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Gottes reiche Freunde

Versammelt zur Zusammenkunft im Milliardenzentrum

STOKKE (VG) Sie glauben, der Marineangehörige aus Horten sei der Erste gewesen, der die Bibel richtig auslegte. Am Wochenende versammelten sich 11.700 Menschen im Geiste des Unteroffiziers Smith.

Von JON INGE HANSEN und ROGER NEUMANN (Foto)

DER CHEF DER FREUNDE: Weltleiter Kåre Johan Smith sprach am Montag zur Versammlung in Brunstad. Foto: SCANPIX

Die Smiths Freunde, so genannt nach dem Gründer Johan Oscar Smith (1871-1943), sind die einzige weltumspannende Glaubensgemeinschaft, die in Norwegen ihren Ursprung hat.

Am Sonntag wurde ihr Welttreffen auf Brunstad in Stokke eröffnet. Es wurde zu einer Trabantenstadt Gottes an der Vestfold-Küste umgebaut, «Unser Jerusalem», wie die Smiths Freunde es nennen.

Irdischer Palast

J.O. Smith wollte unter seinen Freunden das Reich Gottes verbreiten, hundert Jahre später wurden die Nachkommen der Freunde Gottes reiche Freunde.

DAS JUWEL: Das neue Zentrum ist ein Riesengebäude, das für die großen Veranstaltungen und zum Vermieten benützt werden soll. Teile das Geländes sind ausgefüllt und ein schöner Strand mit Landungsbrücken, Rasenflächen, Spielplätzen und Badehaus wurde angelegt. Foto: ROGER NEUMANN

Die Smiths Freunde oder «Die christliche Gemeinde» (DKM), wie sie offiziell heißen, haben ihr Veranstaltungszentrum außerhalb von Tønsberg zu einem irdischen Palast ausgebaut.

«Die Freunde» investieren fast eine Milliarde Kronen in eine gigantische Hütten- und Campingstadt, mit Norwegens größtem und modernstem Versammlungssaal, auf Brunstad in Stokke.

Niemals bisher waren irgendwo so viele Smithianer versammelt, sie kommen, um das neue Weltzentrum der Gemeinde zu sehen.

DER GRÜNDER: Marineoffizier Johan Oscar Smith, von dem die Smiths Freunde glauben, er sei der Erste gewesen, der die Bibel richtig auslegte. Foto: PRIVAT

Das Hauptgebäude mit mehr als 2000 Quadratmetern enthält einen Versammlungssaal mit 7.500 Sitzplätzen, einen Hangar von einer Cafeteria und ein Gourmetrestaurant. Draußen stehen 350 neue Campingplätze, 330 Hütten und 200 Ferienwohnungen bereit.

Freiwillige Arbeit

Große Geldspenden und ein enormer Einsatz an freiwilliger Arbeit von seiten der Mitglieder der Gemeinde machen ein Eigenkapital von fast der Hälfte des Milliardenprojektes aus.

- Ohne freiwilligen Arbeitseinsatz wäre das nicht möglich gewesen, sagt der Pressesprecher der Smiths Freunde, Svein Kronstad.

Die Gemeinde schien in der Nachrichten auf, weil sie die Bieterrunde um die ehemalige militärische Insel Østre Bolærne bei Nøtterøy gewann. Die Smiths Freunde boten 26,5 Millionen [norwegische Kronen] für die Strandperle. Das ist für die finanzkräftigen «Freunde» nur Kleingeld, nicht mehr, als sie bei einem guten Treffen am Veranstaltungsort Brunstad als Kollekte sammeln können.

Zusätzlich zum Milliardenprojekt auf Brunstad hat DKM 30 Gemeinden in Norwegen mit eigenen, teilweise teuren neu erbauten Versammlungslokalen. Die Freunde haben Gemeinden in 65 Ländern in allen Erdteilen und besitzen u.a. zwei große Versammlungsorte in den USA.

