Per Kornhall, Ausbrecher vom Wort des Lebens

Brach nach 17 Jahren aus - und wurde frei

- In einzelnen Fächern gibt es Bereiche, die direkt unter dem Durchschnitt sind. In meinem Fach - der Biologie - trifft dies z.B. zu für die Kenntnisse über die Evolution, Kenntnisse über das Alter der Erde und Kenntnisse darüber, wie die Arten miteinander verwandt sind. Das sind Kenntnisse, die heute jeder Biologe hat, die aber in einer Schule wie der vom Wort des Lebens vollständig fehlen, wo man meint, das Erste Buch Mose sei eine tatsächliche Beschreibung der Entwicklung der Welt, sagte Per Kornhall, der nach 17 Jahren aus dem Lehrerjob ausbrach.

Ich bin Botaniker, ich forsche an Blumen. Ich bin mit anderen Worten kein Experte der Psychiatrie oder Kinderpsychologie. Ich bin auch ausgebildeter Lehrer: Aber der Grund dafür, daß ich hier bin, ist der, daß ich 17 Jahre lang Lehrer an der Schule des Wort des Lebens war. Ich verließ die Schule des Wort des Lebens heuer im Februar (2001). Danach habe ich in verschiedenen Zusammenhängen über meine Erlebnisse erzählt. Ich möchte, daß sowohl jene, die noch in der Schule des Wort des Lebens sind, als auch die Menschen außerhalb sehen sollen, daß es jemanden gibt, der zu erzählen wagt, was geschieht. Es gibt so viele, die nicht darüber zu reden wagen

17 Jahre - und nun frei

Ich war 17 Jahre im Wort des Lebens. "17 Jahre - und nun frei", sage ich gerne.

In der letzten Zeit erschien es mir, daß es immer merkwürdiger wurde. Alle um mich herum dachten dasselbe, meinten dasselbe, sagten dasselbe. Alle sagten: Das ist so phantastisch. Gleichzeitig wurden einige hinausgedrängt, weil sie sich gegen den Befehl des Pastors verheirateten. Einige von ihnen waren meine Freunde, aber ich durfte nicht zu ihrer Hochzeit kommen, ich durfte keinen Kontakt zu ihnen haben. Ein Gefühl der Unzufriedenheit wuchs in mir.

Es kam zu einem Punkt, an dem ich beschloß, dies würde ich nicht gutheißen. Ich beschloß, die Organisation zu verlassen. Erst da wagte ich zu lesen, was andere Aussteiger geschrieben hatten.

Sich gegen eine Organisation wie das Wort des Lebens aufzulehnen, fordert seinen Preis. Leute kamen zu mir und sagten, ich sei ein Lügner; Leute riefen mich an und sagten, ich sei von Dämonen besessen, ich hätte mich Todsünden schuldig gemacht, ich sei von Neid und Haß getrieben usw. usw. Man hat eine sehr starke Kontrolle eingesetzt. Oder einen Versuch der Kontrolle. Auch in meiner nächsten Umgebung traf ich auf Widerstand: Meine Frau wollte die Kinder vor mir "beschützen", und die Kinder glaubten, ich sei das Werkzeug des Teufels, um sie vom rechten Glauben abzubringen.

Die unchristliche Evolutionslehre

In einigen Bereichen funktioniert die Schule, an der ich arbeitete - das Gymnasium des Wort des Lebens - sehr gut. Die Schüler erhalten in Mathematik, Schwedisch usw. guten Unterricht. Ganz bewußt setzt man auf eine altmodische Büffelschule. Man stellt an die Schüler hohe Anforderungen. In einigen Fächern sind die Ergebnisse sehr gut. Vielleicht geschieht dies auf Kosten der Freizeit der Kinder, denn sie müssen so viele Aufgaben machen.

Aber in einigen Fächern gibt es Bereiche, die direkt unter dem Durchschnitt sind. In meinem Fach - Biologie - gilt dies z.B. für die Kenntnisse über Evolution, das Alter der Erde und darüber, wie die Arten miteinander verwandt sind. Dies sind Kenntnisse, die heute jeder Biologe hat, die aber in einer Schule wie der des Wort des Lebens vollständig fehlen, wo man meint, das erste Buch Mose sei eine tatsächliche Beschreibung der Entwicklung der Welt.

Der Sexualunterricht ist an dieser Schule auch sehr mangelhaft. Die Jugendlichen sollen ja kein Sexualleben haben, bevor sie heiraten. Warum sollen sie dann Sexualunterricht bekommen?

