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16.1.2005 10:10:21

Die eigentliche Ursache von Vaters Ausschließung (die sie in der Praxis war) liegt, glaube ich, nicht in Lehrfragen oder ausgeführten Handlungen. Sie ist bei Sigurd Bratlie zu finden. Will man die Antwort darauf und auf anderer Fragen, sowohl davor als auch danach, finden, dann muß man in der Persönlichkeit dieses Mannes suchen. Lehrfragen waren nur ein Vorwand und ein Brecheisen. Kåres Machtkampf war von untergeordneter Bedeutung. Ich glaube, man muß das Augenmerk auf einen altersschwachen Sigurd Bratlie mit uneingeschränkter Macht richten.

Vater war anders als viele andere, und das verstand er. Aber dazu hatte er ein entspanntes Verhältnis. Wir WAREN verschieden und legten Wert auf verschiedene Seiten des Evangeliums. Das war ja ein Teil des Zwecks. So sollte ja der Leib Christi fungieren. Außerdem war das nichts Neues. So hatte es ja viele Jahre fungiert.

Vater war kein Theoretiker. Theologische Erklärungen über "Christus geoffenbart im Fleisch" und Ähnliches waren nicht seine starken Seiten, und davon hielt er sich klug fern. Außerdem hatte er erfahren, daß man das auswendig lernen konnte, ohne daß es auf das sichtbare Leben besonderen Einfluß hatte

Vater war in erster Linie ein Prediger und Gesprächspartner und war bezüglich seiner Verkündigertätigkeit ziemlich pragmatisch. Er verstand die Bedürfnisse der Leute und verkündigte dementsprechend. Dies erzeugte enormen Widerhall und die Nachfrage in der ganzen Welt war groß. In Brunstad profilierte er sich jedoch wenig.

Ich möchte einige Punkte erwähnen, auf die Vater Wert legte und die seiner Meinung nach ein Teil der Kernbotschaft der Gemeinde waren:

Christus ist das Haupt. Dies soll für alle eine persönliche Verbindung sein. Man muß leben und wirken bezüglich dessen, was man in seinem Herzen fühlt. DORT wirkt Gott. Man soll niemanden nachahmen, nicht einmal die Ältestenbrüder.

Man kann die Ältestenbrüder nicht um alles zwischen Himmel und Erde fragen, seien es nun persönliche Umstände oder der Bau von Lokalen. Man muß danach streben, eine Persönlichkeit mit innerer Sicherheit zu werden, welche die Antworten selbst findet. Gerade das wollen die Brüder! Darauf wies er immer wieder hin. Im Nachhinein ist es wohl leicht zu behaupten, das sei etwas naiv gewesen.

Nun zum Liederbuch "Gledesbudet" ["Freudenbote"] , das ich etwas anders als du (und Kåre Smith) beschreiben möchte.

"Geschriebene Lieder" waren damals ein Teil der Smiths Freunde. Bei Erweckungstreffen, Jugendversammlungen usw. war dies ein Teil der Auferbauung. Etwa 1976 veranstalteten Drøbak und Sarpsborg eine Bustour nach Stavanger. Zu dieser Gelegenheit wurde ein kleines Heft mit solchen Liedern verfaßt. Die Wirkung war ziemlich durchschlagend. Es wurde recht und schlecht eine Gesangs- und Erweckungstour. Ich war damals 16 und war nur einer von denen, die auf dieser Tour klare Standpunkte bezogen. Die Wirkung setzte sich auch nach der Bustour fort. Das Liederheft wurde ein Sammlungs-und Aktivierungspunkt für Jugendliche, die ansonsten ziemlich wenig Interesse gezeigt hatten.

Aber die Welt ist vergänglich, und besonders selbst hergestellte Liederhefte. Sie wurden abgenützt und es wurde beschlossen, neue zu machen. Und nun brachten einige Leute Lieder, die sie mit hinein haben wollten, und in der einen oder anderen Form kamen Vertreter aus Oslo und wollten mit dabei sein. Außerdem wollte man die Ausgestaltung solider machen. Und nach einer Weile war das Liederbuch ein Faktum.

