird, daß sie von der Lehrergruppe kontrolliert werden: Textile Transformations/E.C. Trading, Freightforwarders, Marco Polo Transport, Procurement White Hall Agency, Unicorn Trans und World Trading, Holland, Kadaview, Seagon Investment und Jambalaya, Hongkong, Talata, Fairbank, Cooper Investments, Lyle Enterprise, Kirchheiner Bros. Ltd, Jacaranda, Holland House Ltd., Argyll Smith & Co., Goliath Services/Cedex Pac Ltd., Westpac Hamlin, Camberley, Radmoor, Chatswood, Transco Shipping, Rivalta und Bahia Farming auf den britischen Kanalinseln Jersey und Guernsey, Customlong Agencies Ltd./Agence Notre Dame Ltd. und International Emergency Centre, England, Pacific Farming Ltd., Fiji, River Doree Holdings Ltd., Park Estate St. Lucia, BB Shipping und John F. Parsons inc., Miami, Tropical Farming/ Eastover Properties, B&B Shipping und Furtherland Farming, Cayman Islands, Windward Properties und Orange Hill Estate, St. Vincent, Cowpen Farm Ltd., Farm 1 Ltd und Monkey River Estate, Belize, Domoch und Naim Overseas, Tortola, die Kleiderfabrik Casablanca, Marokko, samt Tropical Produce, irgendwo in der Karibik. In ganz Süd- und Mittelamerika hat oder hatte Tvind mindestens 24 Plantagen, von denen alleine die größte, Jatoba, ehemals Floryl, in Brasilien 104.000 Hektar groß ist, d.h. nur einige Tausend Hektar kleiner als Lolland. Die vielen tausend Arbeiter auf Tvinds Besitzungen haben, wenn man der Presse glauben soll, elende Bedingungen. Nichts deutet jedoch darauf hin, daß Tvind aus diesem Grund mit seinen transatlantischen Investitionen ein besonders vernünftiges Geschäft macht. Im Gegenteil deuten die Abrechnungen von Estates und Fælleseje darauf hin, daß es notwendig war, beträchtliche Mittel an die Gesellschaften in Mittel- und Südamerika zu überweisen. Dies kann selbstverständlich auch für eine raffinierte Methode gehalten werden, Geld aus dem Land auszuführen, aber das ist reine Vermutung. [41]

Verzinsung

Man könnte mangels etwas Besseren eine Schätzung über Tvinds Einkünfte von der Annahme aus anstellen, daß die Lehrergruppe von 1974 bis 1980 100 Mitglieder und von 1980 bis 1996 200 Mitglieder hatte. Viele Schätzungen liegen höher, aber niemand weiß das mit Sicherheit, daher seien wir nur etwas konservativ. [42] Ein Lehrer verdient mindestens 200.000 Kronen jährlich (Stand 1999) und nehmen wir nun an, daß die Hälfte dieses Betrags an Tvinds Fonds geht, also mindestens 100.000 Kronen / Lehrer / Jahr. (Die Regeln für steuerfreie Beiträge an Fonds wurden Mitte der Achtzigerjahre geändert.) Das ergibt mindestens 390 Millionen Kronen, und dann ist der Betrag noch nicht einmal verzinst, d.h. daß z.B. die Mieteinnahmen von den Schulen in dieser Schätzung nicht berücksichtigt sind. Wenn man damit rechnet, daß die meisten Liegenschaftskäufe mit Darlehen finanziert werden, die mindestens 50% der Kaufsumme entsprechen, so steht der Annahmen nichts im Wege, daß der Wert von Tvinds Besitzungen 1 Milliarde Kronen übersteigt, wovon sich mindestens die Hälfte im Ausland befinden muß, wo man nicht die geringste Chance hat, eine solche Behauptung zu untermauern.

Die Verzinsung von Tvinds Kapital war jedoch zeitweise sehr gut. Steen Thomsen schätzt in seinem Bericht, daß Tvind Mieteinnahmen für 4 Schiffe und 2 Schulen in England für die Zeit von 1984 bis 1988 129 Millionen Kronen ausmachen, außer geschätzten Einnahmen von 26 Millionen Kronen von der Lehrergruppe. Dazu rechnet er z.B. für ein Schiff zu einem Wert von 12 Millionen Kronen eine jährliche Mieteinnahme von 2,5 Millionen Kronen. Dies entspricht einer Verzinsung von 20% in einer Zeit mit niedriger Inflation. Noch schlimmer wird es mit dem Schiff Red House Lugger zu einem Wert von 400.000 Kronen. Die jährliche Miete an Tvind war 1,5 Millionen Kronen. Das ist eine Verzinsung von fast 400%. [43]

Politiken behauptet, mit einem englischen kommunalen Beamten von Hounslow, Richard Lugg, als Quelle, daß eine Tvindfirma, Goliath Services, auf der Kanalinsel Jersey 1989 dreimal soviel Miete verlangte, als man für vernünftig ansehen müßte, um Kleidercontainer an Humana auszuleihen. Allein Humana in London sollte nach seinen Berechnungen 10 Millionen Kronen in einem Jahr für die Miete von 250 Containern ausgegeben haben. [44]

Der Schulverband

Tvinds Liegenschaftsimperium sollte genau von den Schulen unterschieden werden. Jede der Tvindschulen war vom Unterrichtsministerium genehmigt worden und war eine formal selbständige, im Eigenbesitz befindliche Institution. Die Schulen sind auf der gleichen Idee und der gleichen Pädagogik aufgebaut. 1984-85 unternahm der Unterrichtsministerium einen Besuch an allen Fortbildungsschulen, wo der Haupteindruck war, daß es den Schülern gut gehe und sie etwas lernten. Jedoch mußte das Ministerium die Unterrichtspläne für 8 Schulen für unzulässig erklären, da sie zentral von der sogenannten "Pädagogischen Verwaltung" in Grindsted erstellt worden waren. Die Pläne waren so detailliert, daß Stunde für Stunde genau die selben Themen zu genau den selben Zeitpunkten an allen Schulen unterrichtet wurden. Dies widersprach der Forderung, daß die Schulen selbständig und unabhängig sein sollten. [45] Die Pläne wurden deshalb vom Ministerium für unzulässig erklärt und die Schulen erstellten darauf individuelle Unterrichtspläne. Die Tvindschulen benötigen jedoch in großem Maß ständig Material - besonders EVD-Programme - im Unterricht, der in Grindsted entwickelt wurde, aber das unterscheidet sie ja nicht grundsätzlich von anderen auf einer Idee basierenden Schulen, welche sich zentral entwickelter Unterrichtsmaterialien bedienen.

Hier könnte es passend sein, das Wort Poul Jørgensen zu überlassen, der vorbildlich klar und präzis sein kann, wenn es ihm taugt:

"Keine der Schulen hat ihre eigene Liegenschaft. Alle Liegenschaften, welche die Schulen verwenden, gehört der im Eigenbesitz befindlichen Institution Estate - abgesehen von der Schulliegenschaft am Fredriksborgvej in Roskilde, die einer Pensionskasse gehört, und der Schulliegenschaft in Nyborg, die der Kommune gehört. Die Grundlage für diesen Kauf von Liegenschaften durch die Liegenschaftsinstitutionen waren besonders die Darlehen bei den Liegenschaften. Die Bezahlung kam oft aus zinsen- und abgabenfreien Darlehen, welche die Liegenschaftsinstitutionen von den Lehrern erhalten haben. Die zinsen- und abgabefreien Darlehen wurden Ende 1986 zu Spenden der Lehrer für Fælleseje und Estate umgewandelt.

Mit der Umwidmung von Liegenschaften zu Schulzwecken war es auch von ganz entscheidender Bedeutung - auch wirtschaftlich -, daß die Lehrer gemeinsam große Bau-, Umbau und Einrichtungsaufgaben ausführten.

Die Bauarbeiten der Lehrer werden das Jahr hindurch mit Bauwochenenden ungefähr jede vierte Woche fortgesetzt, bei denen neue Gebäude zu Schulzwecken umgestaltet werden oder schon bestehende Schulliegenschaften neu umgebaut und eingerichtet werden, um den Anwendungszwecken der Schulen besser dienen zu können.

Fælleseje und Estate haben Liegenschaften an Schulen mittels eines Vertrages vermietet, der so gut wie alle Liegenschaften und Schulen deckt. Die Grundlage für die Verteilung der Mieten ist die Anzahl von Plätzen, welche die einzelne Schule bietet, so daß der Grundbetrag im Mietvertrag ein fester Betrag pro Platz ohne Rücksicht auf die Größe der Liegenschaft, ihre Einrichtungen, Lage und Belastung ist. Der Grundbetrag wird nach zwei Prinzipien modifiziert: Der Grundbetrag ist östlich des Großen Belts höher und kleine Schulen bezahlen relativ weniger, die ersten 10 Plätze sind billiger als die nächsten 10 Plätze, diese wieder billiger als die nächsten 10 usw.

Die Absicht mit dieser Regelung war, die Schulen bezüglich des wirtschaftlichen Ausgangspunktes für die Schultätigkeit ungefähr gleichzustellen - mit dem Zusatz, daß die kleinen Schulen, wie erwähnt, eine geringere Miete pro Platz als die großen erreichen." [46]

Weniger Staatszuschuß und höhere Mieten

Da bis 1995, als die Änderungen der Zuschußbestimmungen sich voll auswirkten, Zuschuß zu den Darlehensausgaben der Schulen in Verbindung mit dem Kauf von Gebäuden - der sogenannte Bauzuschuß -, aber nicht für die Erbringung der Mietausgaben gewährt wurde, hatte dies zur Folge, daß die Tvindschulen allgemein etwas weniger Zuschuß als die übrigen Hoch-, Frei- und Fortbildungsschulen erhalten hatten. [47] 1979 erhielten die Tvindschulen insgesamt etwa 22 Millionen Kronen Staatszuschuß. 1995 schätzte Lars Roger Sørensen von Jyllands-Posten, daß der gesamte jährliche Zuschuß 139 Millionen Kronen betrug. [48] Der Deckungsgrad der Schulen - d.h. der Anteil des Staatszuschusses an den gesamten Betriebsausgaben - war allgemein niedriger als an den anderen Schulen unter dem selben Zuschußgesetz, aber das hängt allgemein damit zusammen, daß dies neue Schulen mit höheren Einrichtungsausgaben waren, und nicht zuletzt, daß die Reiseperioden aller Schulen - 2 Monate für die Fortbildungsschulen und 4 Monate für die übrigen Schulen - nicht zuschußberechtigt waren, aber ständig auf den Ausgabekonten der Schulen aufschienen. Die Zahlen allein besagen klar, daß die Tvindschulen durchschnittlich das System nicht um mehr Geld "melkten" als andere Schulen. Das bedeutet an sich nicht, daß sie die Zuschußbedingungen erfüllen, aber ist in der großen Abrechnung ein wesentlicher Umstand.

Ein großer Teil der Budgets der Schulen zirkuliert im Tvindsystem weiter. Eine Kreuzrevision der Kleinschulen zeigte, daß etwa 25% der Budgets der Schulen, wie aus den Abrechnungen hervorgeht, in Form von Hausmiete, Miete von Fahrzeugen, pädagogischen Konsulenten usw. hin zu anderen Tvindtätigkeiten kanalisiert wurden - bedenklich, ohne ungesetzlich zu sein. [49] Die Reichsrevision stellte fest, daß die für das Schulgebäude in Ulfborg bezahlte Miete etwa doppelt so hoch war, wie es dem wirkliche Wert des Gebäudes entsprochen hätte. Man muß notwendigerweise hinzufügen, daß die Mietenfrage wegen der internen Ausgleichsordnung der Tvindschulen, denen zufolge Miete nicht im Verhältnis zum Wert der Liegenschaft, sondern im Verhältnis zur Jahresschülerzahl, d.h. zu den eigenen Einkünften der Schule bezahlt wird, kompliziert ist. Wenn auch die Mieten östlich des Großen Belts etwas höher sind, bedeutet dies doch, daß die Mieten manchmal in argem Kontrast zu den Gebäudewerten stehen.

