Bergens Tidende - Freitag 18. Juni 1993 - Hintergrund Seite 34

("Ein Leiter der Smiths Freunden fordert zu Mord auf": Nach diesem Bericht in BT vom 8. Mai fühlen sich die Smiths Freunde in Bergen als potentielle Mörder gestempelt)

Smiths Freunde in vollem Krieg gegen die Aussteiger

Mit Rock (im Gegensatz zu Hosen, Anm.d.Übers.) bekleidete Frauen sammeln ihre großen Kinderscharen und bedecken ihre Köpfe mit hellen, frischgebügelten Schals. Eine Versammlung der Smiths Freunde im Krabbedal in Bergen soll stattfinden. In gemeinsamer Ordnung heben die Freunde ihre Arme hoch empor und singen mit vertrauensvollem Blick: "Es ist Freude, die Verachtung des Kreuzes tragen zu dürfen". Aber unter der festen und sicheren Oberfläche zerren schmerzliche Sturmwirbel sowohl an Anhängern als auch an Aussteigern der Bewegung.

Es ist rund 100 Jahre her, seit der norwegische Marineoffizier Johan Oskar Smith aus Fredrikstad für eine Schar, die später Smiths Freunde genannt wurden, die Versammlungstätigkeit begann. Die Buchstaben der Bibel sollten die Gebrauchsanweisung für das Leben und die Richtschnur der Gemeinde sein.

Jeder einzelne sollte persönlich im Einklang mit dem Gebot der Bibel leben - dazu gehörte keine Kirche und keine Priesterschaft. Und die gleiche Gebrauchsanweisung sollte befolgt werden, wenn die Gemeinde von Bergen sich 1993 zu Versammlungen im Krabbedal in Olsvik trifft. Die fundamentalistische Freigemeinde hat sich von Horten über Norwegen ausgebreitet und hat auch in 25 anderen Ländern Ableger bekommen.

Krieg gegen die Aussteiger

Nach einer Erweckungswelle, die 1991 begann, war die Bewegung in vollem Krieg gegen Aussteiger und ausgestoßene Mitglieder - und gegen andere Religionsgruppen, wie aus einer Reportage in Bergens Tidende vom Mai hervorgeht. Der Sprecher Bernt Nilsen gibt gegenüber BT zu, daß er bei einem Treffen in Brevik drüber gesprochen hatte, Menschen zu ermorden, die gegen die Erweckung arbeiten, und daß er später diesen Ausspruch zurückgezogen hatte.

Mehrere Bandaufnahmen von Versammlungen zeigen, daß die Gegner als "lebensgefährlich" und "voll des Teufels" charakterisiert werden. Die Brüder werden jedoch vorgestellt als "sehr groß, ja über alles in der Welt... Klage sie niemals an"

Abgestempelt

Nach dieser Reportage fühlt sich die Gemeinde in Bergen als potentielle Mörder abgestempelt. Niemand braucht sich vor den Smiths Freunden zu fürchten, meinen sie.

Einer der Ältesten der Gemeinde, Edvin Johannessen, behauptet BT gegenüber, der umstrittene Redner hätte in Bildern gesprochen.

- Aber verstehen alle Leute, was bildlich gemeint ist und was es nicht ist ?

Johan Holm Andersen antwortet: - Nicht alle. Aber die, welche mit uns gehen, verstehen es.

Außerdem hat der Redner die Worte zurückgezogen , behauptet Edvin Johannessen.

Gottes Wort von den Wänden

Bei den Smiths Freunden ist es ein Vorsteher, welche die Gemeinde leitet, aber jeder kann hinausgehen und das Wort ergreifen, wenn sich die Versammlung in dem geräumigen Gemeindesaal trifft. Aber nach ihrem Bibelverständnis haben die Männer die Positionen und die Macht.

Auf der Wand mitten gegenüber den Stuhlreihen wird die Gemeinde an die Botschaft erinnert: "Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade".

So wird auch Gottes Botschaft in verschiedener Formulierung von den Wänden der vielen anderen Räume des Hauses im Krabbedal herniedergesandt. Hier gibt es unter anderem Räume mit Stapel von Matratzen zur Verwendung durch auswärtige Gäste, Küchen und Räume für verschiedene Tätigkeiten.

Natürlich für Mädchen

Wenn die Decke im Gemeindesaal sehr hoch liegt, so ist sie intim und niedrig auf dem Dachboden, wo die Buben und Mädchen der Gemeinde sich einigemal pro Woche tummeln.

Insgesamt etwa 70 Kinder von 8 bis 12 Jahren nehmen an den Aktivitäten teil, die, aufgeteilt auf zwei Gruppen, in verschiedenen Räumen stattfinden - für Mädchen und für Buben getrennt. Handarbeit und Bastelarbeit.

