Akershus Amtstidende, Freitag 13. März 1998 - Leserbriefe

Breivold und die Smiths Freunde

Die Smiths Freunde erhielten den Zuschlag für Breivold. Nun ja. Aber was sind eigentlich die Smiths Freunde und was vertreten sie. Die Politiker in Ås sollten das doch eigentlich wissen.

Ich bin als Smiths Freund geboren und war ganzherziges Mitglied bis zum Alter von 30 Jahren. Ich befaßte mich gründlich mit der Lehre. So gründlich, daß ich den Ältestenbrüdern in die Quere kam und Gegenstand einer Hexenjagd wurde, die ich niemals vergessen werde.

Um die Jahrhundertwende erhielt Johan Oskar Smith von Gott eine Offenbarung über die rechte Lehre. Mit deren Hilfe errichtete er Gottes wahre Gemeinde auf Erden wieder, die seit der Zeit der Apostel darniedergelegen hatte. Die rechte Lehre schenkt Kenntnis davon, wie man seine eigene Natur verliert und statt dessen göttliche Natur erhält. Die, welche göttliche Natur erhalten haben, werden Mitglied der Braut. Wenn die Braut fertig gebildet ist, kommt Jesus wieder und holt sie heim. (Er kommt bald!) Und während die Braut in Seligkeit geistliche Hochzeit feiert, brechen die Plagen der Bosheit ernstlich über die Erde herein. Das Vorhandensein der Gemeinde hat sie in Schach gehalten, aber nun hat Satan freien Spielraum bekommen. Und dann, wenn die Unglücke und Plagen der Welt am größten sind, kommt der Friedensfürst. Auf weißen Pferden kommen er und seine Braut (die wahre Gemeinde) geritten und errichten das Tausendjährige Reich. Dort werden sie, die die rechte Lehre verstanden haben, die zu leiden bereit waren und der göttlichen Natur teilhaftig wurden, tausend Jahre lang herrschen.

Die Verkündigung ist von Propaganda geprägt und appelliert stark an die Gruppengefühle und an den Patriotismus. Die Gruppe (die Gemeinde) wird als das einzige Rechte in einem Meer von Bosheit dargestellt. Der Lobpreis der Gemeinde und der Ältestenbrüder ist sehr hervorstechend. Einzelpersonen (Aussteiger) oder Gruppen (andere Versammlungen) mit Gegenvorstellungen gegen die Smiths Freunde werden ziemlich primitivem Gespött ausgesetzt und es werden ihnen immer böse Motive unterschoben. Die Loyalität gegenüber der Gruppe und den Ältestenbrüdern ist enorm, und die Skepsis gegenüber allem und allen außerhalb ist entsprechend groß.

Auf der anderen Seite wird die Unzulänglichkeit des Individuums betont. Man wird zu Selbstprüfung und Demut ermahnt. Selbstvertrauen, Forwärtsstreben, seine Meinung Behaupten, um nicht zu sagen selbst Denken, solches sind Schimpfworte. In Konfliktsituationen wird darauf besonders stark hingewiesen.

Das Ergebnis ist ein weitverbreiteter Mangel an persönlicher Überzeugung und Sicherheit. Man findet Sicherheit in der Gruppe und bei den Ältestenbrüdern. Das Bild einer Schafherde ist naheliegend. Man trottet mit und hütet sich, allzuviel zu beurteilen.

Übrigens ist der durchschnittliche Smiths Freund wohlmeinend und strebt danach, einen guten Eindruck zu machen. Die Meinung der Umgebung über die Gruppe ist wichtig. Positive Beurteilung wird mit kindlicher Freude aufgenommen und es wird ihr immer geglaubt. Negative Beurteilung bestätigt, daß man, gerade so wie Jesus, verfolgt wird. Ihr wird niemals geglaubt.

Die Führerschaft ist rund um einen Ältesten versammelt, er und seine nächsten Helfern werden als Ältestenbrüder bezeichnet. Dieser Älteste ist von Gott eingesetzt und hat gleichzeitig die gesetzgebende, ausübende und richterliche Gewalt. Demokratische Wahl in der Gemeinde Gottes ist verpönt. Denn, wie Sigurd Bratlie schreibt, die Mehrzahl ist niemals gottesfürchtig.