Die Ausgaben für Mieten lagen bedeutend über dem, was für freie Schulen normal ist, wenn man von den Hochschulen absieht. Der Konsulent in der Vereinigung freier Jugend- und Fortbildungsschulen, Aren Kristiansen, hat auf Grund der revidierten Jahresabrechnungen für 1994 die Mietausgaben in den Fortbildungsschulen des Landes untersucht und herausgefunden, daß, während die durchschnittliche Fortbildungsschule (Tvind nicht mitgerechnet) 9.023 Kronen Miete pro Schüler und Jahr bezahlte, dieser Wert für die Tvindschulen bei 15.010 Kronen lag. Der Unterschied wird fast grotesk groß, wenn man in Nettoausgaben rechnet. Die Tvindschulen erhielten wie erwähnt keinen Bauzuschuß, daher waren ihre Nettoausgaben stets 15.010 Kronen pro Schüler und Jahr. Die übrigen Fortbildungsschulen erhielten durchschnittlich 5.292 Kronen pro Schüler und Jahr als Bauzuschuß, was ihre Eigendeckung der Miete auf 3.732 Kronen pro Schüler und Jahr reduzierte, also auf nur ein Viertel der Ausgaben der Tvindschulen, und dies ist immer noch nur ein Durchschnitt, der verbirgt, daß ein großer Teil der Nicht-Tvind-Schulen Mieten zu zahlen hatten, die noch niedriger waren. Hingegen hatten jene Schulen, die ihre eigenen Gebäude besaßen, ein gebundenes Eigenkapital, dessen Verzinsung man miteinbeziehen muß, außer den Vorteilen durch begünstigte staatliche Darlehen. Wenn man außerdem die Instandhaltungskosten dazurechnet, wird der Unterschied geringer, da die Lehrer und Schüler auf Tvind im Großen und Ganzen alle praktischen Arbeiten selbst erledigen, aber das ändert ja nichts daran, daß ein übermäßiger Teil des Umsatzes der Tvindschulen stets in die Kassen der Vermieter geht. [50]

1994 hatte die Freischule in Tvind selbst die Ausgaben für die Erneuerung des Daches bestritten, etwa eine halbe Million, was gewöhnlich Aufgabe des Eigentümers wäre. Das Dach wurde jedoch mit einem zinsenfreien Darlehen von DSI Estate finanziert. Fast alle Schulen - darunter die Kleinschulen - hatten 12-sitzige Landrover von Fælleseje gemietet, aber der Reichsrevision zufolge wurden für ein Auto, das 195.000 Kronen kostete und das man für 85.000 Kronen verkaufen hätte können, eine Miete von 350.000 Kronen bezahlt; d.h. die Schulen wären viel billiger davongekommen, wenn sie es neu gekauft hätten.

Die Reichsrevision hatte berechnet, daß die Vermieter eine Verzinsung von 20 - 23 % des investierten Betrages erreicht hatten, was man mit einem damaligen Schuldzins von knapp 10% vergleichen sollte. [51] Außerdem spielte sich eine interne Darlehenstätigkeit so ab, daß die Schulen an Fælleseje Geld unter für Fælleseje sehr günstigen Bedingungen verliehen. "Die Reichsrevision findet insgesamt, daß die Darlehen der beteiligten Schulen an Fælleseje ohne wirkliche Sicherstellung sowohl den Vorschriften der Schulen als auch allgemeinen Grundsätzen über verantwortliche Verwaltung öffentlicher Mittel widersprach. Die Reichsrevision findet es sehr unglücklich, daß die Sicherstellung für die Darlehen der Schulen nicht in Ordnung gebracht wurde, als die Darlehen an Fælleseje ausbezahlt wurden. Nach Auffassung der Reichsrevision nahmen die Schulen nicht die schuldige Rücksicht, als man akzeptierte, Mittel der Schulen an ein Unternehmen wesentlich unter den marktüblichen Zinsen und ohne die nötige Sicherstellung auszuleihen." [52]

Tauschhandel

Alles spricht daher dafür, daß, auch wenn die Tvindschulen weniger Staatszuschuß als andere Schulen bekamen, sie große Beträge aus dem Schulbetrieb zugunsten der zentralen Tvindgesellschaften entnommen haben, die in Wirklichkeit die einzelnen Schulen wie eine Konzernleitung kontrollierten. Aber Zahlen sind nicht alles. Ein großer Teil des Unterrichts an allen Tvindschulen besteht aus praktischer Arbeit, die in hohem Maß als Arbeit an den Liegenschaften der Schulen in Form von Instandhaltung, Instandsetzung, Neubauten und anderen praktischen Arbeiten abgewickelt wird. Darüber hinaus nehmen die Lehrer in ihrer Freizeit an Instandhaltungsarbeiten teil. Die Schulen haben im Großen und Ganzen keine Ausgaben für Küchenpersonal oder Schulwarte, da Essenszubereitung und allgemeine Instandhaltungsarbeiten von den Schülern ausgeführt werden. Bei den Fortbildungsschulen werden Bauwochenenden abgehalten, wo die Schüler einer Schule an einer anderen Schule Bauarbeiten ausführen. [53] Ein anderes Beispiel ist, daß die Studierenden im Notwendigen Seminar selbst einige der Villen bauten, in denen sie während ihrer Praxiszeit wohnen sollten, [54] und wie im Kapitel 3 berichtet, wenden sie einen großen Teil ihrer Arbeitskraft für UFF auf, wie dies auch die Hochschüler getan haben. Der "Lohn", welchen die Studierenden verdienen, wird auf ein Tvindkonto eingezahlt und später dazu verwendet, um z.B. Reiseausgaben zu bezahlen. 1996 wurden jedoch Zweifel an der Gesetzmäßigkeit dieses [Geld-]verkehrs laut, denn vom diesem Lohn wurde keine Steuer bezahlt. Das Prinzip lautet, daß ohne Rücksicht darauf, wofür der Lohn verwendet wird, davon Steuern bezahlt werden sollen. [55]

Große Teile des Schulkomplexes in Ulfborg - inklusive der Mühle und der Schwimmhalle - wurden mit umfangreicher Benützung unbezahlter Arbeitskraft errichtet. Man kann erwähnen, daß die Tvind-Handarbeitsschule Sportkostüme für die Tvind-Freischulen als Teil eines Unterrichtsverlaufes genäht hat. [56] Hornsjø Høyfjellshotell bei Lillehammer in Norwegen, das dem norwegischen Pendant zu Fælleseje gehört, wurde fleißig von allen Tvindschulen benützt, die einen nicht unbilligen - aber festen - Betrag für die Benützung bezahlten. Aber 1994 wurde das Hotel von Schülern der Haushaltungsschule Juelsminde betrieben, ohne daß diese dafür bezahlt wurden, was eine erheblich Nettoeinkunft für den Besitzer bedeutete. Die letzte Erfindung, [57] die den Weg zur Presse gefunden hat, ist das Sammeln von Moos für Weihnachtsschmuck. Tvindschüler - es konnten Hochschüler oder Studierende des DnS sein - wurden für 100 Kronen täglich dazu angestellt, in den jütländischen Plantagen Moos zu sammeln, das wahrscheinlich dazu bestimmt war, in den UFF-Geschäften abgesetzt zu werden. [58]

Man muß also damit rechnen, daß ein großer Teil von Tvinds Wirtschaft sich nicht notwendigerweise in den Abrechnungen widerspiegelt. Wenn man Geld als Maßstab benützt, das im Großen und Ganzen das Einzige ist, was sich jede Revision ansieht, wird sich darin nur ein kleiner Teil der eigentlichen Wirtschaft darin spiegeln. Eine Transaktion von Werten, die in einem gedachten aber nicht unwahrscheinlichen Beispiel darin bestehen könnte, daß eine Gruppe Hochschüler an einem Wochenende in Tvind in einen Bus gesetzt und nach Bustrup gefahren wird, um 3 Klassenzimmer instandzusetzen, und dann wieder zurückgefahren wird, wird auf einer Abrechnung als eine Ausgabe für 25 Liter Diesel aufscheinen. Der Bus selbst wird wahrscheinlich längst abgeschrieben sein. Die moderne Gesellschaft ist einfach nicht imstande, mit einem System umzugehen, das auf einem ungeheuer traditionellen Tauschhandel - einer sogenannten "Barter- Wirtschaft" aufgebaut ist. Was geschieht, wenn die Schüler als Bestandteil des Unterrichts Gebäude instandhalten, ist ja, daß die zuschußberechtigte Unterrichtszeit dazu benützt wird, Arbeiten auszuführen, die normalerweise bezahlte Arbeitskräfte benötigen, und damit in Wirklichkeit Werte vom pädagogischen Konto an das Instandhaltungskonto überführen. Außerdem wird die pädagogische Zeit der einzelnen Schule dazu benützt, die Werte instandzuhalten und zu vermehren, die einer von Tvinds Liegenschaftsgesellschaften gehören, ohne daß dies notwendigerweise der Schule in Form von Mieteermäßigungen zugute kommt.

Die Behörden waren seit langem auf dieses Problem aufmerksam geworden. Praktische Arbeit ist nichts Schlechtes, solange sie einen pädagogischen Zweck erfüllt und nicht ausschließlich wirtschaftliche Ziele verfolgt. Besonders während der hohen Jugendarbeitslosigkeit der Siebziger- und Achtzigerjahre wurde es von den Schulen des Landes als Verpflichtung betrachtet, die Jugendlichen an den Arbeitsmarkt zu gewöhnen, wenn nun der Arbeitsmarkt selbst dies nicht vermochte. Der Unterrichtsinspektor für die Hochschulen, Vilhelm Nielsen, gab 1974 einer sehr weiten Interpretation dieser Rahmen statt, [59] und es ist selbstverständlich immer eine offene Frage, wo die Grenze zwischen Pädagogik und Wirtschaft verläuft. 1979 schlußfolgerte die Reichsrevision nach einigen Betrachtungen über diese Verhältnisse, daß die Lösung konkreter Aufgaben in Verbindung mit dem Unterricht in gewissen praktischen Fächern, z.B. Arbeit in einer Autowerkstatt, Gärtnerei und büromäßige Tätigkeiten ein gewisse Bedeutung für den Betrieb der Schulen hätten, daß aber angesichts des Alters der Schüler, begrenzter fachliche Voraussetzungen und des Lehrplans der wirtschaftliche Wert unwesentlich im Verhältnis zu den Betriebsausgaben der Schule sein sollte. [60] Wenn man jedoch die eigenen Angaben der Tvindschulen über die Instandhaltung der Liegenschaften und die daraus erfolgende Wertsteigerung ansieht, muß man die Schlußfolgerung der Reichsrevision als zu vorsichtig ansehen. Allein die ehemalige Gerberei in Bogense war Poul Jørgensen zufolge nach dem Kauf durch Tvind im Wert von 1,6 Millionen Kronen auf 4 Millionen gestiegen, und Asserbohus in Nordseeland von 8,7 auf 13,7 Millionen. [61] Eine Notiz über Tvinds Fortbildungsschulen an den Unterrichtsminister führt an, daß es an sich kein Problem ist, daß die Schüler arbeiten, solange diese Arbeit der Schule selbst zugute kommt. Dies war jedoch bei Weitem nicht der Fall. Statt dessen kam der Wertzuwachs Dritten zugute, und das sind hauptsächlich Fælleseje und Estate. [62]

Bezüglich aller Schulen verhielt es sich bis 1995 so, daß die äußere Instandhaltung von Schiffen und Gebäuden dem Mieter, d.h. den Schulen und nicht dem Eigentümer, typisch Estate oder Thomas Brocklebank, oblag. Die Revisionsfirma, die 1998 einen Bericht über die Kleinschulen für den Sozialminister fertigstellte, betrachtete es als eine offene Frage, wieweit diese Instandhaltungspflicht einen Wertezuwachs in Gebäuden und Schiffen geschaffen hätte, der durch die bezahlten Gebühren finanziert worden sei, die in Wirklichkeit dem Besitzer zufallen würden. Der Revisor hatte nämlich überhaupt nicht den Wert der Mietobjekte im Verhältnis zur bezahlten Miete bedacht und hatte daher keine Informationen darüber eingeholt, die einer Abklärung der Frage dienen könnten. Deshalb muß die offene Schlußfolgerung des Revisors als Ausdruck eines noch unbestätigten Verdachts gesehen werden. [63] 1996 schlußfolgerte die Reichsrevision kaum mehr so vorsichtig, "daß die staatlichen Mittel, die im Rahmen des Gesetzes für Schul- und Unterrichtszwecke ausgeschüttet werden, in einer Reihe von Fällen für unpassende Zwecke verwendet wurden." [64]

Da man weder die praktische Arbeit noch den eigentlichen Wertzuwachs der Liegenschaften beziffern kann, ist es schwierig, den endgültigen Schluß zu ziehen, wie viele Mittel aus dem pädagogischen Betrieb der Schulen in das Eigentum der Besitzer überführt wurden. Aber es ist sicher, daß Tvind einen kolossalen Verbrauch an Mannstunden hat, was den Arbeitseinsatz der Lehrer und Schüler betrifft, aber da sie auf der anderen Seite dem Amateurtum als Prinzip huldigen, erfolgt auch eine kolossale Verschwendung von Mannstunden. Im täglichen Betrieb wird nicht eine einzige Krone zuviel ausgegeben, aber gleichzeitig wird Arbeitszeit im Übermaß verschwendet. In einer Gesellschaft wie der dänischen, wo Zeit nicht nur Geld ist, sondern mehr wert als Geld, handelt es sich hier um Verhältnisse, welche die Gedanken auf alte Tage oder in ferne Länder lenken.