Der Gründer Smith führte ein genügsames Leben mit einer Gemeinde, die nur ein loser Zusammenschluß von Freunden im Geiste war.

Die heutige Gemeinde ist eine Stiftung, die Milliardenwerte besitzt. Eine kommerzielle Gesellschaft, Brunstad Conference Center (BCC), soll den Versammlungsort geschäftsmäßig betreiben.

- Materialistisch

Der gigantische Veranstaltungsort, den die Gemeinde mit freiwilliger Arbeit und Geldspenden erbaut hat, soll kommerziell an große internationale Veranstaltungen vermietet werden. Aus einer lockeren Gemeinde ohne registrierte Mitglieder wurde aus DKM in den letzten Jahren eine registrierte Kirchengemeinschaft, die staatliche Unterstützung erhält.

- Die Smiths Freunde wurden in wachsendem Maß eine materialistische Glaubensgemeinschaft, sagt Alf Gjøsund, ein Ausbrecher aus der Gemeinde, der in dem neu erschienenen Buch «Seier likevel» [«Dennoch Sieg»] mit den Smiths Freunden abgerechnet hat.

Svein Kronstad weist zurück, daß die «Freunde» materialistisch geworden seien oder daß der täglich Betrieb einen Bruch mit der Genügsamkeit des Gründers bedeute.

- Was wir in Brunstad bauen, ist für uns ein Werkzeug. Nicht um der Wert zu erhöhen, sondern um unsere Botschaft zu verbreiten. Unser Gründer ergriff die Initiative, ein erstes Versammlungshaus zu bauen. Was wir jetzt auf Brunstad tun, ist nur eine Weiterführung der Arbeit, die er begann, sagt Svein Kronstad.

«Alles für Brunstad» ist das Schlagwort, dem du schon am Fußabstreifer von Smiths neuem Weltzentrum in Stokke begegnest.

Die Freunde geben alles: Einen Einsatz freiwilliger Arbeit im Wert von 250 Millionen und mehr als 175 reine Geldspenden. Jederzeit arbeiten dort 375 junge Freunde freiwillig - für Kost, Logis und Taschengeld - am Versammlungsort. Alle Hütten, mehr als 500 wenn sie fertig sind, werden von Mitgliedern der Gemeinde in freiwilliger Arbeit gebaut.

Spenden Geld

Alle Gemeindemitglieder mit Einkommen haben daheim eine «Davidssäule», die zweimal jährlich für Veranstaltungen auf Brunstad gefüllt werden soll.

Sie sehen aus wie Rohre der Kindheit, um Kronenstücke darin zu sparen, aber bei den Smiths Freunde sparen sie 20-Kronenstücke, 4000 Kronen in jedem Rohr. Zusätzlich füllt die Gemeinde einen «Davidskoffer», eine gemeinsame Summe, welche die Gemeinden gemeinsam für die Veranstaltungen auf Brunstad sparen.

STOLZ: Der Pressesprecher der Smiths Freunde, Svein Kronstad, ist stolz darüber, was die «Freunde» durch freiwillige Arbeit und Geldspenden zuwege gebracht haben. Foto: ROGER NEUMANN

- Alles ist freiwillig. Die Begeisterung löst die Spendenfreudigkeit aus, sagt Svein Kronstad.

In Alf Gjøsunds Buch wird über Geldquengelei und Streß durch freiwillige Arbeit berichtet, die für einige Familien in der Gemeinde die Ökonomie und das Familienleben beeinträchtigen.

- Ein enorm starkes Augenmerk darauf, Geld zu spenden, schreibt Gjøsund.

Gjøsund kritisiert die Gemeinde, in der er selbst aufgewachsen ist, wegen Materialismus, aber in erster Linie wegen theologischer Irrtümer, glaubensmäßiger Gleichschaltung, undemokratischem Aufbau und einer Gedankenkontrolle an der Grenze von Gehirnwäsche.