Mein Bruder Johnny verwaltete das Projekt. Vater hatte keine mehr hervortretende Rolle als andere Beitragslieferanten, von denen er viele gab. Außerdem war er damals nicht Gemeindeleiter von Drøbak. Zu sagen, Vater habe das Liederbuch gemacht, ist falsch.

Das Liederbuch wurde ein Knallerfolg. Fast erschreckend. Leute kamen aus der ganzen Welt und baten schön darum, ein Exemplar zu bekommen. Und wenn auch geplant war, ein Reservelager zu haben, das für eine überschaubare Zeit reichen sollte, so wurde es rasch leer. Es gab viel Lob. So etwas benötigten wir wirklich, meinten die allermeisten.

Jedoch nicht Bratlie. Aber das wissen wir.

Die Herausgabe des Freudenboten hat nichts mit Bratlies Tour nach Bagdad zu tun. Das ist ein Zusammenhang, den die Leitung in späterer Zeit hergestellt hat.

Mein Vater und die übrigen damit Befaßten glaubten tatsächlich, dies sei eine Initiative gewesen, die innerhalb der "großen Freiheit" in der Gemeinde etwas Gutes sei.

Eine Pointe ist auch, daß das Buch nur bekannte Lieder enthielt, die bereits ihren Platz in der Gemeinde hatten.

Nun bin ich in geringem Maß Theologe und kann in diesem Zusammenhang nur eine wenig ganzherzige Würdigung abgeben. Aber ich fühle, daß du, Alf [Gjøsund, d. Übers.], dich in etwas zu großem Maß auf Bratlie beziehst, wenn du die Lehre der Smiths Freunde beschreiben sollst. Meiner Meinung nach trug Bratlie in großem Maß dazu bei, die Botschaft einzuengen. Die Verkündigung der Smiths Freunde war von Beginn an vielschichtiger. Meine dezidiert größte Inspirationsquelle war "Das Gebet" von Madame Guion. Dieses Buch hatte in der Frühzeit der Smiths Freunde einen zentralen Platz. In "Skjulte Skatter" ["Verborgene Schätze"] vom Juli 1912 steht Folgendes zu lesen:

"Wir wollen allen empfehlen, das Buch 'Das Gebet' von Madame Guion anzuschaffen, da es eine klare Anleitung zu einem tieferen geistigen Leben darstellt."

Das Buch wurde in 14 verschiedenen Ausgaben der "Skjulte Skatter" empfohlen. Heute ist wohl das Buch und seine Verfasserin bei den Smiths Freunden längst vergessen.

Außerdem wurde Madame Guion in "Skjulte Skatter" von 1912 an 77 mal namentlich zitiert. Ich glaube, der Tod von J. O. Smith bedeutete auch das Ende dieser Zitate.

Außerdem ließ ich mich von J. O. Smith inspirieren. Ein Beispiel ist sein Brief an seinen Bruder Aksel vom 12.12.1905. Zitat:

"Aber durch vollkommene Selbstaufgabe, und dadurch, daß man Gott in sich dem Wollen und dem Tun gemäß wirken läßt, geschieht Gottes Wille ... ... soll etwas getan werden, so soll Gott es selbst bewirken und selbst die Kraft geben."

Weiter schreibt er über sich selbst, er habe "zu Gott gesagt, es sei mir nicht möglich,ein Christ zu sein. Und daran halte ich bis zum heutigen Tage fest."

"Das Gebet" ist eine Anleitung zum "inneren Leben". Es beschreibt eine stille und vertrauensvolle Hingabe an eine innere positiv treibende Kraft.

Heute fasse ich das Buch als eine Anleitung zur Meditation auf. Ich praktiziere täglich seine Botschaft.

Ich muß präzisieren, daß "Das Gebet" mich betrifft und nicht meinen Vater. Unsere Gewichtung war wohl ziemlich verschieden.

Freundliche Grüße
Magne Kristiansen

Geändert von Magne Kr. am 16.1.2005 10:19:51