Anmerkungen:

[1] "Tvind-elever dumper i bundter til HF", ["Tvind-Schüler strömen haufenweise zur HF"], Überschrift in Berlingske Tidende, 1. Juni 1996
[2] Zitiert nach Wiggo Sten Larsen: Skolesamvirket Tvind [Das Schulsystem Tvind], S. 31. Die Erklärung für das erste Jahr ist im Wesentlichen begründet auf Karin Moustgaard Jensen und Mette Brandt: "Tvindskolernes udvikling" ["Die Entwicklung der Tvindschulen"₯] in Flere visne blomster [Einige verwelkte Blumen]
[3] Mogens Amdi Petersen: "Den rejsende Højskole" ["Die Reisende Hochschule"] in Folkehøjskole, Arbejderbevegelse, Folkeoplysning [Volkshochschule, Arbeiterbewegung, Volksaufklärung], 1973, S. 139]
[4] Nach einer Aufzeichnung von Poul Jørgensen vom 20. November 1990 (Beilage zum Sida-Bericht 1990) und Informationen vom Unterrichtsministerium mit letztem Stand von Januar 1997. Dort wird abwechselnd das Kalenderjahr und das Schuljahr angegeben, aber hier ist der Übersichtlichkeit halber nur das Kalenderjahr vermerkt. Der Name nach den Schrägstrich ist die Bezeichnung der selben Schule nach einer Übersiedlung. Mit der Übersiedlung einer Schule umgeht man die Restriktionen, vor allem die Regelung über die Miete pro Schüler, die für neue Schulen zutrifft. Deloitte & Touche, Notiz über Tvinds Mieten, 21. Mai 1996. Jyllands-Posten 10. Mai 1999. Seitdem erfolgten einige Aufkäufe, siehe unten
[5] Die Samid Schule wurde 1981 als eine gewöhnliche arabische Freischule in der Rådmandsgate in Kopenhagen begonnen und 1984-85 in Tvind einverleibt. 1995 übersiedelte sie nach Hellerup. 1996 sprang der Schulleiter ab und die Schule bestand weiter unter dem Namen Al Qods außerhalb von Tvind. Berlingske Tidende, 8. Februar 1997
[6] Thorstein Balle: "Billeder af efterskolerne og deres elever" ["Bilder von Nachschulen und deren Schüler"], Dansk Pædagogisk Tidskrift [Dänische pädagogische Zeitschrift] Jahrg. 31, Nr. 1, 1983
[7] Ebbe Lundgaard (Red.): Folkehøjskolen 1979-1990 - Entwicklungsbedingungen, FDD 1991, S. 88f. In der gleichen Periode mußten 15 Hochschulen schließen, was einen Nettozuwachs von 18 Hochschulen ergibt. Der Zuwachs setzte sich die nächsten zehn Jahre im gleichen Tempo fort, wonach die Anzahl der Hochschulen stabil blieb - etwa 100 Schulen - mit fallender Tendenz am Ende der Neunzigerjahre.
[8] Alle Internatsschulen berechnen die Schülerzahl nach Jahresschülern, was einem Schüler in 40 genehmigten Kurswochen, 2 Schülern in 20 oder 40 Schülern in 1 Woche entspricht, usw. Bei den Freischulen wird die Schülerzahl als tatsächliche Zahl per 5. September des Jahres angegeben, was vernünftigerweise gleichzusetzen ist, da ein Schuljahr etwa 40 Wochen dauert. Quelle: Unterrichtsministerium
[9] Deloitte & Touche Revisorundersøkelse vedr. Tvind [Revisoruntersuchung betr. Tvind], 1996, S. 17
[10] Skolesamvirket Tvind: Skoleerfaringer [Schulerfahrungen] 1988, Band 6, S. 8ff. Über die Schiffe siehe Kapitel 9
[11] Information vom 22. Februar 1994
[12] Informationen vom Sozialministerium zufolge vom Februar 1999 (Journalnummer 50160-1046), Revisionsaktiengesellschaft vom 1.12.1962, Kreuzrevision sozialpädagogischer Aufenthaltsstätten im Tvindkonzern. Sozialministerium, Kindern, junge Familien, 6. kt., Journalnummer 503-1058, S. 9. 1995 machte der gesamte Staatszuschuß an Tvinds übrige Schulen 93,3 Millionen Kronen aus. Dazu kommt allerdings, daß schätzungsweise 1/4 der Schülerbezahlung öffentlich finanziert wird, was weiteren 10 Millionen Kronen jährlich entspricht. Der Bericht der Reichsrevision über Tvind, 1996, S. 25, 26 und 37. Die Kleinschule "Dänemark der Zukunft / Naturvölker in Virklund bei Silkeborg ging 199 in Konkurs. Jyllands-Posten 22. Januar. Über die Jugendlichen siehe u.a.: Helge Kvam u.a.; "Millionen für Tvind" und "Letzter Aufenthalt" Socialpædagogiken Nr. 14, Juli 1995; B.T. 13. April 1999 und Jyllands-Posten 9. Februar und 15. April 1999
[13] Antwort des Unterrichtsministeriums an die Staatsrevision im Bericht über den Schulverband Tvind, 8/95, Beilage 1, S. 10
[14] Fyens Stiftstidende vom 26. Mai 1996
[15] Reichsrevision: Bericht über die Tvind-Schulen 1980, S. 8-9. Wo nichts anderes angeführt ist, stammen die Informationen über die Konzernstruktur von 1979 aus diesem Bericht.
[16] Politiken vom 22. Juni 1985. Den Finanzminister Isi Foighel konnte man nicht beschuldigen, Tvind begünstigt zu haben, auch wenn B.T. versuchte, eine Titelgeschichte über seinen Sohn daraus zu machen, der Mitglied der Lehrergruppe war. B.T. vom 24. Oktober 1985.
[17] Politiken vom 16. Dezember 1987 und Politiken vom 5. November 1989. Insgesamt wurden etwa 50 Millionen Kronen verteilt. Siehe auch den SIDA-Bericht 1990, S. 15.
[18] Abrechnungen 1992-97. Beilage zur Selbstangabe des Fonds für 1996, Zivilrechtsdirektorat
[19] Kristeligt Dagblad vom 3. Januar 1995. Politiken vom 11. März 1996 und 9. Dezember 1998.
[20] Reichsrevision: Bericht, 1996, S. 12
[21] Politiken vom 18. Dezember 1985 und Ekstra Bladet vom 8. Februar 1986. Der ehemalige Verbandsvorsitzende von SID, MF, Hardy Hansen, war 1996 einer der Initiatoren eines privaten Aufsichtsrates, der die beendete Aufsicht des Unterrichtsministeriums über die Tvindschulen ersetzen sollte. Der Aufsichtsrat hatte den Zweck, als Garant für die Qualität des Unterrichts zu dienen, und war daher als eine unzweideutige Unterstützung der Tvindschulen gedacht.
[22] Jyllands-Posten vom 28. Oktober 1995
[23] Revisionsaktiengesellschaft vom 1/12 1962, Kreuzrevision von sozialpädagogischen Aufenthaltsstätten im Tvindverband. Sozialministerium , Kinder, Jugendliche und Familien, 6. kt., j.nr. 503-1058, S. 18. Bericht der Reichsrevision, 1996, S. 13. Rapport des Unterrichtsministeriums, Januar 1996, j.nr. 195-22039-228, S. 13
[24] Information von der Gewerbe- und Gesellschaftsverwaltung
[25] Børsen vom 27. August 1981
[26] Der ehemalige Vorsteher Steen Højstrøm erwähnt 1996 23 Liegenschaften. Brief des Unterrichtsministeriums an die Tvindschulen vom 4. Februar 1997, Beilage E, j.nr. 1997-1232-416
[27] Politiken vom 2. November 1994. Entsprechende Artikel in Jyllands-Posten vom 19. Februar 1995 und in Berlingske Tidende vom 3. März 1996
[28] Diese Liegenschaft ist nicht zuletzt deshalb bekannt, weil vor der Schule auch nach der Übernahme eine sehr große Bronzestatue von Lenin stand, zu der sich niemand bekennen wollte. Diese ist nach einem unruhigen Dasein nun im Arbeitermuseum in Kopenhagen untergebracht.
[29] Estates Jahresbericht 1976
[30] Wiedergegeben nach Fællesejes Jahresbericht 1995
[31] Die Gemeinde Middelfart mußte die Liegenschaft in Båring zwangskaufen, da Tvind verboten wurde, die Schule darin zu betreiben. Jyllands-Posten vom 25. November 1996. Steen Højstrøm , der Leiter der Samid-Schule, die in der Gunnar Jørgensens Schule in Hellerup untergebracht war, stieg 1996 aus Tvind aus und nahm Lehrer und Schüler mit sich. Siehe Kapitel 12.
[32] Die Rechenschaften von 1998 kamen zum Redaktionsschluß. Jyllands-Posten 12. Juli 1999.
[33] Jyllands-Posten vom 17. April 1998. Das Gebäude dient bis auf Weiteres als Aufenthaltsstätte für sozial belastete Erwachsene. Jyllands-Posten vom 9. April und 29. Mai 1999
[34] Berlingske Tidende vom 2. Juli 1999
[35] Zufolge einer Notiz der Verwaltungsleiterin für die weiterbildende Schule in Juelsminde, Bolette Strandbygaard, vom 13. Mai 1996, an den Unterrichtsausschuß des Folketings. Tvind sollte diese hohe Schätzung dazu benützen, um zu demonstrieren, daß die Miete an Fælleseje nicht unverschämt war. In diese Zahl habe ich auch den Wert jener Liegenschaften mit einbezogen, wo Tvind nicht zuschußberechtigte Tätigkeiten betreibt.
[36] Politiken vom 21. Februar 1997
[37] Deloitte & Touche Revisorundersøgelse vedr. Tvind [Revisoruntersuchung betr. Tvind], 1996. S. 15. Bericht der Reichsrevision 1996, S. 8
[38] Thorstein Balle und Jørgen Olsen: Notiz über Tvinds weiterführende Schulen, 1985
[39] Der Journalist Kurt Simonsen zitiert eine anonyme Quelle in Bikuben, die besagt, daß Tvind jährlich 200 Millionen Kronen an ein Konto in der Schweiz überweist. Wie in aller Welt diese Information an die Presse gelangen kann, ist das Problem von Bikuben. aber abgesehen davon ist hier offenbar die Rede von einer etwas übertriebenen Beurteilung. Es steht jedoch außerhalb jeden Zweifels, daß Tvind Geld ins Ausland überweist. Ekstra Bladet vom 6. Januar 1997
[40] Tvind besaß eine Riesenfarm in Australien mit der Absicht, Rindfleisch für Afrika zu produzieren, aber diese wurde enteignet. Politiken vom 5. November 1989
[41] Über die Arbeitsbedingungen siehe Det fri Aktuelt vom 29. Oktober 1992, Jyllands-Posten vom 21. September 1986 und 20. & 22. Juli 1997 und ZigZag Nr. 11, 1992. Über die ausländischen Besitzungen im Allgemeinen: Jyllands-Posten vom 9. November 1986, 28. April 1996, Ekstra Bladet vom 22. November 1996, Politiken vom 5. November 1989 und 6. Dezember 1998. Diese Zusammenstellung beinhaltet nicht UFF's Aktivitäten, die im Kapitel 7 behandelt werden.
[42] 1993 hatte die Foreningen til almene formål [Vereinigung für allgemeine Zwecke] 278 Beitragszahler, von denen allen man annehmen muß, daß sie Mitglieder der Lehrergruppe waren, von denen jedoch nicht alle beitrugen. Bericht der Reichsrevision 1996, S. 68
[43] Vedr. Tvind [Tvind betreffend] S. 28
[44] Politiken vom 10. November 1989
[45] Thorstein Balle und Jørgen Olsen: Notiz über Tvinds Fortbildungsschulen, 1985
[46] Poul Jørgensens Rechenschaft an die Reichsrevision, 9. April 1995 (16 kr. J. nr. 1955-5001-52), S. 3
[47] Sieh z.B. Kristeligt Dagblad vom 26. Oktober 1985
[48] Jyllands-Posten vom 19. Februar 1995. Es ist die Rede von einer hohen, aber nicht irreführenden Schätzung, da die Beistandshilfe und Arbeitslosenunterstützung der Schüler einbezogen ist. Siehe Notiz.
[49] Revisionsaktiengesellschaft vom 1/12 1962, Kreuzrevision sozialpädagogischer Aufenthaltsstätten im Tvind-Verband. Sozialministerium, Børn, unge og familie [Kinder, Jugendliche und Familie], 6. kt., j.nr. 503-1058, S. 16
[50] Pressemitteilung von Arne Kristiansen an Ritzaus Büro vom 18. Mai 1996. Die Miete pro Schüler und Jahr war für alle Tvindschulen noch etwas höher, 15.660 Kronen, zufolge einer Notiz der Verwaltungsleiterin der Fortbildungsschule in Juelsminde, Bolette Strandbygaard, vom 16. Mai 1996, an den Unterrichtsausschuß des Folketings. Siehe die entsprechenden Zahlen in der Untersuchung der Tvindschulen durch das Unterrichtsministerium, Januar 1996, j.nr. 1995-22039-228, S. 6 und Deloitte & Touche Revisorundersøkelse vdr. Tvind [Revisoruntersuchung betr. Tvind] 1996, S. 16. Gegenargumente in Poul Jørgensens Brief an das Unterrichtsministerium vom 2. September 1995 und Coopers & Lybrands Durchgehen der Mietverhältnisse für die Tvindschulen, 19. Mai 1996
[51] Bericht der Reichsrevision über Tvind 1996. S. 45, 48 und 51
[52] Bericht der Reichsrevision über Tvind, 1996, S. 67
[53] Bericht der Reichsrevision 1998, S. 21, Notiz an den Unterrichtsminister 9/4 1979 bezüglich der Beratung im Unterrichtsausschuß des Folketings, j.nr. 22-05-103/115/128/130/143/148/149 (Siehe Dorte Bennedsens Antwort in der Folketingstidende vom 9. Mai 1979, sp. 10505ff) und besonders die Notiz an den Unterrichtsminister vom 15. Oktober 1985 (ohne j.nr) S. 6. Der Bericht der Reichsrevision 1996, S. 39
[54] Siehe Jyllands-Posten vom 29. Juni 1979
[55] Bericht des Unterrichtsministeriums vom Januar 1996, j.nr. 1995-22039-228, S. 15. Jyllands-Posten vom 13. März 1996
[56] Schulverband Tvind: Skoleerfaringer [Schulerfahrungen] 1988, bd. 6, S. 134f. Man muß damit rechnen, daß dieser Verkehr allgemein üblich war.
[57] Bericht der Reichsrevision 1996. S. 61. Die Olympischen Winterspiele wurden bekanntlich 1994 in Lillehammer abgehalten, was in der Gegend stark erhöhte Übernachtungspreise verursachte.
[58] Siehe Aktuelt 23, November 1998
[59] Vilhelm Nielsen, "Skolen kan ikke - samfundet må ..." [Die Schule kann nicht - die Gesellschaft muß..."], Chronik in Politiken vom 21. Juni 1994
[60] Reichsrevision, 1980, S. 23
[61] Zufolge Børsen vom 27. August 1981. PJ sagt etwas Entsprechendes zu Politiken vom 5. November 1989. Steen Thomsen meint ebenfalls, daß der Wertzuwachs bedeutend ist, Vedr. Tvind [Tvind betreffend], S. 27f
[62] Thorstein Balle und Jørgen Olsen: Notat om Tvind-efterskoler [Notiz über die Tvind-Fortbildungsschulen], 1985
[63] Revisionsaktiengesellschaft vom 1/12 1962, Kreuzrevision von sozialpädagogischen Aufenthaltsstätten im Tvindverband. Sozialministerium, Børn, unge og familie [Kinder, Jugendliche und Familie], 6. kt., j.nr. 503-1058, S. 12
[64] Bericht der Reichsrevision, 1996, S. 14