Zeitweise hat man diese Seiten in den Büchern überklebt. Da tut man jetzt nicht mehr. Nun ist man sich viel mehr dessen bewußt, was die Gesellschaft fordert. Dennoch können Schüler, mit denen man spricht, sagen, daß sei keinen Sexualunterricht hatten. Die Schulleute sagen, sie hätten einen sehr guten Sexualunterricht erhalten.

An der Schule gibt es außerdem eine Personenverehrung, die dazu beitrug, daß ich verstand, daß ich aufhören mußte. Ich erinnere mich z.B. an den Tag, an dem "Pastor Ulf" - Ulf Ekman - 50 Jahre alt wurde. Die ganze Schule stellte sich auf und sah ihn mit dem Hubschrauber landen. Am gleichen Tag sang man Loblieder auf ihn. Die ganze Feier war wie ein Geheul, das mir widerstrebte.

Die Religion wird als Gehorsamsreligion verstanden, wo im Material für den Religionsunterricht betont wird, daß man den Eltern, den Lehrern und anderen Vorgesetzten gehorchen muß. Tut man es nicht so, wie es einem gesagt wird, dann wird man bedroht, vom Segen ausgeschlossen zu werden.

Die Kinderversammlungen sind Pflicht - mit Zungenreden. Vorne steht einer und spricht in Zungen und hebt seine Hände, und 14-15-jährige Schüler tun dasselbe. Von Freiwilligkeit ist überhaupt keine Rede. So sollen sie sich einfach benehmen!

Wenn Schüler zu mir kamen, behaupteten sie mit Bestimmtheit, sie hätten gelernt, alles, was mit Evolution zu tun habe, sei falsch. Sie glaubten, wenn Wissenschaftler über Evolution sprächen, so täten sie dies, weil sie entweder dumm oder weil sie Antichristen seien. Sie glaubten, es sei nicht christlich, an Evolution zu glauben. Sie meinten, solche Gedanken seien sündig und schlecht. Ich mußte viel Zeit darauf aufwenden, um zu erklären, warum Wissenschaftler überhaupt über Evolution sprächen. Ich mußte ihnen erklären, daß, wenn die Abteilung, in der ich in Uppsala arbeitete, Evolutionsbiologisches Zentrum hieß, dies deshalb war, weil das ein so wichtiges Gebiet sei. Ich mußte darauf viel mehr Zeit aufwenden als meine Kollegen in anderen Schulen. Stunde für Stunde versuchten ich zu erklären, was hinter der Evolutionslehre steckt. Ich sagte, gleichgültig was ihr glaubt oder meint, müssen wir auf jeden Fall erkennen, daß diese Wissenschaftler nicht dumm sind.

In den letzten Jahren war es eine Freude zu erleben, daß sie verstanden, daß man denken könne, daß man zugleich Christ sein und denken könne. Ich selbst bin weiterhin Christ.

Das Doppelspiel der Organisation

Die Organisation Freies Wort mit ihren Schulen betrachtet die Gesellschaft als eine äußere böse Kraft Aber sie treibt ein Doppelspiel.

Zur Presse, Uppsala Nya Tidning, sagte die Schuldirektorin des Wort des Lebens, Maj-Kristin Svedlund, am 29. März 2001: "Der christlichen Glaube widerspricht nicht der Wissenschaft, ganz im Gegenteil. Der christliche Glaube setzt sich für die Wahrheit ein, und die Forschung geht ja darauf hinaus, die Wahrheit herauszufinden."

Zu den eigenen Leuten sagte sie Im Magazin vom 5. April 2001: "Es gibt gar keinen Zweifel daran, daß diese Theorien zutiefst säkularisiert und bisweilen rabiat antichristlich sind."

Bei eine Schulkonferenz sagte sie: Was ist ihre Lüge? Die Entwicklungslehre. Den Kindern wird diese Denkweise eingeimpft, so daß sie, wenn sie die Wahrheit hören, daß die Bibel wahr ist, und wenn sie das Wort Gottes hören, da sind sie so von Lügen imprägniert, daß Gott keinen Platz mehr findet.

Mit anderen Worten: Eine Botschaft nach außen, eine andere nach innen.

Ich erwähne auch ein Zitat von der Homepage von Kirster Renard, der im Gymnasium des Wort des Lebens Physik unterrichtet: "So laßt uns Christen die Kanonen etwas umdrehen und beginnen wir auf den eigentlichen Grund des Atheismus zu schießen - die Evolution!"

Als Uppsala Nya Tidning die Schuldirektorin Maj-Kristin Svedlund zitierte, interviewte sie auch einige Schüler. Deren Aussage enthüllte viel davon, was sie gelernt hatten und welche Einstellungen ihnen anerzogen wurden:

"Es ist ganz komisch, daß erwachsene Männer dasitzen und versuchen, die Bibel zu widerlegen, um zu beweisen, daß wir mit den Affen verwandt sind", sagte einer der Schüler.

