VG (Verdens Gang), Mittwoch 21: Juli 1999. Seite 10:

Ehemaliges Sektenmitglied der Unzucht beschuldigt

von Morten Ø. Karlsen

Ein ehemaliges Mitglied der Smiths Freunde, beschuldigt wegen Unzucht mit mehreren seiner minderjährigen Töchter, wurde für vier Wochen in Untersuchungshaft genommen. Der 46-Jährige soll gegenüber der Polizei Geständnisse gemacht haben.

"Für Männer spielt es keine so große Rolle, was sie tun, sie stehen ohnehin zuoberst in der Rangordnung".

Dies soll dem ehemaligen Sektenmitglied vor Augen gestanden haben, als die Übergriffe stattfanden.

- Mein Klient hat gestanden, daß er seinen Töchtern gegenüber Dinge getan hat, die er heute zutiefst bedauert, sagt der Anwalt des 46-Jährigen, Bjørn Bydal, zu VG.

Die Beschuldigung gegen den 46-Jährigen, der sich früher gegen die Sekte kritisch geäußert hat, betrifft auch Beischlaf.

Verließ die Sekte

Bydal zufolge sollen die Übergriffe gegen die Töchter im Laufe einiger Jahre erfolgt sein. Der Mißbrauch soll jedoch geendet haben, als der Mann sich 1990/91 entschloß, die Sekte zu verlassen.

- Der Mann rechnete mit sich selbst ab, als er die Sekte verließ, sagt Bydal.

- Der Mann sagt, daß das Milieu und der Einfluß der Sekte auf seine eigenen Grenzen eingewirkt haben können. Er hatte dahingehend Gedanken, es spiele für ihn keine so große Rolle, was er getan habe, er sei ohnehin zuoberst in der Rangordnung, sagt Bydal.

Eine Grundanschauung bei den Smiths Freunden sei, daß der Mann eben ein Mann und daher fehlerfrei sei.

In der Zeit, nachdem der Mann die Sekte verlassen hatte, soll er mehrere Kinder bekommen haben.

- Mit Rücksicht auf diese Kinder, die nun in die Schule gehen, und auf die Mutter der Familie wünschen wir, daß die Identifizierung der Familie so weit wie möglich verhindert wird, sagt Bydal.

Waren von daheim ausgezogen

Der Anwalt erklärt ferner, daß die Töchter, welche die Anzeige erstattet haben, von daheim ausgezogen sind.

- Sie sind nun in einem Alter, in dem es nicht normal ist, daß sie daheim wohnen, sagt Bydal.

Bydal möchte nicht darauf eingehen, warum die Anzeige gegen den Vater so spät nach dem Stattfinden der Übergriffe erfolgt.

- Das ist etwas, was die weitere Nachforschung zeigen wird.

Die Polizeikammer von Fjordane, welche die Nachforschung durchführt,. ist in ihren Kommentaren sehr knapp.

- Das einzige, was ich sagen kann, ist, daß wir Nachforschungen in einer Sittlichkeitsangelegenheit durchführen, sagt Polizeiadjutant Knut Broberg zu VG.

Der Verteidiger des 46-Jährigen sagt zu VG, sein Klient sei froh darüber, daß die Angelegenheit endlich zur Sprache kam.

- Distanzieren sich

- Wir wurden neulich über die Übergriffe informiert, aber es ist unerhört, daß man versucht, uns die Schuld dafür zu geben. Wer uns kennt, wird sich weigern, an den Zusammenhang zu glauben, auf den er hinweist. Der führt sich durch seine eigene Unsinnigkeit ad absurdum.

Dies sagt der Pressesprecher der Smiths Freunde, Svein Kronstad, zu VG.

- Wie alle anderen distanzieren wir uns ausdrücklich von solchen Dingen, sagt Kronstad, der über die Beschuldigung aufgebracht ist, die der 46-Jährige vorbringt, und er meint, die ganze Angelegenheit sei schrecklich traurig.