- Die Smiths Freunde haben klare sektiererische Züge, sagt Alf Gjøsund.

Die Smiths Freunde haben eine eigenartige Auffassung von Jesu Wirken auf Erden, von der Gjøsund meint, sie befinde sich außerhalb christlicher Theologie. Er berichtet in seinem Buch, wie er selbst dazu erzogen wurde, andere Christen zu verachten, sie wurden «die Religiösen» genannt, die Irrlehren und «Hurerei» predigten.

Gjøsunds Kritik an der Glaubensgrundlage der Smiths Freunde wird von der Gemeinde völlig zurückgewiesen. Die Smiths Freunde hätten theologische Unterstützung dafür, daß sie eine christliche Freikirchengemeinde innerhalb norwegischer Kirchentradition seien.

- Wir sind ein Teil der christlichen Familie, eine Freikirchengemeinde auf protestantischer Grundlage, und respektieren die Verkündigung anderer christlicher Gemeinden, sagt Svein Kronstad.

DER AUSSTEIGER: Alf Gjøsund stieg bei den Smiths Freunden aus und kritisiert den Materialismus, die Theologie und die Gleichschaltung in der Gemeinde, in der er aufgewachsen ist. Foto: KNUT ERIK KNUDSEN

Die meisten Leute verbinden die Smiths Freunde mit kinderreichen Familien, mit Frauen mit langen Haar und Rock, mit Verbot von Fernsehen und einem strengen Leben in geschlossenen Gemeinden.

Dies ist nur teilweise richtig, die heutigen «Freunde» haben viele Forderungen nach äußerlicher Lebensweise gelockert.

Dem Pressesprecher Svein Kronstad zufolge haben die Smiths Freunde nicht die Theologie geändert, aber haben ein modernisiertes Verhältnis zu einigen äußeren Dingen, die man bisher mit den Smiths Freunden verband.

- Es war nie unsere Ansicht, daß wir die Zeit aufhalten sollten, sagt Kronstad,

- Dem Manne untergeordnet

Er hält dennoch daran fest, daß sie eine konservative Kirchengemeinschaft seien, in der die Frauen bei den Treffen Röcke anziehen, und es sei geltende Theologie, daß die Frau dem Manne untergeordnet ist.

In der Definition der Smiths Freunde ist jedoch die Unterordnung der Frau das Gegenteil einer Unterdrückung der Frau.

«Die Zielsetzung ist deshalb nicht Unterordnung, sondern Unterordnung ist eines der Mittel, die nötig sind, um Gemeinschaft und Harmonie herzustellen», schreibt Weltleiter Kåre Johan Smith in einem Artikel über die Stellung der Frau in der Gemeinde.

Viele Kinder sollten der Gemeinde zufolge auch keine Forderung, sondern eine freiwillige Entscheidung sein.

- Wieviel Kinder man bekommt, ist eine persönliche Frage, aber wir sehen alle Kinder als ein Geschenk und als einen Segen an, sagt Kronstad.

Scheidung ist erlaubt, aber man darf nicht wieder heiraten, solange der geschiedene Ehepartner lebt.

Weiterhin führen die Smiths Freunde ein geschlossenen Leben, in dem fast alle Freizeit in der Gemeinde verbracht wird. Die vielen Kinder werden in der Regie der Gemeinde aktiviert. Es ist für die Kinder der Gemeinde nicht möglich, an gewöhnlichen Freizeitbeschäftigungen teilzunehmen, denn diese kollidieren mit den Gemeindeaktivitäten, bei denen sie dabei sein müssen.

DIE FREUNDSCHAFTSSTADT: Die Smiths Freunde haben eine ganze Stadt gebaut, «Unser Jerusalem», wie sie es nennen, am Versammlungsort Brunstad in Stokke. Am Sonntag nahmen 11.700 Freunde das neue Weltzentrum der Gemeinde ein. Foto: ROGER NEUMANN

(VG 13.07.04, 08:49 Uhr)