Kapitel 7

UFF

"Es handelt sich darum, neue Generationen mit goldenen Herzen und Köpfen heranzuziehen, wohl ausgebildet und mit persönlicher Ethik von solchen Proportionen, daß humane Verhältnisse in allen Größen alle Formen dehumanisierter Phänomene ersetzen können."

Humanas Charter

1974 wurde in Südfynland eine linksorientierte Gruppe gegründet, die mit Hilfe von Altkleidersammlungen und Flohmärkten sich Geld für verschiedene Gruppen ringsum in der Welt beschaffen wollte. Sie nannte sich Klunsergruppe und war in Ollerup daheim. Als Vorbild hatte die Gruppe eine Deckorganisation unter Kommunistischer Arbeiterkreis, genannt TTA, Tøj til Afrika [Altkleider für Afrika], geleitet vom von der Blekingegadebande später so bekannten Godtfred Appel.

In einem Leserbrief im Weekendavis, 1998, stritten sich ehemalige Mitglieder der Klunsergruppe über die Interpretation ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Steen Mecklenburg war darüber entrüstet, daß Mikkel Plum die Klunsergruppe eine fanatische China-kommunistische Gruppe genannt hatte, die bereit gewesen sei, Gewalt zu gebrauchen, und meinte, es sei eher von einem Studienkreis die Rede gewesen. [1] Walther Juul Hansen, der ebenso wie Steen Mecklenburg ein alter Bekannter von Amdi Petersen ist (siehe Kapitel 1), verteidigte Plum mit einer lakonischen Aufrechnung: "Über die mehrere hundert Tonnen Altkleider hinaus, die wir an verschiedene Befreiungsbewegungen sandten, verdienten wir mehr als eine Million Kronen auf unseren großen Flohmärkten. Bei weitem das Meiste von diesen Geld wurde bedingungslos an das Demokratische Kambodscha, d.h. an Pol Pot, überwiesen. In der Klunsergruppe hatten wir ebenfalls die obligaten Fraktionskämpfe, wo man einander gegenseitig bekämpfte, und endeten damit, einander wegen einiger goldenen Theorien zu hassen. Wenn ich heute an die Handwerker, Sozialpädagogen, Künstler, Gesundheitsapostel und professionellen Arbeitslosen denke, die ich einmal in einer kommunistischen Zelle hier in Ollerup geschult hatte, dann danke ich meinem Gott und Schöpfer, daß ich nicht tüchtiger gewesen bin." [2]

Die Klunsergruppe war das Vorbild für UFF.

Auch wenn die Reisende Hochschule den Ruf hatte, etwas zu tun, taten die Schüler richtig gesehen nichts anderes, als die örtliche Gastfreundschaft in armen Ländern auszunützen. Sie beobachteten und studierten und erhielten ihr Bewußtsein geändert. Daher war es eine logische Konsequenz von Tvinds Ideologie, 1977 Ulandshjælp fra Folk til Folk [Entwicklungshilfe von Volk zu Volk] zu gründen. Es begann bescheiden mit einem Büro in Svendborg und der Sammlung von Altkleidern, welche an Arme in Pakistan und Mosambik verteilt wurden. Geschäftslokale wurden ringsum im Land und in den übrigen skandinavischen Ländern eröffnet, in denen gebrauchte Kleidung zugunsten von UFF's Arbeit verkauft wurde. [3] 1981 gab es allein in Dänemark 24 Geschäftslokale. Die zurückgehende Schülerzahl der Reisenden Hochschule 1979 - 80 bot Gelegenheit, die Hochschule mit Hilfsarbeitern aufzufüllen. Auf diese Weise konnte man einen zuschußberechtigten Hochschulaufenthalt, der die Schüler für einen darauffolgenden Aufenthalt in Afrika vorbereiten sollte, wo sie mehr oder weniger gratis arbeiten sollten, mit dem Unterricht oder dem Bauen von Schulen kombinieren. Die Arbeit in Afrika wurde vom Beginn an nur teilweise von UFF selbst finanziert. UFF und Humana hatten von einer langen Reihe Entwicklungsorganisationen in der Welt Unterstützung erhalten. Die Projekte wurden auf der Basis von extrem niedrigen Budgets durchgeführt und es wurden systematisch so viele Mittel wie möglich an andere von Tvind kontrollierte Organisationen überwiesen, hauptsächlich in verschiedenen süd- und mittelamerikanischen Ländern.

Humana hat nichts Geringeres als ein Charter, eine Programmerklärung, die eine natürliche Folge von Amdi Petersen's Vorstellung ist, den "neuen Menschen" zu schaffen (siehe Kapitel 2). Nicht die materiellen Bedingungen sollen in erster Linie geändert werden sondern das Bewußtsein der Menschen:

"Es handelt sich darum, neue Generationen mit goldenen Herzen und Köpfen heranzuziehen, wohl ausgebildet und mit persönlicher Ethik von solchen Proportionen, daß humane Verhältnisse in allen Größen alle Formen dehumanisierter Phänomene ersetzen können." [4]

Es gibt eine enge Verbindung zwischen Humanas Entwicklungsarbeit und Tvinds politischem Ziel, und die Verwandtschaft mit dem Marxismus verleugnet sich keineswegs. Es ist eine verbreitete Anklage, daß die hochtrabende Rede über Ethik und Humanität nichts anderes ist als ein Versuch, eine Organisation zu verbergen, die mit Hinblick auf eigenen Gewinn die Arbeitskraft und die Beiträge gutgläubiger Idealisten ausnützt und gleichzeitig auf unerklärliche Weise für die Armen dieser Welt etwas Gutes tut. Und daß tatsächlich für einige Menschen in Afrika etwas getan wird, ist über jeden Zweifel erhaben. Die Frage ist nur, mit welchen Methoden.

Mit dem Ausgangspunkt guter Verbindungen zur FRELIMO, die nach der Unabhängigkeit von Portugal 1975 staatstragende Partei geworden war, hatte UFF eine solide Plattform für Aktivitäten im südlichen Afrika. In Mosambik war UFF früh damit beschäftigt, Flüchtlingen aus dem Nachbarland Rhodesien nicht nur mit Altkleidern, sondern auch mit Fahrzeugen und anderen Geräten zu helfen. [5] FRELIMO unterstützte andere marxistische Partisanenbewegungen, ZANU in Rhodesien und ANC in Südafrika, und dies bewirkte, daß UFF bereits bei der Ablöse von Rhodesiens Apartheidsregierung und ZANU's Machtübernahme 1980 in dem Land, das nun Simbabwe heißen sollte, mit Plänen über Entwicklungshilfe weit voraus sein konnte, als die großen internationalen Geber nach Organisationen suchten, die Projekte durchführen könnten. [6] Mehrere dänische Journalisten waren in letzter Zeit im südlichen Afrika, um über Humanas Projekte zu berichten, und die Schlußfolgerungen waren verhältnismäßig positiv. Humana erhält von Simbabwes Regierung volle Unterstützung und von offizieller Seite nur Lobworte. Human wird u.a. dafür gelobt, in den äußeren Landregionen zu arbeiten, wo die übrigen Hilfsorganisationen nicht hingelangen, und dafür, daß sie die Bedürfnisse der Lokalbevölkerung besser versteht. Ob die engen Kontakte zur Regierung durch die tüchtige Entwicklungsarbeit entstanden sind oder ob der gute Ruf durch die engen Kontakte selbst hervorgerufen wurde, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Sicher ist jedoch, daß Humana unter den Entwicklungsorganisationen im Lande eine guten Stand hat. [7]

Unzufriedenheit von Beginn an

Eines der ersten Projekte in Simbabwe war ein Schulgebäude für aus Mosambik zurückgekehrte Flüchtlinge, die Chindundumaschule. Drei Teilnehmer am Projekt veröffentlichten in Information eine Kritik an der Planung und Durchführung des Projekts. Während der Vorbereitung in Dänemark gab es große Unklarheit über die Finanzierung. Den Teilnehmern war bekanntgegeben worden, daß SIDA einen Beitrag von 2,8 Millionen zum Projekt leisten würde, aber plötzlich mußten sie damit rechnen, daß man mit 1,5 Millionen Kronen auskommen müsse, da aus der Vereinbarung mit SIDA nichts wurde. Dies wurde von Poul Jørgensen bestätigt, der als Antwort auf die Anklage schrieb: "Es ist richtig, das UFF eine Zeitlang erwartete, die schwedische SIDA würde dafür bezahlen, daß skandinavische Freiwillige eine Kostschule wie Chindunduma errichten würden. Die Verhandlungen darüber führten jedoch nicht zu dem erwarteten Ergebnis." [8]

