Lokalzeitung Tønsberg, Mittwoch 28. Mai 1997: - Nachrichten - Seite 7

- Sie nahmen mir alles !

TØNSBERG:

Während Karen Heimdal (94) sterbenskrank darniederlag, sorgte der Sachwalter von den Smiths Freunden dafür, daß ein neuvermähltes Paar die Wohnung übernahm, die sie gemietet hatte. Das Paar kaufte alles Inventar in Heimdals Wohnung für 5.000 Kronen, zog jedoch 3.000 für Reinigung und Aufräumen ab, so daß der 94-Jährigen 2.000 Kronen übrigblieben. (Anm. d. Übers.: das sind etwa ÖS 3.500 oder DM 500,--)

Von Ivar Chr. Johansen

Vor zwei Wochen berichtete die Lokalzeitung Tønsberg über eine keineswegs bettlägerige und ungewöhnlich muntere 94-Jährige, die wieder nach Hause wollte, statt im Wohnheim und Behandlungszentrum Fagertun einen Platz zu belegen.

Aber wenn auch die Gesundheit gut ist, so ist doch die Geschichte nicht so rosarot, wie sie aussehen könnte. Heimdal wohnte in der Holmestrandgate 2a, bevor sie so unglücklich hinfiel, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußte und im Pflegeheim Fagertun einen Platz bekam.

Übernahmen die Wohnung

- Arne Vigulf Aas von den Smiths Freunden wurde von der Vormundschaft Tønsberg zum Sachwalter bestellt. Er sorgte dafür, daß ein neuvermähltes Paar von den Smiths Freunden die Wohnung übernahm, ohne daß ich es wußte.

Fredrik Olsen und seine Frau zogen in die Heimdalsche Wohnung ein. Er ist der Sohn des Wachtmeisters Sigurd Olsen vom Versammlungsplatz Brundstad der Smiths Freunde.

3.000 für Reinigung ?

- Zusätzlich durfte Fredrik Olsen das meiste von meinem Besitz um nur 5.000 Kronen kaufen, u. a. die Waschmaschine, Nähmaschine, Staubsauger, Möbel, Bettzeug, und Kücheneinrichtung, auch dies ohne meine Einwilligung. Dann beanspruchte er 3.000 Kronen für die Reinigung und das Aufräumen der Wohnung, so daß mir nur 2.000 Kronen übrigblieben.

- Aber meine Wohnung war bereits gereinigt und aufgeräumt. Er benützte mein Geld, um sie zu aufzuputzen.

Glaubten, sie werde sterben

- Ich bin ganz klar im Kopf und kann mich nicht daran erinnern, daß Aas mich gefragt hätte, ob ich die Wohnung aufgeben und all meinen Besitz für nichts und wieder nichts verkaufen wolle. Die Wahrheit ist, daß er glaubte, ich werde sterben - das sagte er direkt zu mir - und daß ich deshalb weder die Wohnung noch die Einrichtung mehr benötigen würde.

Wurde gesund

Aber die 94-Jährige erholte sich wieder und ihre Gesundheit wurde bald so gut, daß sie keine Notwendigkeit mehr sah, weiterhin im Pflegeheim zu wohnen.

- Erst da erfuhr ich, daß man mir die Wohnung und das Inventar genommen hatte. Und Aas, der mir alles genommen hatte, meinte selbstverständlich, ich sei nicht gesund genug, um allein zu wohnen. Ich bat, ihn als Sachwalter abzuberufen, sagt Heimdal. Mit Hilfe des Abteilungsleiters in Fagertun fand sie eine kleinere Wohnung, und nun wohnt sie für sich allein, so wie sie es selbst möchte.

- Den Kopf voll geredet

- Aber es kostete mich viel, Aas loszuwerden. Vier Tage hintereinander besuchte er mich in Fagertun und redete mir den Kopf voll, während die anderen Bewohner anwesend waren. Einmal ging ich hin und versteckte mich, erzählt die 94-Jährige.

- Ich pflege solche Worte nicht zu gebrauchen, aber Aas und seine Frau sind "grausliche Menschen". Das erste, was er als Sachwalter tat, war, daß er von meinem Sparbuch Geld abhob und um mein Geld vier Kleider kaufte, ohne zu fragen. Was sollte ich mit Kleidern, als ich sterbenskrank war, fragt Heimdal.

Bekam einen Stuhl geborgt

Als sie das Pflegeheim Fagertun verlassen sollte, hatte sie fast kein Eigentum und niemanden, der ihr gegen die Sekte helfen konnte.

- Ich erhielt Hilfe von Freunden, welche die Sekte Smiths Freunde verlassen hatten. Den Stuhl, auf dem ich hier sitze, habe ich von einer Freundin geliehen.

Sie selbst ist weiterhin in der Sekte aktiv, aber sie erkennt, daß nicht alle Menschen bei den Smiths Freunden gute Absichten haben. Daß sie eine alte und glaubenstreue Dame auf eine solche Weise behandeln können, geht über ihren Verstand.