Dieser Älteste prägt die Versammlung ziemlich total. Das Ende der Achtzigerjahre war von einem alternden Sigurd Bratlie mit zunehmender Paranoia und starkem Sinn für Machtausübung geprägt. Mehrere hervorragende Brüder wurden aus dem Weg geräumt. Einer von diesen war mein Vater, Ole Kristiansen. Er hatte sein ganzes Leben der Tätigkeit und den "Freunden" gewidmet und wurde sowohl als örtlicher Leiter als auch als reisender Evangelist geachtet und geliebt. Aber da meinte Bratlie, er habe umstürzlerische Absichten. Eine Flut von Gerüchten und Beschuldigungen führte zur Absetzung und später zum Redeverbot und zum Ausschluß. Daß Vater nicht einen Hauch der Beschuldigungen verstand, beweist nur, daß er im Dunklen stand. Auf Unwahrheiten und Mangel an Zusammenhang hinzuweisen war eine ungeheure Aufsässigkeit. Bratlie konnte sich nicht irren! Dies wurde eine gereizte Atmosphäre von Hetze und Furcht, welche aufreibende und schmerzliche Szenen erzeugte, die Familien spalteten und Freundschaften zerstörten. Vater ging in seinen Zugeständnissen sehr weit, um den Konflikt zu lösen. Aber es nützte nichts. Es sollte keinen Weg zurück geben.

Das Ganze war ein primitives, zynisches Machtspiel und wurde eine Demonstration des vollständigen Mangels der Führerschaft an ethischen Richtlinien und Achtung vor der Menschenwürde. Der durchschnittliche Smiths Freund gab der Untat seine Zustimmung. Große Worte um Bruderschaft und Freundschaft waren wertlos. Ein weiteres Beispiel blutigen Unrechts fügt sich in die Geschichte der Versammlung ein.

Die Aufmerksamkeit der Medien in den Neunzigerjahren und der Führungswechsel führten dazu, daß eine Anzahl äußerlicher Besonderheiten entfernt wurden. Dieser positive Trend dürfte sich jedoch nicht auf fundamentale Fragen wie Leitungssystem und Respekt vor dem Einzelindividuum erstreckt haben. Und man hat auf keine Weise bezüglich früherer Übergriffe Zugeständnisse gemacht.

So haben sie also den Zuschlag für Breivold bekommen und sollen dort nach außen gerichtete humanitäre Tätigkeiten ausüben. Dafür haben sie keine Tradition. Die zahlreichen Unternehmungen liefen immer nach den Bedingungen der Sekte und Offenheit hatte daher wenig praktischen Wert.

Mit meinem Hintergrund und meiner Erfahrung erscheint es mir etwas seltsam, daß die Smiths Freunde vorgezogen wurden. Aber ich sehe nicht davon ab, daß das Konzept dazu beitragen kann, daß die Sekte einen Schritt aus der Isolation heraus macht. Denn wenn die Sekte auch der Ortsgemeinde Ås wenig geben kann ( abgesehen von Geld), so hat sie doch sehr viel zu lernen.

Magne Kristiansen


Akershus Amtstidende, Freitag 20. März 1998: Leserbriefe

Breivold und die Smiths Freunde

Durch die Arbeit in unserem Unterstützungsverein für "Aussteiger" aus extremen Sekten haben wir nach und nach auch wesentliche Erkenntnisse über die Smiths Freunde erhalten. Wir müssen mit Besorgnis feststellen, daß diese religiöse Bewegung Menschen große psychische Leiden und Krankheiten verursacht hat.

"Gedankenkontrolle" ist ein Begriff, den man gewöhnlich mit politischen Ideologien und totalitären Regimen verbindet. Aber die gleichen Methoden werden auch in einer Anzahl extremer Sekten benützt. Mit physischer und psychischer Kontrolle der Lebensführung der Mitglieder, ihrer Gedanken und Gefühle - und mit der Forderung nach absolutem Gehorsam den Leitern ("Brüdern") gegenüber werden unfreie und unmündige Menschen geschaffen. Nur etwas "zu denken", was dem widerspricht, was die "Brüder" als wahr und rein ansehen, erzeugt nach und nach Angst- und Schuldgefühle. Die wenigen Mutigen, die es wagen, ihrem Gewissen zu folgen, und die gegen die Leiter opponieren, werden da rasch ausgeschlossen. Das bedeutet, daß sie ihr gesamtes soziales Netzwerk, ihre Freunde und ihre Familie verlieren. Diese unchristliche Haltung haben die Smiths Freunde allen gegenüber erwiesen, die eigene Gedanken und Meinungen ausgedrückt haben.

In unserem Verein haben wir Treffen und Seminare über "Gedankenkontrolle und extreme Sekten" veranstaltet, mit unter anderen Professor und Psychiater Nils Johan Lavik als Vortragendem. Die Mehrzahl der Teilnehmer waren Ausgestoßene oder Aussteiger von den Smiths Freunden und den Scientologen. Menschen zu treffen, deren Lebensmöglichkeiten und Lebensfreude so wesentlich "amputiert" und zerstört war wie derer aus diesen autoritären / totalitären Sekten, macht einen starken Eindruck.