Poul Jørgensen versuchte jedoch, den Umstand zu verheimlichen, daß UFF einen ansehnlichen Betrag nicht allein von SIDA, sondern auch von deren norwegischen und dänischen Pendants NORAD und DANIDA, zur Errichtung einer Schule, insgesamt 3 Millionen Kronen, erhalten hatte. [9] UFF hat offenbar die Freiwilligen nicht darüber unterrichtet, und mit dieser Begründung konnte das Budget auf die Hälfte heruntergeschraubt werden mit dem Ergebnis, daß die Freiwilligen auf einem Existenzminimum lebten, als sie in Simbabwe ankamen. "Trotz gebrochener Hoffnungen und großer Unzufriedenheit unter den Teilnehmern reisten 67 nach Simbabwe, wo wir feststellen konnten, daß der halbierte Betrag nicht ausreichte. Wir stellten fest, daß die Lebensmittelpreise in letzter Zeit von 40 auf mehrere 100 Prozent gestiegen waren, auch für lebenswichtige Waren. [...] Derzeit - 3 1/2 Monate nach der Ankunft der Gruppe in Simbabwe - ist die Gruppe von 67 auf 15 Teilnehmer reduziert. [...] Die Teilnehmer kündigten das Arbeitsverhältnis und die Wohnung. Die 53 Teilnehmer, welche die Gruppe verlassen haben, mußten Geld für den Heimflug entweder von der dänischen, norwegischen oder schwedischen Botschaft in Simbabwe oder Sambia oder von UFF ausleihen. Außer den großen Ausgaben, welche die Teilnehmer in Verbindung mit dem Projekt in Simbabwe hatten, können wir feststellen, daß UFF an die Teilnehmer eine Rechnung über einen Betrag sandte, der einige tausend Kronen über dem wirklichen Betrag liegt." [10] Wo der Restbetrag geblieben ist, weiß nur UFF, aber es ist sehr denkbar, daß er nicht dem Projekt zugute kam, für das er gedacht war.

Das waren nicht nur Anfangsschwierigkeiten. Tvind setze seine Bauernfängerei fort - in fast buchstäblichem Sinn. Auch schwedische Solidaritätsarbeiter fühlten sich von Tvind gewaltig betrogen, mit Anklagepunkten, welchen den bereits allzu bekannten gleichen. [11] 1996 konnten zwei Journalisten in Jyllands-Posten aufdecken, daß UFF gegen besseres Wissen gehandelt hatte, als es am 2. Januar 1994 Anzeigen veröffentlicht hatte: "Bauarbeiter gesucht", worin es hieß: "N.B. Neue Regeln: Arbeitslose können während des Aufenthaltes in Afrika 80 % des Taggeldes oder der Beistandshilfe erhalten." Das war so gesehen keine direkte Lüge, aber in allerhöchstem Grad irreführend. Schon am 12. Juli 1993 hatte nämlich das Arbeitsministerium UFF davon unterrichtet, daß nur einige von UFF's Aktivitäten von der vorübergehenden Regelung betroffen waren, die Arbeitslose ihre Taggelder behalten ließ. Nur Aktivitäten, die unter die Bezeichnung humanitäre oder kirchliche Arbeit fallen, waren in dieser Ordnung inbegriffen, und das waren für das Arbeitsministerium nur UFF's Kinderhilfe und UFF's Nothilfslinie. Baumpflanzungsprojekte, Informationsprojekte, UFF's Tätigkeiten und Schulprojekte waren ausdrücklich von dieser Ordnung nicht umfaßt. Die "Solidaritätsarbeiter", die angeblich Recht auf Taggeld hatten, sollten für ein im Besitz von UFF befindliches Unternehmen arbeiten, welches die Berechtigung erlangt hatte, im freiem Wettbewerb eine Reihe von Schulen zu bauen. Hier war eindeutig nicht von humanitärer Arbeit die Rede, wie sie vom Arbeitsministerium beschrieben wurde - bloß Gratis-Arbeitskraft für kommerzielle Tätigkeit, die gerade mit Hilfe dieser Gratis-Arbeitskraft örtliche Unternehmen hinauskonkurrenziert hatte. [12]

Kleiderverkauf

Auch wenn UFF es nicht mehr verheimlicht, ist es keine allgemein bekannte Tatsache, daß die Kleidung, die gesammelt und nach Afrika geschickt wird, zum weitaus größten Teil in Afrika nicht verschenkt, sondern verkauft wird. Einiges davon wird auch anderswo verkauft, z.B. in Polen, wo Winterkleidung mehr Verwendung findet als im südlichen Afrika. Ob der Überschuß von dort auch der Entwicklungshilfe zugutekommt, ist ungewiß. [13] Das ist kein Ausdruck für Betrug, da hier die Rede von komplizierten ökonomischen Mechanismen im Empfängerland ist, die bewirken, daß es nicht zum unmittelbaren Vorteil des Lands gereicht, die Kleidung zu verschenken. Die internationale Zusammenarbeitsorganisation der Textilfacharbeiter verurteilte 1992 den Verkehr, der von vielen westlichen Wohltätigkeitsorganisationen praktiziert wird. Leute von örtlichen Fachvereinigungen im südlichen Afrika wurden in der Zeitung des dänischen Bekleidungs- und Textilarbeiterverbandes mit einer sehr scharfen Kritik des Altkleiderverkaufs in Afrika zitiert, den sie für eine sehr große Zunahme der Arbeitslosigkeit unter den Textilarbeitern in ihren Heimatländern verantwortlich machen. [14]

Als direktes Ergebnis der Kampagne des Textilarbeiterverbandes wurde für das Entwicklungsministerium 1993 von der Konsulentenfirma DenConsult ein Bericht verfaßt, der schlußfolgerte, daß Tvinds Kleiderverkauf in den Empfängerländern keinen Schaden anrichte. DenConsult gab sogar DAPP [Development Aid from People to People] eine außerordentlich gute Empfehlung mit auf den Weg:

"The actual analysis of DAPPs trade in second-hand clothes in Africa shows that the present positive effects by far surpasses the negative ones. This tendency is naturally strengthned by the fact that the profit from DAPP's trade in second-hand clothes finances a large part of DAPP's development aid activities in the countries. In spite of DAPP being a rather new private development aid organisation impressive results have already been obtained. Anyone who is interested will be able to confirm this by personally visiting DAPP's projects in Zambia and Zimbabwe. After a learning period of about 10 years where experiments, mistakes, and a number of corrections were made, DAPP in Zambia and Simbabwe appears today as a relatively effective private aid organisation capable of reaching the poor part of the population with relatively cost effective and viable project within the fields of education, health, water and sanitation, agro-foresting and tree planting. This assesment is shared by a number of international development aid organisations such as the European Development Fund, the World Bank and UNICEF and can be derived from the fact that these organisations use DAPP as an implement tool for their emergency aid and poverty programmes in Zambia as well as in Angola." [15] Diese sehr lobreiche Anerkennung verheimlicht jedoch, daß viele offizielle Unterstützungsorganisationen, darunter die schwedische staatliche Unterstützungsorganisation SIDA, bereits zu diesem Zeitpunkt gegenüber UFF sehr kritisch eingestellt waren. Heute hat UFF unter den großen anerkannten Unterstützungsorganisationen praktisch keinen Zusammenarbeitspartner.

UFF's Beitrag zum Konzern

1990 ließ SIDA eine unabhängige Beraterfirma die wirtschaftlichen Zusammenhänge in Tvind in Verbindung mit dem Beitrag beurteilen, den SIDA UFF in Schweden zur Deckung der Ausgaben für den Kleidertransport nach Afrika gegeben hatte. Der Bericht schlußfolgerte, UFF in Schweden habe "den Frachtbeitrag nicht im Gegensatz zur geltenden Absprache verwendet. Hingegen hat die Frachtabsprache die Möglichkeit eröffnet, die Gelder auf eine Weise zu verwenden, die nicht auf der Linie von SIDA-s Absichten lag, da sie in die Projekttätigkeit von UFF flossen." Der Bericht folgert weiterhin, die Unterstützung für UFF sollte zurückgezogen werden, so lange UFF nicht die Offenheit bezüglich seiner Tätigkeit wie andere Organisationen aufweise. Es zeigte sich jedoch, daß dies nicht der Fall war. Die Schlußfolgerungen des Berichts wurden aus einer ziemlich aufsehenerweckenden Bilanz bezüglich der Verwendung des Überschusses von UFF Schweden aus dem Kleiderhandel in den Jahren 1989/90 gezogen:

Ausgabeposten
Löhne, Schweden
Löhne, Ausland
Schulstipendien
Projektangestellte
Neue Kleidung
Fernsehstation
Kleiderfracht
Gesamt

Betrag in SEK
337.500
8.898.635
4.108.792
512.502
1.879.458
1.045.197
203.095
16.985.296

Anteil in %:
2
52
24
3
11
6
1
100

Wenn man die Tabelle als eine Übersicht über den Geldstrom im Konzern Tvind betrachtet, so folgert der Bericht, daß zwischen 98 und 99% des Überschusses an andere Kassen Tvinds weitergegeben werden. Die Löhne gehen - soweit die Angestellten Mitglieder der Lehrergruppe sind - direkt an die Sparvereinigung. Lohn, der von UFF an Tvinds Schüler ausbezahlt wird, wird ebenfalls Tvind geschenkt. [16] Schulstipendien sollen vor allem die Bezahlung der Afrikaner auf einigen von Tvinds eigenen Schulen decken, womit außerdem Staatszuschuß ausgelöst wird. Kauf neuer Kleidung erfolgt von einer Fabrik in Marokko, die zufolge hartnäckigen Gerüchten Tvind selbst gehört, was von Poul Jørgensen nicht dementiert wird. Die Fernsehstation ist "One World Channel", die zwei Personen gehört, die dem Bericht zufolge Verbindung zu Tvind haben, und muß daher als ein weiteres Tvind-Unternehmen betrachtet werden. Übrig bleibt der eine Posten "Kleiderfracht". Der Zuschuß von SIDA zu diesem Posten machte 10,5 Millionen SEK aus, und das bedeutet, daß die Kleiderfracht fast ausschließlich von SIDA finanziert wurde, deren Zuschuß Mittel für andere Zwecke freimachte. UFF hätte dem Bericht zufolge bequem die Fracht selbst finanzieren können (S.64).

Die Verfasser des Berichts haben offenbar vergessen zu überprüfen, welche Transportfirma und Reederei mit dem Transport beauftragt wurde. Wäre es möglich, darüber Informationen einzuholen, dann würde sich wahrscheinlich zeigen, daß es eine von Tvinds Tochtergesellschaften in der Karibik war, oder z.B. BB Shipping in Miami, so daß 100% der Mittel - 27,5 Millionen Kronen -, die UFF laut dieser Abrechnung in Schweden zuflossen, im Umlauf innerhalb des Tvind-Systems verblieben. Thomas Brocklebank hatte in seiner Flotte kommerzielle Transportschiffe. Dies bedeutet nicht, daß von den Mittel nicht etwas auf die eine oder andere Weise den Afrikanern zugute kam, aber es zeigt, daß es UFF's erste Priorität ist, für Tvind Geld zu beschaffen, und daß die Entwicklungsarbeit kein Ziel für sich selbst ist, sondern ein Mittel, um Tvinds Gesellschaften und Fonds noch reicher zu machen.

Zusätzlich zu dieser Abrechnung kommt noch der Überschuß vom Verkauf der Kleider, die nach Afrika transportiert wurden, der allein Mosambik betreffend im Jahre 1989 10,3 Millionen SEK ausmachte. [17] Ein sehr großer Teil des Überschusses im südlichen Afrika wurde dem Bericht zufolge dazu benützt, die verschiedenen nationalen UFF-Organisationen zu konsolidieren, und nur ein kleinerer Teil ging an die eigentliche Projektarbeit.