Abweichende Gedanken kommen vom Teufel

Das war also die Schule. Was ist nun mit der Organisation?

Die ist autoritär. Die absolute Autorität liegt bei Ulf Ekman. Sein Wort kommt von Gott. Die Organisation und ihre Mitglieder isolieren sich von der Umwelt. Jede Kritik wird unterdrückt. Hier gibt es keine Nuancen. Entweder du bist mit uns oder gegen uns, hier ist alles oder nichts. Die Kontrolle umfaßt auch die Gedanken der Kinder und Jugendlichen.

Zwei Zitate. Zuerst Pastor Ulf:

"Ich hörte von einem Mann, der sehr auf uns losging und dann starb. Ja, das geschah mehreren, einige davon sind ganz plötzlich gestorben Ja, das ist sicher. Einige, die gegen uns gepredigt haben, sind einfach gestorben. Das ist nicht lustig. Es ist besser, für Gott zu predigen, als gegen ihn, weißt du."

Schuldirektorin Maj-Kristin Svedlund:

"Es hat sich gezeigt, daß in den Menschen, welche die Gesellschaft leiten, ein völlig anderer Geist wohnt, und der Geist, der in den Schulwelten und bei den Behörden herrscht (...) Das ganze System ist so wesensverschieden von Gott und dem Heiligen Geist."

Der Sozialismus ist Ulf Ekman zufolge ein Dämon. Hier ein Zitat von 1988:

"Der Sozialismus ist keine Ideologie. Er ist eine Geistesmacht. (...) Er ist eine gottlose, atheistische, stolze und dominante Geistesmacht und ihr Einfluß muß in der Geisteswelt zerstört werden."

Die absoluten Forderungen, die das Wort des Leben stellt, führen dazu, daß Kinder und Jugendliche in ihrem Gewissen an bestimmte Auffassungen gebunden werden. Sie haben keine Erlaubnis, eigene Gedanken zu denken. Man bringt Kinder dazu zu glauben, daß sie, wenn sie anders denken, keine Christen seien! Das Ergebnis sind Kinder und Jugendliche, die nicht kritisch denken können, Kinder und Jugendliche, die überzeugt sind, daß "falsche" Gedanken vom Teufel kommen, Kinder und Jugendliche, die das Wesen der Demokratie nicht verstehen, Kinder und Jugendliche, die den Wert einer Diskussion nicht verstehen, Kinder und Jugendliche, die die Bedeutung des Meinungsaustausches nicht einsehen, Kinder und Jugendliche, die glauben, alles sei schwarz oder weiß.

Vergleiche das nun mit den Rechten der Kinder: Recht auf Information, Recht auf Religionsfreiheit, Recht auf dieselbe Ausbildung wie andere Kinder, Recht auf eigene Entscheidung.

Verbot oder nicht?

Sollen diese Schulen verboten werden?

Die Antwort ist das Ergebnis eines Balanceaktes zwischen den Rechten der Kinder und der Gefahr, daß die Organisation ausartet.

Vielleicht sollte man sie erlauben, aber so, daß sie unter dem Einfluß der Behörden stehen. Da werden sie gezwungen, die geltenden Regeln zu berücksichtigen. Da werden sie mehr und mehr normal. Das ist der positive Effekt. Der negative Effekt ist, daß sie die Kontrolle über die Kinder haben. Nun ist diese Schule einer der größten Grundschulen Uppsalas. Das wäre sie natürlich nicht, wenn die Restriktionen stärker wären.

Mit anderen Worten ein Balanceakt. Ich möchte nicht sagen, ob die Schule verboten werden soll oder nicht. Was ich sagen will, ist, daß die Gesellschaft und die Behörden sich darüber klar sein müssen, daß es Sekten gibt. Die Schulbehörden müssen so starke Instrumente haben, daß, wenn diese Schulen die Erlaubnis zum ihrem Betrieb erhalten, die Behörden die Kontrolle darüber haben müssen. Sie müssen mit den Schülern Tiefeninterviews durchführen können, sie müssen hingehen und kontrollieren können, ob die Schulen die Forderungen erfüllen, welche die Gesellschaft zu stellen das Recht hat.


Erkennen sich nicht wieder

Bei der Konferenz waren auch Eltern und Schüler von der Schule des Wort des Lebens in Uppsala. Sie standen auf und drückten aus, daß sie sich in der Beschreibung, die Per Kornhall gab, nicht wiedererkannten. Sie meinten, die Schüler würden dazu erzogen, selbständige Menschen zu werden, die selbst denken.