Der Geldstrom von den Mitgliedern hat diese Sekten (oder ihre Leiter!) sehr reich gemacht und ihnen daher auch ständig größere Macht in einer Gesellschaft gegeben, in der das Geld so oft das einzige ist, was zählt, oder auf jeden Fall am meisten zählt. Es ist unsere Hoffnung, daß die Politiker aufwachen und ihre Verantwortung für diese Entwicklung erkennen. Welche Gesellschaft wollen wir? Ich würde mir wünschen, daß die Ortsgemeinde Ås die Angelegenheit um Breivold neu behandelt. Laßt positive, aufbauende Kräfte über Breivold disponieren.

Sollten die Smiths Freunde ihre Haltung und ihre Methoden im Laufe der letzten paar Jahre geändert haben, so möchte ich darum bitten, daß sie mit ihrer jüngsten Vergangenheit und ihrer herzlosen und unchristlichen Behandlung von Mitmenschen, den Ausgeschlossenen und Aussteigern, reinen Tisch machen. Es ist an der Zeit, um Vergebung zu bitten.

Für die "Mütteraktion -83"

Turid Otterbeck Mørk


 

Akershus Amtstidende, Freitag 20. März 1998: Leserbriefe

Häßliches über die Smiths Freunde

Es ist böswillig, was Magne Kristiansen unter der Überschrift "Breivold und die Smith Freunde" in der Amtstidende vom 13. März schreibt. Seine Beurteilung dieser Freigemeinde sollte eine Sache für sich sein, aber es ist geschmacklos, wenn er den verstorbenen Sigurd Bratlie so beschreibt: "Dieser Älteste prägte die Versammlung ziemlich total. Das Ende der Achtzigerjahre war von einem alternden Sigurd Bratlie mit zunehmender Paranoia und starkem Sinn für Machtausübung geprägt. Mehrere hervorragende Brüder wurden aus dem Weg geräumt."

Als Journalist und Verfasser interviewte ich Sigurd Bratlie viele Jahre hindurch von 1979 bis zu seinem Tod 1996. Er war bis zuletzt bei klarem Verstand, auch wenn er in den letzten anderthalb Jahren Probleme hatte, sich auszudrücken. Niemals sah ich etwas, was die Darstellung Kristiansens bestätigen könnte. Ganz im Gegenteil. Bratlie war ein Mensch der Milde, und ich hörte ihn niemals ein böses Wort über jemanden sagen, sei es über Leute inner- oder außerhalb der Gemeinde. Ich glaube recht und schlecht, daß Bratlie eine genuin demütige Person war, und entsprechend barsche Ausfälligkeiten wie jene, die Kristiansen aufs Tapet bringt, lagen ihm sehr fern. Man muß auch hinzufügen, daß Bratlie auf eigene Initiative seinen Dienst als Ältestebruder übergab, er klammerte sich keineswegs an die Zinnen der Macht.

Kristiansen hat sicher ein edles Motiv, wenn er seinen eigenen Vater als "geachtet und geliebt" beschreibt und ihn als einen unter jenen verteidigt, die "aus dem Weg geräumt wurden". Ich muß ihn jedoch arrestieren, soweit es die Ursache für den Bruch zwischen Sigurd Bratlie und Ole Kristiansen betrifft. Da dreht es sich eher um Fragen der Lehre als um einen mythenumwobenen Umsturzversuch. Als Außenstehender scheint es mir nicht einmal merkwürdig zu sein, daß man sich trennt, wenn man nicht mehr auf gemeinsamem Grund steht. Dies ist ja nicht etwas Spezifisches für christliche Gemeinschaften, das gilt in gleichem Maß auch für Vereinigungen mit anderen Zielen.

Ordnungshalber ist zu sagen, daß der Unterzeichnete mit dem verstorbenen Sigurd Bratlie nicht verwandt und auch nicht Mitglied der Smiths Freunde ist. Ich habe inzwischen ein Buch über die Gemeinde geschrieben, eine Biographie über den Gründer der Gemeinde und den vor kurzem abgeschlossenen Dokumentarroman "Auftrag Bagdad", in dem Sigurd Bratlie die Hauptperson ist.

Kjell Arne Bratli


Akershus Amtstidende, Donnerstag 26. März 1998: Leserbriefe

Böswillig über die Smiths Freunde?