Es gibt keine öffentliche Einschau in UFF's Abrechnungen in Dänemark, aber sie müssen in etwa den schwedischen Abrechnungen ähnlich sein. Poul Jørgensen hatte in einem Brief das Ziel und die Aktivitäten der Vereinigung verteidigt und daraus geht hervor, daß die 1992 in Dänemark gesammelten Mittel insgesamt 10,48 Millionen Kronen ausmachten. Davon gingen 9,7 Millionen an sogenannte Projektbeiträge, d.h. "Kosten für Projektleiter und Solidaritätsarbeiter, Scholarships für afrikanische Projektteilnehmer, Seefracht und Kauf von Materialien u. dgl." [18] Diese Formulierung kann nichts anderes bedeuten, als daß es sich auch in Dänemark um einen hohen Grad von Rezirkulation von Mittel innerhalb Tvinds handelt

Eine Untersuchung, die von der britischen Charity Commission zu Beginn der Neunzigerjahre durchgeführt wurde, brachte zutage, daß 92% von UFF's Einnahmen in Großbritannien an Verwaltungskosten gingen. [19] Später behauptete Humana UK, daß ca. 1/3 der Einkünfte zur Unterstützung in Afrika aufgewendet würden. Aber eine neue Untersuchung der gleichen Charity Commission stellte fest, daß auch das Geld, von dem behauptet wird, es werde zur Unterstützung in Afrika verwendet, nicht diesem Zweck dient. [20] Die belgische Zeitung Le Soir behauptete, daß dies außerdem viele nationale Vereinigungen Humanas betraf, die sich verpflichtet hatten, ziemlich hohe Beträge an Tvinds karibische Steueroasen zu überweisen. [21]

Unvölkischer Weltkonzern

Heute ist UFF oder Humana, wie es normalerweise heißt, ein weltumspannender Geschäftsbetrieb mit einem Hauptquartier nahe Simbabwes Hauptstadt Harare, entworfen vom Architekten Jan Utzon. Tvinds Tätigkeit in den Entwicklungsländern ist ein fast undurchschaubares Netz von Tätigkeiten, das u.a. umfaßt:

… One World Volunteer Institute
… The Humana People to People Movement
… Institute for International Cooperation and Development
… Planet Aid
… International Education Coordination
… ADPP (Ajuda de Desenvolvimento de Povo para Povo)
… DAPP (Development Aid from People to People)
… Frontline Institute

einschließlich nationaler UFF-Vereinigungen in

… Angola
… Mosambik
… Sambia
… Simbabwe
… Malawi
… Guinea-Bissau
… Südafrika
… Namibia
… Malaysia
… Indien
… Santa Lucia
… Brasilien
… Österreich
… Dänemark
… Norwegen
… Schweden
… Finnland
… Deutschland
… Belgien
… Holland
… Italien
… Portugal
… Spanien
… Kanada
… USA

Die Föderation oder The Federation ist eine Dachorganisation für die nationalen UFF/Humana-Vereinigungen. Bis etwa 1995 - 97 wurden die Jahresberichte für die verschiedenen UFF-Projekte im Internet veröffentlicht. AltaVista, eine Suchmaschine, die Homepages im Internet aufspürt, fand 1998 ganze 12.586 Websites als Antwort auf die Suche nach "humana people to people". Der Organisation selbst zufolge hat sie 150 Entwicklungsprojekte, die mehr als 300.000 Menschen beschäftigen.

Es ist jedoch nicht von einer Volksbewegung in normaler dänischer Vereinigungstradition die Rede. Die UFF-Organisationen haben sehr wenige Mitglieder. Die Landesvereinigung UFF in Dänemark darf ihren Statuten zufolge nicht mehr als 20 Mitglieder haben. [22] Der Verfasser des SIDA-Berichts über UFF schließt über die 10 sogenannten selbständigen Abteilungen von UFF in Schweden: "Eine Auswertungl eines weiteren Leitungsprotokolls von jeder der 10 Vereinigungen zeigt, daß an den Leitungssitzungen insgesamt 13 Personen teilnahmen. Wenn 10 Vereinigungen mit Hilfe von 13 Personen gültige Beschlüsse fassen können und wenn diese Leitungen außerdem entscheiden, wer in den Organisationen Mitglied werden kann, kann dies trotz allem nicht als empirischer Beleg für eine besonders breiten Einfluß in den Organisationen gehalten werden." In einer persönlichen Notiz fügt der Hauptverfasser, Jan Valdelin, hinzu, es sei sein Eindruck, daß UFF in Schweden keineswegs als demokratische Institution betrachtet werden könne. In einem Bericht über ein UFF-Projekt in Mosambik schreibt der Verfasser über ADPP in Mosambik: "According to ADPP, the organisation at present has 44 members. This is in contrast to the application to DANIDA, which sets the membership to 135. According to the Board of UFF, this is due to a typing error. Of these, 30 are Europeans of whom 10 live outside Mozambique. Almost all the members hold high positions within ADPP. Considering the fact that ADPP claims that it wishes to increase the share of Mozambica members, it is surprising that only 14 Mozambicans are members five years after it was officially recognsised as a Mozambica NGO." [23] Der genannte Tippfehler wird als ein bewußter Versuch vonseiten UFF's interpretiert, die örtliche UFF-Organisation volksnäher aussehen zu lassen als sie ist. In Wirklichkeit sind die verschiedenen Gesellschaften sich selbst ergänzende geschlossene Gesellschaften ohne irgend eine Form eines demokratischen Aufbaus anderswo als auf dem Papier.

Amateurtum

UFF baut weiters auf Tvinds prinzipieller Verehrung des Amateurtums, d.h. daß es zur Arbeit in den Entwicklungsländern keine Experten aussendet. Mit Experten sind ganz gewöhnliche fachlich ausgebildete Arbeitskräfte gemeint. Nur sehr wenige der Solidaritätsarbeiter haben eine Ausbildung, welche für die Entwicklungsländer von realem Nutzen sein würde. Tvind heuert freiwillige Entwicklungshelfer nach dem gleichen Prinzip an wie Lehrer: Unwissenheit wird als Vorteil gesehen, und die vorbereitende Ausbildung, die in den Reisenden Hochschulen in Dänemark stattfindet, ist sehr mangelhaft. Ein Gruppe ausländischer Schüler, die zu ungünstiger Zeit im Dezember 1997 von der Reisenden Hochschule in Süd-Seeland abfuhren, schickte eine Beschreibung der Unterweisung, die sie erhalten - oder eher nicht erhalten - hatten, u.a. an den Unterrichtsausschuß des Folketings. Die 11 Schüler hatten nur an einem einzigen Tag eine ordentliche Unterweisung erhalten, nämlich an dem Tag, als eine Inspektion durch den selbsternannten Aufsichtsrat für die ehemaligen Tvindschulen stattfand (siehe Kapitel 12). Sie hatten den größten Teil ihrer Zeit dazu benützt, auf verschiedene Weise Geld für die Afrikareise zu sammeln (fundraising), und ansonsten spricht die Klage von Indoktrination, Ignorierung oder Unterdrückung von Kritik, Manipulation und undokumentierte Forderungen nach höherer Bezahlung..[24]

Die Bedingungen für die freiwilligen Entwicklungshelfer unter UFF sind sehr rauh und bauen auf eine zynische Ausnützung ihrer Arbeitskraft, Zeit und wirtschaftlichen Ressourcen, soweit es sich machen läßt. Als eine Gruppe von "Solidaritätslehren" von einem durch UFF organisierten 13-monatigen Unterweisungsprojekt - L.U.P., lærernes ulandspligt [Entwicklunsgsland-Pflicht der Lehrer] in Guinea Bissau zurückkehrte, erhielten alle eine Rechnung, aber nicht von UFF, mit dem die Lehrer in Kontakt waren, sondern von der Reisenden Hochschule. Die Rechnung lautete auf 1841 Kronen wegen fehlender Einzahlung der Reisekosten. Mikael Norling, damaliger Vorsteher der Reisenden Hochschule, später Vorsteher von "Das Notwendige Seminar", der den Brief unterschrieben hatte, benützte folgende Argumente: "Du wirst gebeten, den fehlenden Betrag sofort einzuzahlen, da anderen Kameraden dieses Geld gutgeschrieben wurde. Wenn du nicht innerhalb von 14 Tagen das Geld senden kannst, wirst du gebeten, eine Vorschlag für einer Abzahlungsrate zu senden, sodaß wir deinen Kameraden mitteilen können, wann sie erwarten können, ihr Guthaben zu erhalten.".[25] Es ist ein typisches Tvindargument, gegen den Einzelnen das Druckmittel zu verwenden, er habe gegenüber der Gruppe versagt. Alle haften solidarisch gegenüber Tvind, aber Tvinds Fonds sind selbst nicht solidarisch jemandem anderen oder etwas anderem gegenüber außer Tvinds eigenen Aktivitäten.

Die Rechnungen waren wahrscheinlich Betrug. Ihrem Vertrag mit UFF zufolge sollten die Teilnehmer die Reise selbst bezahlen und immer eine gültige Rückflugkarte bei sich haben für den Fall, daß der Arbeitsaufenthalt vorzeitig endet. Die Flugkarten waren also bezahlt. Nach einer Absprache zwischen den Teilnehmern bezahlte keiner von ihnen die Rechnung, bevor sie von Mikael Norling Spezifikationen erhalten hätten. Seitdem haben sie nichts mehr gehört. Wenn die Tvindschulen nachweislich Geld gut hatten, beschritten sie fast immer den Rechtsweg, um es einzutreiben, daher war diese Rechnung wahrscheinlich ein etwas zu schlauer - und daher mißglückter - Versuch, aus den Teilnehmern noch etwas mehr Geld herauszuholen. [26]

Auch wenn viele Kritikpunkte gegen UFF jenen gleichen, die man gegen Tvinds Schulen richten kann, ist es doch wichtig, sich vor Augen zu halten, daß UFF in einem ganz anderen Zusammenhang wirkt als die Schulen. "Die afrikanische Wirklichkeit ist nicht rosenrot", wie der Journalist und Afrikakenner Knud Vilby in einem Zeitungsartikel anläßlich einer Serie nicht besonders tiefschürfender Beiträge über UFF in DR's Fernsehzeitung zu Ostern 1997 schrieb. [27] Er führt mehrere Beispiele dafür an, daß auch andere Organisationen nicht ganz die heimischen Anforderungen bezüglich Offenheit und Selbstlosigkeit erfüllten, und setzt fort: "An vielen Orten gibt es Mist. Unter den positiveren Entwicklungen in den letzten Jahren finden sich doch Entwicklungen zu mehr Offenheit, Demokratie und Diskussion, darunter mehr Diskussion über die Fehler und Mängel der afrikanischen Führer. An dieser Entwicklung ist Tvind nicht beteiligt - überhaupt nicht in Simbabwe - wo die Organisation sich mit einem Präsidenten alliiert, der ein mehr oder minder hoffnungsloses Verhältnis zur Demokratie hat. In diesem Zusammenhang wirkt Tvind eher wie Vergangenheit als wie Zukunft. Aber dies ändert nichts daran, daß der gesamte Einsatz so umfassend ist, daß er - trotz der eigenen Verantwortung des Tvind-Systems für Geschlossenheit - etwas mehr und Besseres verdient als Verdächtigung."

Anmerkungen:

[1] Weekendavisen, 17. Juni 1998
[2] Weekendavisen, 24. Juli 1998. Die Debatte wurde unter dem damaligen Debattenredakteur Bent Blüdnikow fast wöchentlich bis weit in das nächste Jahr hinein fortgesetzt. Siehe auch Mikkel Plums Buch Bombardér Hovedkvarteret [Bombardiere das Hauptquartier] , Gyldendal 1998. S. 307 - 317 und Vorwort von WJH
[3] "UFF - Kurze Geschichte" in SIDA's Bericht 1990, S. 72
[4] Zitiert in Politiken am 6. Dezember 1998
[5] Brief von Poul Jørgensen an das Arbeitsministerium vom 20. Mai 1993. (Aktenzahl 93.3237-10)
[6] Weekendavisen vom 30. Januar 1981
[7] Politiken am 6. Dezember 1998 und an mehreren darauffolgenden Tagen. TV-Avis von Dänemarks Radio am 1. April 1999 und an mehreren darauffolgenden Tagen.
[8] Information am 29. September 1981
[9] SIDAs Bericht 1990, S. 72. Betrag wiedergegeben zufolge Weekendavisen vom 30. Januar 1981. In einen darauffolgende Bericht in der selben Zeitung vom 20. Februar leugnete PJ [Poul Jørgensen] nicht, daß UFF einen so großen Betrag für den Schulbau erhalten hatte, und man muß daher annehmen, daß es stimmt, wenn man PJ's Eifer kennt, richtigzustellen, was andere bezüglich Tvind mißverstanden haben mögen.
[10] Tina Buggeskov und andere: "Solidaritätsarbeit in Zimbabwe", Information vom 2. September 1981. Politiken verfolgte die Geschichte bis zum 12. November 1981. Jyllands-Posten brachte am 21. September eine sehr kritische Reportage über ein UFF-Projekt in Zimbabwe.
[11] Dagens Nyheter vom 2. Januar 1994
[12] Henrik Thomsen und Mikkel Hertz: "Schwarze Unterstützung". Jyllands-Posten vom 24. März 1996. Korrespondenz im Arbeitsministerium, Aktenzahl 93-3237-10. Die Möglichkeit, bei solchen Projekten das Taggeld weiter zu beziehen, endete vollständig Ende 1995.
[13] Weekendavisen vom 8. März 1991
[14] Stof og Saks [Stoff und Schere], Dezember 1992, Januar, Februar, März und August 1993.
[15] Effects of second-hand clothes sales in developing countries, Denconsult, Oktober 1993, S. 93. UFF versäumt keine Gelegenheit, aus diesem Bericht zu zitieren, als Dokumentation für die Nützlichkeit seiner Arbeit
[16] Bericht des Unterrichtsministeriums von Januar 1996, Aktenzahl 1995-22039-228. S. 15
[17] 1997 war diese Zahl auf 4,5 Millionen USD, ca 30 Millionen DKR, gestiegen. Review of UFF project: Vocational Training Centre in Sofala, Mozambique. Danida, Januar 1999, S. 4
[18] Brief von Poul Jørgensen an das Arbeitsministerium vom 20. Mai 1993 (Aktenzahl 93.3237-10).
[19] Zufolge Leiv Gunnar, der auf The Guardian vom 8. Juli 1993 hinweist. Siehe auch The Observer vom 23. September 1995 und The Independent vom 19. Februar 1996
[20] Berlingske Tidende vom 29. Januar 1996
[21] Polinfo vom 10. November 1989 zitiert Le Soir vom 8. November 1989
[22] Brief von Poul Jørgensen an das Arbeitsministerium vom 20. Mai 1993 (Aktenzahl 93.3237-10)
[23] Review of UFF project: Vocational Training Centre in Sofala, Mozambique. Danida, Januar 199, S. 2 (Hervorhebung von mir).
[24] Brief von Jasper Weijand, Amsterdam, vom 28. Januar 1998 an den Unterrichtsausschuß des Folketings. Die 10 Mitunterschriebenen kommen aus Schweden, der Schweiz, Spanien, Japan, Island, Holland, Deutschland und Belgien.
[25] Brief an die Teilnehmer des L.U.P. 2, datiert Tvind, 19. November 1984. Dazu siehe auch die Revisoruntersuchung bezüglich Tvind von Deloitte & Touche, 1996, S. 19. Siehe auch das Interview mit der ehemaligen Schülerin Julie Thrane, Jyllands-Posten vom 13. März 1996.
[26] Siehe den Artikel des damaligen Teilnehmers am L.U.P., Morten Gliemann: "Tab og Tvind med samme sind" [schwer übersetzbares Wortspiel, etwa: "Verliere und ge(t)winn(d)e mit gleichem Sinn"], Højskolebladet Nr. 20, 1996. Siehe auch Politiken vom 8. November 1981 und Jyllands-Posten vom 24. Dezember 1997 mit mehreren Beispielen
[27] Information vom 8. April 1999. Vilby schreibt ganz überzeugt, daß TV2 die Sendung brachte, aber es war tatsächlich DR.

Kapitel 8

Der kritische Durchbruch - Widerstand gegen Tvind

Seite 146:

1971 veröffentlichten einige ehemalige Teilnehmer in einer Chronik in Information eine durchgreifende Kritik der Reisenden Hochschule. Daraus wurde damals nichts Besonderes. 1978 veröffentlichten einige ehemalige Teilnehmer in einer Chronik in Information eine fast gleichlautende Kritik. Da brach die Hölle los. Die Chronik wurde von den großen landesdeckenden Zeitungen zitiert und war mehrere Tage lang Stoff der ersten Seite. Was war in den dazwischenliegenden 7 Jahren geschehen? Ein großer Teil der Erklärung könnte sein, daß nun viel mehr Leute als 1971 Erfahrungen mit Tvind hatten, sodaß sie darüber berichten konnten. Aber alle jene, die tatsächlich positive Erfahrungen hatten, konnten nicht durchdringen. Es erhob sich eine einige, nationale, von den Medien getragene Verärgerung über Tvind, die sich noch nicht gelegt hat, und bei dieser Gelegenheit entstand der Spitzname "Den hårrejsende Møgskole" ["Die haarsträubende Mistschule"].

Die Erklärung ist nicht die, daß Tvind sich verändert hat. Man hört oft die Behauptung, die Idee zu Beginn sei ja gut gewesen, aber "Tvind habe sich von einem dynamischen und fruchtbaren Experiment (mit gewissen Kinderkrankheiten) zu einem sektiererischen Verhalten entwickelt." [50] Einige von Tvinds ehemaligen Unterstützern benützen dies als eine Art Erklärung dafür, warum sie für Tvind so begeistert waren, aber ihre Meinung änderten. Aber die Theorie hält nicht. Ohne Rücksicht darauf, welche Schwächen Tvind hat, haben diese von Beginn an existiert. Die beiden Chroniken sind tatsächlich auffällig gleich, was den eigentlichen Inhalt betrifft. Die mangelnde Empfänglichkeit der Reisenden Hochschule für Kritik, die mangelnde Demokratie trotz schöner Worte über Mitbestimmung, die Unterdrückung des Individuums, die vereinfachte Weltsicht, der überlange Arbeitstag, die Tyrannei der Gruppentreffen und der Sonderstatus der Lehrergruppe, um nur die wesentlichsten zu nennen. [51]

Seite 155:

Gerade in diesem Fall glaube ich in der Tat daran, daß Tvind gewalttätige Linksaktivisten in der ganzen Welt unterstützt hat, aber in der Realität kann man es nur als wahrscheinlich darstellen, daß Tvind mehr als bloße Kontakte zu einer Reihe von Organisationen hatte.

Anmerkungen:

[50] Lis Kelså u.a.: "Tvindskolene" ["Tvindschulen"] Unge pædagoger Nr. 5, September 1979. Siehe z.B. auch Helle Degns Aussagen zu Jyllands-Posten vom 19. Mai 1996, mehrere anonyme Quellen in Politiken vom 19. März 1996, Ritt Bjerregaards zu Ekstra Bladet vom 12. März 1983 oder Ditte Krøgholts Leitartikel in Højskolebladet, S. 643, 1985
[51] Grethe Kristensen und Mogens Nies: "Hvor kører Den rejsende Højskole hen?" ["Wohin fährt die reisende Hochschule?"], Information vom 8. November 1971, und Erik Irgens-Møller u.a.: "Er hundrede kammerater meget værd-?" ["Sind hunderte Kameraden viel wert-?"] Information vom 12. Mai 1978

Kapitel 9

Schiffe und Kleinschulen

Seite 168:

Es zeigten sich nämlich bald Berichte über sehr große Probleme mit den Schiffsprojekten der Kleinschulen. Das Außenministerium hatte eine Reihe von Angelegenheiten betreffend Tvind zu regeln. Dänische Konsulate und Botschaften waren tief besorgt über Dänemarks Ruf im Ausland. Die eine Sache war das Benehmen der Schüler, eine andere aber die Haltung der Schulen. Kapitäne und Steuermänner weigerten sich, die Fahrt mit den Schiffen fortzusetzen, weil sie diese als für die Fahrt als zu gefährlich ansahen. Die Berichte der Seeleute an den Seeleuteverband in Kopenhagen waren von solcher Art, daß der Vorsitzende Preben Møller Hansen Tvinds Schiffe "schwimmende Särge" nannte.

Seite 175:

Bei diesem Treffen stellte sich heraus, daß Tvinds eigener "Schiffsinspektor", Helle Aabo, keine wie immer geartete Ausbildung hatte, die ihn berechtigte, diesen Titel zu führen.

Am 1. Oktober erreichte das Schiff den Hafen, aber nicht, wie geplant, auf Galapagos, sondern in Balboa in Panama. Ein Stück draußen im Stillen Ozean hatte sich die Besatzung geweigert, weiterzufahren. "Das Schiff war in einer elenden Verfassung", berichtete der Skipper, Uffe Matthiassen, "und kaum noch seetüchtig". Die gefährliche Reise endete in einem meutereiähnlichen Zustand, und es war notwendig, Notsignale auszusenden, da das Schiff Wasser einnahm. Die Lehrer versuchten selbst, unterwegs den Schaden auszubessern, und gleichzeitig das Schiff vom Wasser zu lensen, mußten aber bald aufgeben. Als sie sich nur mehr zwei Tage lang schwimmend halten hätten können, bekamen sie Kontakt mit einem russischen Schiff, das jedoch keine Zeit zum Helfen hatte. "Endlich schaffte ich es, die Schüler zu überreden, die Pumpen in Gang zu setzen. Sie hatte sich lange Zeit hindurch aus Protest gegen die Tyrannei der Lehrer geweigert, überhaupt etwas zu tun. Wir hatten Glück, den Hafen in Panama zu erreichen." [52] Das ist die Beschreibung eines Schiffes, das Tvinds eigenem "Experten" zufolge in guten Zustand war.

Seite 177:

Mit anderen Worten gab es in der Praxis ein administratives Verbot des Betriebes von Schulschiffen, das erst nach einem Jahr aufgehoben wurde.

Seite 177:

Andererseits ist es sicher, daß Tvind aus den Episode in den Jahren 1980-81 nichts über Sicherheit zur See lernte, was das nächste Kapitel zeigen wird.

Anmerkungen:

[52] Bericht an Jyllands-Posten vom 4. April 1982

Kapitel 10

"Die Grenzen der Erfahrungspädagogik"
oder die Geschichte von einem vorhersehbaren Schiffbruch

Seite 179:

Am 1. Februar 1983 sank das Tvindschiff "Activ" in einem gewaltigen Sturm im Englischen Kanal. Keiner der 8 an Bord Befindlichen überlebte. Diese Tragödie ist das schlimmste Beispiel der selbstgenügsamen Kurzsichtigkeit der Tvindpädagogik, denn der Untergang hätte aller Wahrscheinlichkeit nach vermieden werden können. Das Tragische ist, daß nicht nur die Besatzung und die Reederei den guten Rat anderer ignorierte, sondern daß man auch aus den eigenen Erfahrungen nichts gelernt hatte. Die Geschichte begann 2 Jahre früher. [...]

"Activs" kurze Zeit in Tvinds Dienst ist eine Geschichte der Inkompetenz, grober Versäumnisse, Verschweigungen und Verdrehungen. Dies mußte mit einer Katastrophe enden.

Seite 181:

Außerdem sollte man bei Tvind ein durchgehendes Muster beachten, nämlich die mangelnde Bereitschaft, vor dem letztem Augenblick um Hilfe zu bitten.

Seite 182:

[Die folgenden Texte beziehen sich auf Ereignisse vor der endgültigen Katastrophe.]

Ein anderer wesentlicher Umstand kam während des Verhörs des Schiffsführers und besonders des Steuermannes zutage, nämlich die Rolle der Lehrer. Daraus geht hervor, daß die Lehrer an Bord großen Einfluß darauf hatten, welchen Kurs man abstecken sollte. [53]Es machte die Verhörsleiter besorgt, daß die Lehrer durch einen Fonds Besitzer des Schiffes waren und sie vielleicht deshalb einen unzweckmäßigen Einfluß auf die Beschlüsse hatten, die von erfahrenen Seeleuten getroffen werden sollten.

