Alfred Kirchmayr / Dietmar Scharmitzer

OPUS DEI  - Das Irrenhaus Gottes?

Edition VA BENE , 2008

 

Der erste Teil von Alfred Kirchmayr, Theologe und Psychotherapeut und seinerzeit Assistent des Konzilstheologen Ferdinand Klostermann, beruht hauptsächlich auf Zitaten aus  Insidern bereits bestens bekannten kritischen Quellen (Balthasar, Feinig, Hertel, Hutchison, Ropero, Steigleder, Tapia und anderen), bringt also inhaltlich nicht viel Neues, allerdings beleuchtet aus der doppelten fachlichen Sicht des Verfassers. Neu für mich war, dass Escrivá Papst Johannes XXIII. verächtlich einen „Bauern mit Körpergeruch“ genannt und das 2. Vaticanum als „Konzil des Teufels“ bezeichnet haben soll; hier wären genaue Quellen zu nennen. Die Schlussfolgerungen des Autors entsprechen weitgehend den Forderungen von „Wir sind Kirche“ und der „Pfarrer-Initiative“ nach einer Kirchenreform, die auch ich teile.

 

Der zweite Teil, ein Gastkommentar des Herausgebers Walter Weiss, ist ein an den Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn gerichtetes wortklauberisches Geplänkel ob dessen durchaus kritikwürdiger Befassung mit der Kontroverse Evolutionismus – Kreativismus, wobei der Autor versucht, seine eigene keineswegs christliche Philosophie („Ewige Welt“) zu propagieren. Entbehrlich.

 

Der dritte Teil schließlich ist der erschütternde Bericht von Dietmar Scharmitzer über seine neunjährige Mitgliedschaft beim Werk. Mir als Sektenkenner fielen natürlich die vielen Parallelen zu gängigen Sekten auf: dass man erst nach dem Beitritt erfährt, welchen Schikanen man ausgesetzt ist, dass man sein Inneres völlig bloßstellen muss und diese Bloßstellung dann auch im Computer gespeichert wird; die Pflicht, Anweisungen des Leiters als „persönliche Entscheidung“ auszulegen; die maßlose Überheblichkeit gegenüber anderen, auch katholischen, glaubenden Menschen; die Ablehnung jeder Ökumene; die Ablehnung des biblischen Gleichgewichts zwischen Nächstenliebe und Selbstliebe; die vorgefertigten Antworten („Fertigteilwissen“); die Probleme mit der Sexualität (die allerdings die katholische „Mainline“-Kirche zum Teil auch hat); die Dreiheit Autoritätskomplex -  Reinheitskomplex – Männlichkeitskomplex; die Auffassung, dass der Zweck die Mittel heiligt; schließlich die pausenlosen Versuche, durch tatsächliche oder erfundene Empfehlungen von bekannten Persönlichkeiten Prestige zu gewinnen [1]. In vielen Dingen wird nicht nur der christlichen Moral, sondern auch dem katholischen Kirchenrecht direkt zuwider gehandelt. Es ist ein schweres Versäumnis der Kirchenleitung, gegen solche Zustände nichts zu unternehmen.

 

Zu vermeiden wäre der Fehler gewesen, auf Seite 208 den Namen des emeritierten Salzburger Erzbischofs mit „Gernot Eder“ (richtig natürlich: Georg Eder) anzugeben.

 

Interessant ist, was Dietmar Scharmitzer über den bereits beginnenden Verfall des Opus, vor allem in seinem Ursprungsland Spanien, berichtet. Es ist also dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Angesichts der stagnierenden Mitgliederzahl von weniger als 0,1 Promille der Katholiken sollte man den Einfluss des Opus wohl nicht überbewerten.

 

Friedrich Griess



[1] Über eine angebliche positive Einstellung von Kardinal König zum Opus habe ich in „Meine persönlichen Erinnerungen an Kardinal König“ berichtet.