Torstein Skutle, einer der Verantwortlichen für diese Arbeit, erklärt die getrennten Räume damit, daß Buben und Mädchen mit verschiedenen Interessen geboren werden, daß es z.B. für Buben natürlich ist, nach Spielzeugautos zu greifen, aber nicht für Mädchen.

- Das ist doch etwas, wozu sie erzogen werden ?

- Nein, etwas ist natürlich für Mädchen, und etwas anderes ist natürlich für Buben. Die Fürsorge für die Kinder ist natürlicherweise der Frau auferlegt. So nehmen sie auch anderen nicht die Arbeitsplätze weg, ohne daß das aber so wichtig ist, beeilt er sich hinzuzufügen.

Heftiger

Die neue Erweckungsbewegung von 1991 hat wie nie zuvor die Smiths Freunde in die Medien gebracht. Die Redner werden in Wort und Ausdruck ständig heftiger, ebenso die Anhänger. Uneinigkeit in Fragen um Werte schneidet Familienbande durch.

Einige bleiben bei den Smiths Freunden. Andere steigen aus und verlassen damit das Milieu, wo sie alle ihre Freunde hatten - das ganze Leben lang.

Denn das Leben bei den Smiths Freunden ist streng um die Bibel und die Gemeinde herum aufgebaut. Die Gesellschaft um sie herum bewegt sich weiter mit berufsaktiven Frauen, welche Verhütungspillen nehmen und um die Gleichberechtigung kämpfen. Aber die Freunde leben in ihrem Tempo, in ihrem speziellen Milieu, das die eigenen Mitglieder aktiviert - und nahezu ohne das weltliche TV-Fenster in den Wohnräumen. Wenn eine Frau heiratet, beginnt sie eine umfassende Karriere als heimarbeitende Vielkinder-Mutter. Die kleinen Knirpse kommen am laufenden Band - gerne mindestens 10 davon.

Und während die Frauen für die Kinder sorgen, sorgen die Männer für die Einkünfte.

Verfolgung

Kjellaug Holm Andersen, Mutter von 13 Kindern von 2 bis 23 Jahren, sagt, sie sei sehr dankbar dafür, daß sie in der Bewegung geblieben ist und nicht deren Gegner wurde.

- Aber es ist klar, daß es in der Endzeit so sein muß. Verfolgung ist etwas, das zu unserer Ausbildung gehört, meint sie.

Bergens Tidende war mit vielen Informanten in Kontakt, welche sagen, daß den Leute in der Gemeinde der Kontakt mit solchen verboten wird, die die Gemeinde verlassen haben.

- Warum ist das so ?

- Die, welche uns verlassen haben, haben ein Bedürfnis, sich zu rechtfertigen, und sagen soetwas, meint Torleif Holm Andersen.

Anne-Helen Storli (21) ergreift das Wort und betont, daß die Erweckung für sie von sehr positiver Bedeutung war.

- Ich habe mehr Fürsorge für die erhalten, welche die Gemeinde verlassen haben. Ich habe für sie gebetet und habe sie ermahnt. Das ist für mich nicht natürlich, aber es ist Gott, der wirkt und mir Kraft gibt, sagt sie.

"Soweit das Gewissen reicht"

Die Brüder Vidar und Trygve Oskar Gjøsund haben die Gemeinde verlassen. Sie behaupten, Jugendliche der Smiths Freunde seien zu Versammlungen anderer Gemeinden gegangen, um diese zu stören. Als BT einen der Jugendlichen bei den Smiths Freunden damit konfrontiert, daß er und andere Jugendliche dies getan haben sollen, antwortet er "das geht dich nichts an".

- Aber gehört es nicht zu deiner Lebensanschauung, ehrlich zu sein ?

- Wir sind ehrlich, soweit das Gewissen reicht. Unser Ziel war es niemals, etwas zu zerstören, sagt der Jugendliche, der betont: - Das Gute sollst du in Fels hauen, aber das Böse sollst du nicht einmal in den Schnee schreiben.

Johan Holm Andersen, Pressesprecher bei den Smiths Freunden, meint, daß das, was geschehen sei, nicht ernst war.

- Wir haben inzwischen unsere Jugendlichen ermahnt, daß sie, wenn sie zu anderen Versammlungen gehen, es als ihre Aufgabe sehen müssen, gute Botschafter für die Gemeinde zu sein und nicht so aufzutreten, daß es Anstoß erweckt.

Schließen nicht aus

Davon, daß die Mitglieder der Gemeinde Vidar Gjøsund damit bedroht haben sollen, seine Familie zu zerstören, distanzieren sie sich jedoch.

- Wir kennen soetwas überhaupt nicht, sagt Torleif Holm Andersen. Gemeinsam mit einer Gruppe von Männern, Frauen und Jugendlichen trifft BT ihn im Versammlungshaus in Olsvik.