Smiths Freunde

Die Freigemeinde wurde um die Jahrhundertwende von Johan Oskar Smith aus Horten gegründet. Die Gemeinde hat etwa 35.000 Anhänger, die in mehr als 60 Ländern verbreitet sind. Es gibt keine Mitgliederlisten, aber 1996 wohnten 8000 von ihnen in Norwegen. Das Hauptgewicht liegt im Østland.

Außerhalb von Tønsberg liegt der Versammlungsort Brunstad, eine riesige Liegenschaft, deren Wert auf über 100 Millionen Kronen geschätzt wird. Hier treffen sich die Smiths Freunde mehrmals im Jahr zum Gebet und zum Zusammensein. Im Sommer versammeln sich hier mehrere tausend Menschen. Die Gemeinde legt die Bibel wörtlich aus. Verhütung wird abgelehnt und kinderreiche Familien sind häufig. Die Freunde lehnen das Zusammenleben Unverheirateter ab, ebenso Homosexualität. Ehescheidung kommt fast nicht vor. Das selbe gilt auch für Fernsehapparate, von denen man meint, sie hätten auf die Kinder schlechten Einfluß.

VG, Freitag 23. Juli 1999::

Die Smiths Freunde fühlen sich angeschwärzt

- Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei den Smiths Freunden sind über die Beschuldigungen, die ein ehemaliges Mitglied gegen sie vorgebracht hat, frustriert und entsetzt.

Dies sagt der Pressesprecher Svein Kronstad zu VG. Er weist auf den 46-Jährigen hin, der beschuldigt wird, mit mehreren seiner Töchter unzüchtigen Umgang gehabt zu haben.

Durch seinen Anwalt soll der 46-Jährige, der schon früher wegen beleidigender Beschuldigungen eines Leiters der Gemeinde verurteilt wurde, unter anderem auf die Sekte hingewiesen haben, da er folgenden Gedanken vor Augen hatte, als er die Übergiffe beging:

"Für Männer spielt es keine so große Rolle, was man getan hat, sie stehen ohnehin zuoberst in der Rangordnung"

- Das ist recht und schlecht Unsinn. Unsere Lehre vertritt das genaue Gegenteil von Machtposition und Unfehlbarkeit. Jeder Vater und jeder andere Erziehungsberechtigte hat eine bedeutende und selbständige Verantwortung und sollte die grundlegenden Werte für gute und sichere Aufwachsbedingungen garantieren. Etwas anderes zu glauben oder anzunehmen muß auf Unwissenheit über die Smiths Freunde und über unsere Arbeit beruhen, sagt der Pressesprecher Svein Kronstad zu VG.


Kommentar des Übersetzers:

Die Entrüstung von Pressesprecher Svein Kronstad ist verständlich. Unbestritten ist jedoch die bei den Smiths Freunden geforderte Unterordnung der Frau, die in letzter Konsequenz zur Einstellung führen kann, der Mann als "Krone der Schöpfung" könne sich alles erlauben.

In "Das Gesetz gegen die Begrenzung der Kinderzahl" schreibt Elias Aslaksen:

Indem man sich weigert, seine Schuldigkeit auf natürliche Weise zu tun, verursacht man das Elend des Elends. Das Leid und die Mühe und den Verlust, den man sich klug zu ersparen glaubt, indem man Kindergeburten vermeidet, die wird Gottes rächende Gerechtigkeit mit Sicherheit auf andere Weise in das Leben des Betreffenden hineinbringen. Wer sich Gottes Willen entzieht, ist dumm. - Mehr als eine Gattin hat auf diese Weise den Fall, die Verzweiflung und den Abfall ihres Mannes verursacht, und hat sich so auch selbst schon hier auf Erden eine Hölle geschaffen.

Es ist nicht schwer, aus diesem Text herauszulesen, daß die Frau dazu da ist, die Wünsche des Mannes zu erfüllen.