Meine Kritik ist böswillig, meint Kjell Arne Bratli (Amtstidende vom 20.3.). Kritik an der Sekte wurde immer als böswillig abgestempelt. Aber meine Kritik am ehemaligen Leiter Sigurd Bratlie ist eher schmerzliche Erfahrung. Daß ein Journalist und Verfasser eine andere Erfahrung gemacht hat, ist nicht überraschend. Wenn der Journalist bisher von dieser Sekte fasziniert ist, die in seiner eigenen Umgebung entstand, in Horten und in der Marine, braucht man sich nicht darüber zu wundern, daß die Ältestenbrüder einen demütigen und milden Ton anschlagen. Machtsysteme und Machtpersonen haben selbstverständlich eine charmierende Vorderseite. Es dauerte 30 Jahre, bis ich die Rückseite entdeckte.

K. A. Bratli hat ein Buch über die Smiths Freunde geschrieben, das in einer turbulenten Zeit im sekteneigenen Verlag erschien. Das Buch ist insgesamt ein Sprachrohr für die Propagandamaschine der Sekte. Alte und neue Konflikte werden nur in der Version der Ältestenbrüder beschrieben. Keine Gegenvorstellungen werden erhoben, nicht einmal die am meisten ins Auge fallenden. Der Verfasser zeigt eine totale Unwissenheit über die psychologischen Mechanismen, die in einer solchen Gemeinschaft herrschen. Als journalistischer Beitrag zur Beurteilung der Sekte ist das Buch wertlos.

Aber das Buch ist ja von unschätzbarer Bedeutung für die Ältestenbrüder. Es geht doch darum, von einem außenstehenden Journalisten ein solches Attest zu erhalten! Es ist selbstverständlich viel zu gut, um wahr zu sein. Aber die Mitglieder schlucken das Ganze und werden noch länger in den Traum von der Vortrefflichkeit der Gruppe eingelullt.

Sowohl im Buch als auch in seinem Leserbrief hätte K. A. Bratlie klarer bekennen müssen, welche Rolle er spielt. Er hätte es vorteilhafterweise unterlassen könne, mit Begriffen wie "außenstehender Journalist" zu flirten. Es wird dumm, wenn K. A. Bratlie mich "arrestieren" muß, was die Angelegenheit meines Vaters betrifft. Was weiß ein außenstehender Journalist aus Horten darüber? Es sieht so aus, als ob auch er die einfache Erklärung der Ältestenbrüder über einen Lehrstreit roh geschluckt hätte. Aber mein Vater vertrat keine abweichende Lehre und erhielt auch in dieser Richtung niemals eine Warnung. Sigurd Bratlie schrieb 1991 an ihn: ".....du wolltest Drøbak allein besitzen .....du wolltest nicht, daß jemand nach Oslo zog.....". Mündlich beschuldigte ihn der Vizeleiter A. J. Smith, er habe begonnen, eigene Versammlungen abzuhalten und einen eigenen Versammlungsort in Lillehammer errichten zu lassen. Das waren ja reine Erfindungen, aber was sollte das? Wer könnte damit etwas anfangen?

Aber Vater hatte einen guten Namen und war weithin bekannt, und einige Fragen wurden wohl heimlich gemurmelt. Um allen Spekulationen endgültig ein Ende zu bereiten, gewann man fünf Mitbrüder aus unserer kleinen Gemeinde in Drøbak dazu, eine Anklageschrift zu unterfertigen. Es waren Vaters allernächste Freunde und Mitarbeiter während eines langen Lebens, die (sicher mit gemischten Gefühlen) mehrere Seiten mit starken Anklagen gegen Vater unterschrieben. Die Anklagen waren falsch. Das Schreiben wurde auf der ganzen Welt verteilt und die Fragen verstummten. Die fünf "Freunde" hatten wiederholte Male starke Zuschriften bezüglich dieser Lügen erhalten. Sie haben es konsequent unterlassen zu antworten.

Dies sind wirklich erschütternde Perspektiven. Die Loyalität gegenüber der Gruppe und den Leitern ist so stark, daß die persönliche Moral und Wertenorm es nicht vermag, in so offensichtlichen Fragen standzuhalten. Und das sind Männer, die sich scheinbar zu einer strengen Moral bekennen. Wo ist darin ein Glaube an Gott? Wo ist das Gewissen? Wo sind die Zehn Gebote? Wo sind die Kinderstube und der gesunde Hausverstand? Die Furcht, den Ältestenbrüdern in die Quere zu kommen, überschattet all dies. K. A. Bratlie kann natürlich eine erschöpfende Begründung für diese Angelegenheit erhalten, aber bisher hat er sich mit der Version der Ältestenbrüder begnügt. Es sieht so aus, als ob er seine journalistische Seele längst verkauft hätte. Und wer verkauft, bekommt gerne etwas dafür. Glückwunsch für das nächste Buch.

Magne Kristiansen