Er schließt jedoch aus, daß Leute, die zur Gemeinde gehören, angerufen haben könnten, aber betont:

- Wenn wir erfahren, daß jemand aus der Gemeinde dies getan hätte, würden wir das als eine sehr ernste Sache betrachten. Wir legen gerade auf das Gegenteil wert - wir sollen unsere Feinde lieben, sagt er.

Auch Gemeindemitglieder sollen Telefondrohungen ausgesetzt worden sein, daß die Gemeinde fertiggemacht würde.

- Das ist ungeheuerlich, aber wir werden nicht untersuchen, wer da dahintersteckt, sagt Johan Holm Andersen.

Text: Monica Haugstad Foto: David Kinsella

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Bergend Tidende - Freitag, 18. Juni 1993 - Hintergrund - Seite 34

Fühlen sich bedroht

Vidar und Trygve Oskar Gjøsund aus Bergen waren unter den anonymen Informanten, als Bergens Tidende im Mai die Mordaufforderung vom Rednerpult bei den Smiths Freunden enthüllte.

Die BT-Reportage hat viel Diskussion bei den Smiths Freunden verursacht, und Vidar Gjøsund berichtet, daß ihm gedroht wurde, seine Familie werde zerstört werden, falls er der Informant von BT war. Er fürchtet nun um seinen drei Jahre alten Sohn.

Die beiden Gjøsund-Brüder , welche beide die Gemeinde verlassen haben, betonen, daß sie ursprünglich keine Aufmerksamkeit bezüglich ihrer selbst wünschten. Sie haben mehrere ihre Geschwister - zusammen sind sie 13 - bei den Smiths Freunden in verschiedenen Teilen des Landes.

Sie lassen sich jedoch nicht bedrohen, zu schweigen, und geben sich nun zu erkennen, um die Bürde von Aage Riksfjord zu erleichtern, der sich mit vollem Namen und Bild in BT zu erkennen gab.

"Satans Mitarbeiter"

- Ich habe mehrere Drohanrufe erhalten. sagt Riksfjord. - Unter anderem gab es jemand, der mich "Satans Mitarbeiter" nannte und sagte, "nun werden wir in deiner Vergangenheit graben, um Dinge zu finden, mit denen wir dich fassen können. Und wenn nicht, dann werden wir etwas fabrizieren".

Vidar Gjøsund erzählt auch von mehreren Telefonanrufen, unter anderem:

- Zwei Tage nach dem 17. Mai rief ein Mann an und sagte, er habe gesehen, wie die Abschreiberei auf die Kinder in der Gemeinde, unter anderen seine eigenen Kinder, gewirkt habe. Er sagte, daß "ihr soviel zerstört habt, daß wir jetzt deine Familie zerstören werden".

Auch später soll er einen neuerlichen anonymen Anruf erhalten haben, daß er wissen solle, wie dumm er gewesen sei.

- Wir fürchten uns nicht vor Einzelpersonen aus der Gemeinde. Wenn sie aber beisammen sind und sich gegenseitig angefeuert haben, dann sind wir nicht sicher, was ihnen einfallen wird, sagen die beiden, die viele Jahre Erfahrung in der Gemeinde hinter sich haben, und berichten, daß Jugendliche aus den Smiths Freunden in die Versammlungen anderer Gemeinden gingen, um sie zu stören.

Zusammenbruch

- Wenn man in der Gemeinde eine Frage stellt, wird einem gesagt, daß man einen falschen Geist hat. Man erhält Bescheid, das zu befolgen, was die Brüder sagen, da man seinem Wegbegleiter folgen soll. Wenn man mit Aussteigern beisammen ist, wird einem direkter Kontakt verboten, man wird "hinausgefroren". Ich weiß, daß Leute als Folge davon zusammengebrochen sind. Die Situation ist ganz verzweifelt; versucht man etwas zu sagen, wird man nur heruntergemacht, sagt Trygve Gjøsund.

- Etwas, was die Smiths Freunde kennzeichnet, ist, daß die Leute dort für alles eine Erklärung haben und nie auch nur das Geringste zugeben, sagen die beiden.

(Bildtexte:)

Kampflied. "Halleluja! Es ist Freude, die Schande des Kreuzes zu tragen. Wir werden hier unten verachtet.

Nun leiden wir mit dem Gotteslamm". So leiten die Smiths Freunde ihre Gemeindeversammlung ein.

Was sagt die Bibel ? Svein Johnsen bestreitet, daß die Gemeinde die Ehescheidung fördert, wie mehrere BT-Informanten behauptet haben. Er blättert in der Gebrauchsanweisung und meint, falls dies an anderen Orten des Landes geschehen sein sollte, so jedenfalls nicht in Bergen.

Übersetzung: Friedrich Griess