Seite 183:

Der Presse wurde die Möglichkeit verweigert, mit den Schülern zu sprechen, und die Schüler durften ihre Eltern nicht kontaktieren. Es glückte jedoch einem Schüler, seinen Vater zu erreichen, der darauf eine polizeiliche Anzeige erstattete. [54]

Seite 189:

"[...] Der schwache Punkt jeder Tvind-Besatzung, während ich in ihrer Regie segelte, waren die Lehrer. Sie hatten oft äußerst mangelhafte Kenntnisse der Segelschiffahrt, aber befanden sich an Bord, um sicherzustellen, daß alles nach Tvinds ideologischen Prinzipien ablief. Dieser Zustand war völlig unlogisch, da man ein Segelschiff nicht mit Marxismus steuern kann, sondern man muß das Seemannshandwerk kennen. [...] .[55]

Seite 190:

Man soll nur die Dinge tun, ohne auf Erfahrung zu hören, denn diese ist bloß ein Totgewicht, das den Zweck hat, Veränderungen zu verhindern. Dies spiegelt Amdi Petersens eigene Erfahrungen mit Schiffahrt, Schulbetrieb und Windmühle wider. Alles läßt sich machen, wenn man nur will. Dies ist vielleicht ein zwar nicht unschädliches, aber auf jeden Fall nicht lebensgefährliches Prinzip, so lange es sich um Schulbetrieb oder Windmühlenbau handelt. In einer Schule kann man immer mit den Armen ausschlagen und seinen Weg gehen, auf jeden Fall kommt man mit dem Leben davon, wenn alles schief geht. Aber wenn es sich um Seefahrt handelt, dann melden sich die Bedingungen der Wirklichkeit. Wenn man nicht den Rat erfahrener Seeleute befolgen will, dann muß es schiefgehen. [56] Deshalb ist der Untergang der "Activ" nicht bloß eine zufällige Katastrophe. Er war eine notwendige Folge von Tvinds Weise, Erfahrungen zu verwalten. Das Tragische ist nämlich, daß man nicht nur von der Erfahrung anderer absieht, sondern auch von der eigenen Erfahrung. "Activ" eignete sich nicht für das Segeln in hartem Wetter. Dies geht klar aus den Erfahrungen hervor, welche die Reederei gemacht haben müßte. Nichtsdestoweniger segelte man in einen orkanartigen Sturm hinaus und sandte nicht SOS, als die Katastrophe bevorstand. Nein, wir können es selbst. Dies glaubten die an Bord befindlichen Tvindlehrer treuherzig, denn sie hatten jedenfalls nicht die Wahrheit von der Havarie bei Anholt oder die Affäre von Hanstholm gehört. Nach der großen kritischen Beurteilung Tvinds in den Jahren 1978-79 war es bei den Angestellten Tvinds nicht gerne gesehen, wenn sie Zeitungen lasen, denn dies wurde als ein Ausdruck des Wunsches der Gesellschaft aufgefaßt, Tvind zu untergraben. [57] Ihre einzige Informationsquelle war das Informationsbüro in Tvind, und Poul Jørgensen hatte in diesem Fall so wie in vielen anderen Fällen einen sehr selektiven Umgang mit der Wahrheit. Die armen Menschen an Bord der "Activ" glaubten, sie seien unverwundbar.

Seite 191:

Eine "geschlossene Gesellschaft" wird hingegen von einer Ideologie gesteuert, die sich selbst gegenüber Kritik immun macht.

Anmerkungen:

[53] Darüber siehe auch des ehemaligen Tvindschülers Bo Rasmussens Leserbrief in Jyllands-Posten vom 8. Februar 1983
[54] Wie berichtet in Information, 23. Oktober 1981
[55] Jyllands-Posten 8. Februar 1983
[56] Siehe weiters der Bericht über das Gespräch mit dem Steuermann auf der Chr. Bach. 7. September 1981. Außenministerium, R II, Journalnummer 61.U.41/1
[57] Steen Thomsen Vedrørende Tvind [Tvind betreffend], S. 7

Kapitel 11

"Laßt hunderte Blumen blühen" -
Tvind von Unterrichtsministerium aus gesehen

Seite 197:

Bertel Haarde [...] war der erste Minister, der Tvind gegenüber direkt eingriff, als er nach mehreren Anläufen daran mitwirkte, daß DnS 1988 seinen Staatszuschuß verlor (siehe Kapitel 3), aber die übrigen Tvindschulen erlebten auch in seiner Ministerzeit ein fast ungebrochenes Wachstum. Alle waren sich nach 1978 klar darüber, daß die Tvindschulen nicht in Sympathie mit der dänischen Gesellschaftsform betrieben wurden und daß die Regeln eher bis zur äußersten Grenze ausgenützt als in freundlicher Übereinkunft mit den aufsichtsführenden Behörden interpretiert und befolgt wurden. Mit den Worten Bertel Haarders: "Die Schulen haben sich in ihrer Administration häufig zu den Grenzen der Rechtsregeln und der Praxis hinaus bewegt." [58]

Seite 199:

Tvind betreibt gegenüber den Behörden eine konsequente "geht-es-dann-geht-es"-Politik.

Seite 205:

[...] die Staatsrevisoren verschärften den Ton bedeutend in ihren Bemerkungen: "Das dänische System mit dem Recht der freien Schulen auf staatliche Unterstützung baut darauf, daß Vertrauen darauf besteht, daß die Schulen diese Rechte nicht mißbrauchen. Die Staatsrevisoren rügen scharf, daß es der Schulorganisation Tvind möglich war, sich über diese Voraussetzung hinwegzusetzen, ohne daß früher eingegriffen wurde. Es ist die Verantwortung des jeweiligen Ministers, eine effektive Aufsicht zu führen, welche die Ausnützung staatlicher Zuschußordnungen verhindern kann, deren sich die Schulorganisation Tvind bedient hat." [59]

Seite 206:

Die Reichsrevision bemerkte über die Registrierung von Schülern in den Tvindschulen in den Jahren 1993-94, "daß die Anmeldungen der Schüler zu den Kursen nicht in allen Fällen vorhanden waren. Weiters waren die Anmeldungen oft sehr mangelhaft ausgefüllt, zu spät datiert oder mit bedeutenden Richtigstellungen erneuert" [...] "Die Protokolle wurden oft mit großer Verspätung geführt, nicht fortlaufend geführt und lagen in bestimmten Wochen nur in Kopie vor .... Der Hauptteil der Schulen führte schließlich ein Zeitschemaprotokoll, das Tag für Tag den tatsächlich abgehaltenen Unterricht in den Kursen beschrieb. Die Protokolle waren mangelhaft ausgefüllt und oft mit bedeutenden Verspätungen ausgearbeitet oder nicht datiert."[60]

Seite 207:

Eine ehemalige Sekretärin der Reisenden Hochschule, Louise Baldo, klagte Tvind des systematischen Schwindels mit den Zuschußmitteln an. Während andere Beschuldigungen anonym vorgebracht werden, besteht Grund, Louise Baldo ernst zu nehmen, denn sie tritt mit vollem Namen auf und hat offensichtlich keinen persönlichen Vorteil daraus, Tvind zu schaden. Sie berichtete, daß sie 1993 beauftragt war, Schülerlisten auszufertigen, die außer den tatsächlichen Schülern der Hochschule Studierende des Seminars, Lehrer und ihrer selbst umfaßte. Das bedeutet, daß die Hochschule einen Zuschuß erhielt, der weit höher war, als zu dem sie berechtigt gewesen wäre, wenn man ihrem Bericht Glauben schenkt. [61] Das Problem in diesem Zusammenhang ist, daß es fast unmöglich ist, einen Verdacht auf Dokumentenfälschung ausreichend zu untermauern. Eine finnische Schülerin hatte bereits 1994 das Unterrichtsministerium auf diese Zustände aufmerksam gemacht. Sie war darauf aufmerksam geworden, daß sie als Studentin des DnS, das keinen Staatszuschuß erhält, als Schülerin der Reisenden Hochschule eingeschrieben war und dadurch einen Staatszuschuß für Tvind auslöste. Die beiden Schulen benützen gemeinsame Räume in Ulfborg. Das Ministerium nahm diese Zuschrift sehr ernst und setzte eine Untersuchung in Gang, mußte sich aber im Januar 1995 damit begnügen, dem Vorsteher der Reisenden Hochschule, Elmer Værge, einen Verweis wegen Nachlässigkeit zu erteilen.

Anmerkungen:

.

[58] Mitteilung an den Finanzausschuß, März 1986, Journal Nr. 1985-710-185
[59] Bericht über die Schulorganisation Tvind, 1996, S. 78 und 79
[60] Damit die Schule für einen bestimmten Schüler den Zuschuß erhalten kann, muß der Schüler am Unterricht in einem Umfang teilnehmen, der jedoch nicht in Prozenten spezifiziert ist. In einer typischen Hochschule werden bereits 3-5 versäumte Stunden zu einer Rüge führen, und häufigere Abwesenheit vom Unterricht führt oft zur Verweisung von der Schule.
[61] Jyllands-Posten vom 11. März 1996. Die Geschichte untermauert Anklagen, die von mehreren ehemaligen Studenten des DnS in der gleichen Zeitung am Tage zuvor vorgebracht wurden.

Kapitel 12

L 268

Seite 211:

Das Sondergesetz über Tvind - "lex Tvind" oder nur "Schließgesetz" genannt - vom Mai 1996 ist ein Mysterium. Es ist, wenn auch nicht allein dastehend, so doch ein Sonderfall in der dänischen Gesetzgebungstradition. Daß es 1999 vom Höchstgericht verworfen wurde, war hingegen einzigartig, da es zum ersten Mal geschah, daß die Justiz ihre Befugnisse gegenüber dem Folketing benützte, was grundsätzlich der Inhalt des Machtteilungsprinzips ist, ausgedrückt im ί3 des Grundgesetzes, gleichzeitig damit, daß die Klage selbst sich auf gerade diesen Paragraphen bezog.

[In der Folge wird nun beschrieben, wie es zu diesem Gesetz kam. Der Übersetzer meint dazu, daß dieser verzweifelte und formal zugegebenermaßen verfassungswidrige Schritt des dänischen Folketings zeigt, wie hilflos unsere Demokratien dem Sektenphänomen gegenüberstehen, das die demokratischen Freiheitsrechte mißbraucht, um eben diese zu zerstören].

Seite 214:

Ole Vig Jensen [der Unterrichtsminister] sandte am 1. März [1996] eine lange und ziemlich aufgeheizte Pressemeldung aus, wo es in einer später sehr umstrittenen Formulierung u.a. hieß: "Ich bin sehr zornig. Dies gleicht systematischem Schwindel. [...] Wir wollen diesem Unwesen zum Leibe rücken. Meine Geduld mit dem Tvind-Imperium ist aufgebraucht." [62]

Seite 215/216:

Am 5. Mai kam die Untersuchung der Revisionsfirma Deloitte & Touche bezüglich der Zuschußgrundlage der Tvindschulen, verfaßt von Kjeld Chr. Bøg und Gunnar Mikkelsen, die schlußfolgern, "daß die Schulen in einer Reihe von Bereichen nicht die Bedingungen der Zuschußverordnung erfüllten" (S. 3). Viele der von den zwei anderen Berichten bekannten Anklagepunkten wurden wiederholt. Die Revisoren stellten fest, daß die wirtschaftlichen Dispositionen der Schulen nicht immer zum Vorteil der einzelnen Schule getroffen wurden, daß Werte dritten Personen zuflossen und daß die Dokumentation über die Aktivitäten der Schule mangelhaft oder post festum ausgestellt waren. [...] Die zusammenfassende Schlußfolgerung der Revisoren war, "daß die Schulen ihre Tätigkeit als integrierter Teil eines größeren Netzwerkes in einem abspracheähnlichen Konzernverhältnis ausüben" (S. 14)

Seite 223:

Für die saftigen Debatten sorgten andere als der Minister. SF's Klubobmann Aage Frandsen zweifelte nicht, "daß es hier eine Reihe von Menschen und Gruppen gibt, die etwas getan haben, was dem Gesetz widerspricht." Anders Mølgård (V) sprach ebenso von "offenbarem und systematischem Schwindel", Frank Dahlgaard (Kons.) sagte über die Tvindschulen, daß sie "Gesetze und Regeln übertreten haben, um öffentliche Zuschüsse zu erhalten." Gegenüber der Presse war Dahlgaard noch deutlicher. Dort sprach er über "Schwindel, Betrug und systematischer Ausnützung des Systems." Elsebeth Gerner Nielsen (RV) beschuldigte Tvind, "die Profitjagd und die Gier aufgenommen zu haben, die Tvind traditionellerweise der kapitalistischen Gesellschaft zuschreibt." [63]

[In der Folge wird beschrieben, wie Tvind nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 12. Juni 1996 Schulen schloß, sofort neue eröffnete und für diese wieder um Zuschuß ansuchte]

Anmerkungen:

[62] Pressemitteilung vom 1. März 1996, Undervisningsministeriets Nyhedsbrev Nr.5, 1996
[63] Folketingtidende vom 14. Mai 1996, S 6.572, 6.582, 6.592. Politiken vom 26. Mai 1996

Abschluß

Seite 238:

Mogens Amdi Petersen ist ein visionärer Pionier. Er war Kollektivist und Studentenaufrührer vor allen anderen. Viele seiner Träume sind Wirklichkeit geworden - aber nicht durch seinen Einsatz: Die Apartheid in Südafrika ist abgeschafft, der Atomrüstungswettlauf ist zu Ende, die Erfahrunsgpädagogik ist (noch) die dominierende Richtung in der Schulwelt, und 10% des dänischen Elektrizitätsverbrauchs werden durch Windmühlenenergie gedeckt. Aber er ist auch ein eitler Mann, der seine Macht über andere Menschen ausnützt, und deshalb war sein Einfluß in der Gesellschaft nicht größer. Jedoch konnte er in dem Universum total dominieren, das er mit Tvind erbaute, zum Schaden für jene, die in seinem Gespinst gefangen wurden.