Johan Velten schreibt in seinen "Erinnerungen und Reflexionen":

"Aber in der Gemeinde gibt es ja unter anderem auch Inzest, und noch dazu gibt es hervorragende Leiterfiguren, die jahrelang von Inzestfällen in ihrer eigenen Familie wußten, ohne etwas zu tun ! Die Begründung, warum nichts unternommen wurde, war unter anderem, daß es dem guten Namen und Ruf der Familie schaden würde (!!!). (Und die Kinder, denen unheilbarer psychischer Schaden zugefügt wurde, sind ja trotz allem nur Mädchen ! - Außerdem stellen diese kleinen Geschöpfe für mich so eine teuflische Versuchung dar. Eigentlich sind wohl sie die Schuldigen, auf jeden Fall sind sie mitschuldig.)"

Kari Oord sagte in Ihrer Ansprache in Tønsberg am 16. 8. 1997:

"Es gab niemanden, der die Frauen gegen Übergriffe in der Gemeinde beschützt hätte. Menschen mit psychopathischen Zügen, böse Menschen, konnten sich frei austoben. Es gab wenige Frauen, die den Mut hatten, hervorzutreten und etwas Schlechtes und Negatives über ihren Mann zu sagen. Ich habe da eine Menge Dinge, die für mich im Laufe der Jahre zuviel wurden. Ich hatte Kontakt mit Jugendlichen, die früher ausgetreten waren, und die kamen und vertrauten sich mir an, und ich habe Verschwiegenheit versprochen, und die halte ich. Aber einige Jahre, bevor ich selbst ausstieg, dachte ich, ich habe da so viel, das muß ich den Brüdern sagen, es waren ja da ein paar Brüder, zu denen ich als Seelsorger und Hirten noch Zutrauen hatte. Und da schrieb ich einiges auf und gab es einem Bruder und sagte, ich könnte ja auch mit ihm darüber sprechen. Da schrieb ich über Jugendliche in der Gemeinde, Übergriffe, Inzest, falsche Lehre in der Verkündigung, die dazu führte, daß die Jugendlichen den Glauben verloren; die hatten nicht erlebt, daß Jesus Christus mit der Vergebung der Sünden und mit Liebe zu uns kam und uns ein gutes Angebot machte, nein, es waren Verurteilung, Züchtigung, Abstrafung und Drohungen. Also, ich mußte darüber schreiben und lieferte es einmal nach Weihnachten ab. Ich kann es jetzt nicht durchlesen, es ist ein ziemlich dickes Paket. Und dann kam ich zum Ostertreffen nach Brunstad, und da wurden ich und mein Mann in ein Büro vorgeladen, und da saßen diese zwei Brüder, und einer von ihnen führte das Wort. Damals waren wir noch in der Gemeinde. Das war eine verbale Steinigung, so schrecklich war das, daß ich darum kämpfte, die Tränen zurückzuhalten. Das war so schrecklich, daß ich beschuldigt wurde, in Opposition zu den Brüdern zu stehen und zu glauben, ich wisse mehr als sie. Ja, was bildete ich mir als Schwester ein ? Wollte ich vielleicht etwas über die Lehre sagen oder darüber, was an der Basis vor sich ging ? Das wüßten die beiden doch viel besser als ich. Also, das war fürchterlich. Nach zwei Stunden fragte ich, ob ich mein Manuskript zurückbekommen könnte. Nannte ich denn das ein Manuskript ? Ja, wollte denn Kari Oord ein Buch herausgeben? Undenkbar!

Es sei auch auf den Artikel in Hjemmet 18/1999, Ich wurde im Namen Gottes mißbraucht, verwiesen.

Einige Bemerkungen zum Abschnitt "Smiths Freunde":

Die Sekte suchte Ende 1996 um staatliche Unterstützung an und mußte dazu natürlich die Zahl der Mitglieder nachweisen. Nach einem Bericht von Tønsbergs Blad waren es damals 5074. Das Hauptgewicht dürfte in Grenland (Skien, Porsgrunn, Brevik) liegen.

Ehescheidungen werden mitunter sogar gefördert, wenn nur ein Partner den "Smiths Freunden" angehört.

Der Bann für Fernsehapparate wurde in letzter Zeit gelockert, siehe "Smiths Freunde - ideologische Änderungen".

Friedrich Griess