- Du sollst zu einem alten Mann nicht hart reden, steht in der Bibel. Ich glaubte, diese Regel hätte auch für mich gegolten.

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Karen (94) fühlt sich von den Smiths Freunden betrogen

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- Alt und vergeßlich

TØNSBERG:

- Karen Heimdal ist sehr vergeßlich. Die 94-Jährige erinnert sich wohl nicht an das, was wir vereinbart hatten, als sie sterbenskrank darniederlag, sagt der ehemalige Sachwalter Arne Vigulf Aas.

Von Ivar Chr. Johansen

- Heimdal war nicht in der Lage, die Wohnung zu behalten, während sie im Krankenhaus lag. Sie hatte auch keinen Platz, wo sie ihre Habseligkeiten aufbewahren hätte können. Ich kündigte die Wohnung und verkaufte die Möbel mit ihrem Einverständnis, sagt Aas.

Genügsam und unterernährt

- Außerdem hatte sie ja nicht viel. Die Möbel hatte sie billig auf dem Flohmarkt erstanden. Deshalb waren 5.000 Kronen auch kein schlechter Preis.

- Heimdal war eine genügsame Person. Bevor sie ins Krankenhaus kam, verstand sie sich nicht einmal darauf, für sich selbst genug zu essen zu kaufen. Sie fiel und verletzte sich schwer, weil sie wegen Unterernährung schwindlig wurde, behauptet Aas.

Schwierige Dame

- Deshalb versuchte ich, sie von der Idee abzubringen, aus Fagertun auszuziehen und wieder allein zu wohnen. Da wurde es schwierig, mit der alten Dame umzugehen. Ich bin froh, daß ich nicht mehr Heimdals Sachwalter bin, sagt er.

Vergeßlich

- Man beginnt natürlich Dinge zu vergessen, wenn man in die Jahre kommt. Ich denke an senile Demenz und ähnliche Leiden. Heimdal hat wohl vergessen, worüber wir einig wurden, als sie todkrank darniederlag.

- Meinst du, daß Heimdal an seniler Demenz leidet ?

- Nein, aber sie ist fürchterlich vergeßlich. Die Beeinflussung durch andere bewirkt, daß sie Wahrheit und Lügen durcheinanderbringt.

- Wer beeinflußt sie mit Lügen ?

- Ich rechne damit, daß Enok Riksfjord sich eingemischt hat.

- Schreib nicht!

- Ich möchte dir raten, nichts darüber zu schreiben. Eine Reihe andere Zeitungen, wie VG, Dagbladet, Stavanger Aftenblad, Aftenposten und Gjengangeren kennen die Angelegenheit, aber haben beschlossen, nichts über Heimdal zu schreiben.

- Übergriff im Interesse der Sekte

TØNSBERG.

- Ein Mann wäre bei den Smiths Freunden niemals so behandelt worden wie Karen Heimdal. Ich bin überzeugt, daß das, was ich Arne Viguls Aas' ökonomische Übergriffe nennen will, im Interesse der Sekte getan wurde, sagt Enok Riksfjord.

Von Ivar Chr. Johansen

- Bei den Smiths Freunden gibt es keine Frauen, die in zentralen Berufen stehen. Weil Verhütung verpönt ist, haben sie keine Zeit für etwas anderes als Kinder zu gebären und sich mit der Aufzucht von Kindern zu beschäftigen. Viele haben zwischen zehn und zwanzig Kinder. "Die "Brüder" in der Sekte sollen Ruhe zum Arbeiten haben, sagt Riksfjord, der oft erlebt hat, daß Frauen, die wagten, ihren Mund zu öffnen, von einem einstimmigen männlichen Chor verbal niedergemacht wurden.

Die Männer sind Halbgötter

- Männer haben eine ganz andere Position, einzelne werden wie Halbgötter verehrt. Ein Mann wird niemals die gleiche respektlose Behandlung wie Heimdal erleben .

- Häßliche Übergriffe

Riksfjord war die ersten 32 Jahre seines Lebens Mitglied in der Sekte. Er ergriff die Initiative zur Organisation EX-SV, "eines Unterstützungsvereines und eines Informationsforums für Ex-Smiths Freunde und Opfer anderer destruktiver religiöser Sekten und Kulte", wie der Briefkopf der Organisation lautet.

- Die Heimdal-Angelegenheit fügt sich ein in eine Reihe von häßlichen Übergriffen, für welche diese geldgeile gefühllose Sekte verantwortlich ist.

5,5 Millionen werden jährlich gesammelt

- Auch wenn die Rede von kleinen Beträgen ist, bin ich davon überzeugt, daß Aas im Interesse der Sekte gehandelt hat. Der Betrieb des Versammlungsortes Brunstad hängt von enormen Beiträgen der Mitglieder ab. Heuer wird dieser Betrieb mit 5,5 Millionen aus Kollekten und anderen Beiträgen veranschlagt.

Zu Gericht

- Aber sollte der angebliche Mißbrauch von Heimdals Besitz nicht gerichtlich verfolgt werden?

- Du bringst mich da auf eine Idee, sagt Riksfjord.